Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung. nicht begründete Widersprüche des Betriebsrats gegen zwei Einstellungen. Zustimmungsersetzungsverfahren. keine Zustimmung zur Beschäftigung von Leiharbeitnehmern. zum Begriff der vorübergehenden Arbeitnehmerüberlassung. zum Verstoß gegen Synchronisationsverbot
Leitsatz (redaktionell)
Eine auf zwei Jahre befristete Überlassung eines Leiharbeitnehmers stellt für sich genommen keinen Zustimmungsverweigerungsgrund gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG dar.
Normenkette
AÜG § 1; TzBfG § 14 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 05.06.2012; Aktenzeichen 1 BV 1/12) |
Tenor
Die Beschwerde des Beteiligten zu 2) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 05. Juni 2012 - 1 BV 1/12 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über zwei Einstellungen.
Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein Unternehmen der chemischen Industrie. Sie vertreibt unter anderem pharmazeutische Produkte und beschäftigt in ihrem Betrieb in A regelmäßig weit mehr als zwanzig Arbeitnehmer, die von dem zu 2) beteiligten Betriebsrat repräsentiert werden.
Die Arbeitgeberin führte seit dem Jahr 2010 eine als "Ready-to-grow" bezeichnete Umstrukturierungsmaßnahme durch, mit der insbesondere der Vertriebsaußendienst bis zum Jahr 2015 umgestaltet werden soll. Diese Maßnahme umfasste unter anderem die Einrichtung von zwei neuen Arbeitsplätzen von Gebietsverkaufsleitern im Außendienst (sogenannte "Pharmareferenten") ab Anfang 2012. Auf Grund von Unsicherheiten über die Rentabilität dieser Arbeitsplätze entschloss sich die Arbeitgeberin, die beiden Arbeitsplätze für die Dauer von zwei Jahren mit Leiharbeitnehmern zu besetzen. Zu diesem Zweck beabsichtigte die Arbeitgeberin, die beiden vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmerinnen einzustellen. Frau B steht seit 15. November 2010 in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis mit dem Zeitarbeitsunternehmen C... GmbH. Frau D... wurde seit 01. November 2011 von dem Zeitarbeitsunternehmen E... beschäftigt. Sie wechselte zum 23. April 2012 ebenfalls in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mit der Firma C... GmbH.
Die Arbeitgeberin unterrichtete den Betriebsrat mit zwei Schreiben vom 14. Dezember 2011 über die befristete Einstellung von Frau B... vom 01. Januar 2012 bis zum 31. Dezember 2013 sowie über die befristete Einstellung von Frau D... vom 01. Februar 2012 bis zum 31. Januar 2014. Der Betriebsrat widersprach den Einstellungen mit zwei am selben Tag zugegangenen Schreiben vom 20. Dezember 2011 jeweils gemäß § 99 Abs. 2 Nr. 1 BetrVG mit folgender Begründung:
"Der Betriebsrat stellt nach der Neuregelung ab 01. 12. 2011 AÜG § 1 Abs. 1 Satz 2 fest, dass die Beschäftigung durch Arbeitnehmerüberlassung nur noch vorübergehend möglich ist. Eine unbefristete Einstellung ... oder eine Befristung von ≫ 6 Monaten kann nicht als vorübergehend angesehen werden."
Darauf leitete die Arbeitgeberin das vorliegende Zustimmungsersetzungsverfahren ein, in dem sie erstinstanzlich - soweit für das Beschwerdeverfahren noch von Interesse - beantragte,
die vom Betriebsrat verweigerten Zustimmungen zu den Einstellungen der Arbeitnehmerinnen D... und B... zu ersetzen.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl, 66, 67 d. A.) sowie auf die mit diesem in Bezug genommenen Aktenteile verwiesen. Das Arbeitsgericht hat nach dem Antrag der Arbeitgeberin erkannt und zur Begründung - kurz zusammengefasst - ausgeführt, die Zustimmung des Betriebsrats zur Einstellung der vom vorliegenden Verfahren betroffenen Arbeitnehmerinnen sei zu ersetzen, da der Widerspruch des Betriebsrats nicht begründet sei. § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG stehe den Einstellungen nicht entgegen, weil es sich jeweils nur um eine vorübergehende Arbeitnehmerüberlassung handele. Eine auf zwei Jahre befristete Überlassung widerspreche dem Regelungszweck von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG nicht und sei nicht als ein die Richtlinie 2008/104/EG verletzender Missbrauch der Leiharbeit zu betrachten. Wegen der vollständigen Begründung wird auf die Ausführungen unter II des angefochtenen Beschlusses (Bl. 68 - 71 d. A.) Bezug genommen.
Der Betriebsrat hat gegen den am 04. Juli 2012 zugestellten Beschluss am 03. August 2012 Beschwerde eingelegt und diese nach rechtzeitig beantragter Verlängerung der Begründungsfrist bis 04. Oktober 2012 am 04. Oktober 2012 begründet. Er hält an seiner Ansicht fest, dass eine zwei Jahre umfassende Arbeitnehmerüberlassung nicht vorübergehend im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2 AÜG sei und der Richtlinie 2008/104/EG widerspreche. Diese verbiete die Besetzung von Dauerarbeitsplätzen mit Leiharbeitnehmern. Diese dürften nur zur Abdeckung von Auftragsspitzen beschäftigt werden.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf die Schriftsätze vom 04. Oktober 2012 und vom 15. Februar 2013 Bezug genommen.
Der Betriebsrat beantragt,
den Besch...