Entscheidungsstichwort (Thema)
Umgehung von Mitbestimmungsrecht
Leitsatz (amtlich)
Wenn ein Arbeitgeber mit seinem Betriebsrat keine Einigung über die Durchführung notwendiger Reinigungs- und Wartungsarbeiten an einer Produktionsmaschine außerhalb der durch eine Betriebsvereinbarung festgelegten betriebsüblichen Arbeitszeit erzielen konnte und deshalb diese Arbeiten an ein Fremdunternehmen vergibt, das mit den mit der Maschine vertrauten Arbeitnehmern des Arbeitgebers Nebenarbeitsverhältnisse über die Durchführung der Wartungsarbeiten an Samstagen abschließt, kann der Betriebsrat die Unterlassung dieses Verhaltens wegen der Umgehung der betriebsverfassungsrechtlichen Mitbestimmungsrechte – auch im Wege der einstweiligen Verfügung – verlangen.
Normenkette
BetrVG § 87 Abs. 1 Buchst. 2-3, § 99
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Beschluss vom 25.03.1988; Aktenzeichen 6 BV Ga 13/88) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 25.03.1988 – 6 BV Ga 13/88 – abgeändert:
Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, es zu unterlassen, ohne Zustimmung des Antragstellers an arbeitsfreien Samstagen im Bereich der Bookomatic-Anlage Drucker der Antragsgegnerin arbeiten zu lassen – bei Meidung eines Ordnungsgeldes bis zu 20.000,– DM ersatzweise Ordnungshaft, zu vollziehen an dem Betriebsleiter Herrn M.
Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten im einstweiligen Verfügungsverfahren um die Pflicht der Antragsgegnerin, den Einsatz von hauseigenen Druckern an einer betriebseigenen Maschine außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit zu unterlassen, auch wenn dieser über ein Drittunternehmen erfolgt.
Die Antragsgegnerin betreibt eine Druckerei und Buchbinderei. Der Antragsteller ist der bei ihr gebildete Betriebsrat. Das Betriebsgelände und die Betriebsgebäude gehören dem Schwesterunternehmen S. und C., und sind von diesem gemietet. Die Firma S. und C. hat selbst ebenfalls ihren Sitz auf dem selben Grundstück. Sie führt eine Buchhandelskette, vertreibt Spiele und Karten im Inland und erbringt Dienstleistungen für Drittunternehmen.
Bei ihr ist eine Abteilung Hausverwaltung angesiedelt, die Hausmeister, Gärtner, Maler sowie Betriebspersonal im Fuhrpark beschäftigt (4 Personen). Außerdem ist in ihr eine Handwerksabteilung, bestehend aus 3 Elektrikern, 2 Schlossern, 1 Hilfsarbeiter und einem Auszubildenden enthalten. Zwischen den Beteiligten wird in weiteren anhängigen Beschlußverfahren um die betriebsverfassungsrechtliche Zugehörigkeit der letzteren Abteilung gestritten. Diese war früher der Antragsgegnerin zugehörig.
Die Antragsgegnerin betreibt seit. April 1987 eine äußerst leistungsfähige. Druck- und Buchbindemaschine, die sogenannte Bookomatic-Anlage, die einmalig in der Bundesrepublik Deutschland ist.
Die Antragsgegnerin hat in diese Maschine bisher ca. 12 Mill. DM investiert. Seit dem Herbst 1987 wird sie unter voller Auslastung eingesetzt.
Gemäß einer durch Spruch einer Einigungsstelle zustandegekommenen Betriebsvereinbarung vom 13.01.1986 endet freitags die Arbeitszeit spätestens um 19.30 Uhr mit der Spatschicht. Eine Regelung über die Verkürzung der tariflichen Arbeitszeit ab dem 01.04.1988 ist bis jetzt noch nicht getroffen worden. Bezüglich einer Klebebinder-Maschine besteht eine Betriebsvereinbarung vom 04.08.1982, die Überstunden wegen An- und Auslauf und Putzarbeiten in der Regel wochentags und evtl. samstags ermöglicht.
Bereits im Oktober 1987 legte die Antragsgegnerin dem Betriebsrat den Entwurf einer Betriebsvereinbarung vor, wonach Reinigungsarbeiten an Samstagen durchgeführt werden sollten. Daraufhin fand über den November und Dezember 1987 hin ein ständiger Briefwechsel über diese Frage statt. Am 19. Januar 1988 legte die Antragsgegnerin dem Betriebsrat einen weiteren Entwurf einer Betriebsvereinbarung vor, der für die Bookomatic-Anlage eine wöchentliche Wartung an Samstagen vorsieht, wobei ein Drucker und ein Rolleur eingesetzt werden sollen. Weiterhin wird in diesem Entwurf eine Regelung bezüglich 4 weiteren Anlagen angestrebt (vgl. Bl. 35 d.A.). Eine Einigung ist bisher nicht erzielt worden. Das Verfahren vor dem Arbeitsgericht um die Bestellung eines Einigungsstellen-Vorsitzenden ist im Gang, ein Termin ist für den 26.04.1988 angesetzt.
Die Herstellerfirma M. wurde seit Inbetriebnahme der Anlage häufig zu Wartungs- und Reperaturarbeiten herangezogen. In diesem Rahmen beschäftigte und bezahlte sie – wie im Termin vom 19.04.1988 vor dem Landesarbeitsgericht vorgetragen wurde – ohne Wissen des antragstellenden Betriebsrats des öfteren auch Drucker der Antragsgegnerin. Außerdem wurde dabei auch die Werkstattabteilung der Firma S. und C. tätig. Kurz vor dem 04.03.1988 verlangte die Herstellerfirma von der Antragsgegnerin, daß diese nunmehr bitte regelmäßig Reinigungs- und Wartungsarbeiten an der Anlage vornehmen möge, da zumindest ein Teil der Mängel daraus herrühre, daß die Maschine bisher nicht regelmäßig gereinigt und gewartet worden sei. Sol...