Entscheidungsstichwort (Thema)

Unzulässige sofortige Beschwerde. Einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Vollstreckungsabwehrklage

 

Leitsatz (amtlich)

1. Für Entscheidungen gemäß § 769 Abs. 1 ZPO gilt § 707 Abs. 2 S. 2 ZPO analog. Die sofortige Beschwerde gemäß § 793 ZPO ist damit nur statthaft, wenn die Voraussetzungen der dem Prozeßgericht obliegenden Ermessenentscheidung verkannt sind oder eine sonst greifbar gesetzwidrige Entscheidung ergangen ist.

2. Eine greifbar gesetzwidrige Entscheidung ist nicht zu bejahen, wenn das Prozeßgericht sich hinsichtlich einer Frage, in der sich noch keine auch nur einigermaßen einheitliche Überzeugung herausgebildet hat, einer der vertretenen Meinungen anschließt (etwa zur Auslegung des § 62 Abs. 1 S. 3 ArbGG).

3. Eine unzutreffende Rechtsmittelbelehrung eröffnet nicht das fälschlich angegebene Rechtsmittel.

 

Normenkette

ZPO § 769 Abs. 1, § 707 Abs. 2 S. 2, § 793; ArbGG § 9 Abs. 5

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.12.1996; Aktenzeichen 14 Ca 7701/95)

 

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 05. Dezember 1995 – 14 Ca 7701/95 – wird kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

 

Gründe

I.

Die Schuldnerin wendet sich mit ihrer beim Arbeitsgericht Frankfurt am Main unter dem Aktenzeichen 14 Ca 7701/95 geführten Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus einem vor dem Arbeitsgericht im seinerzeitigen Verfahren (Kündigungsrechtsstreit) 14 Ca 10891/93 zwischen den Parteien am 21. März 1994 protokollierten Vergleich.

Nach diesem Vergleich sollte der Abfindungsbetrag in Höhe von DM 21.000,– zu Händen des Prozeßbevollmächtigten der Gläubigerin gezahlt werden.

Tatsächlich wurde der genannte Betrag an die Firma Pan Inkasso gezahlt, an welche die abtretbaren Teile des Arbeitsentgeltes sowie der damit in Zusammenhang stehenden sonstigen Bezüge der Gläubigerin im Ergebnis abgetreten worden waren.

Die Schuldnerin ist der Ansicht, mit der Zahlung – erfolgt durch das Amt für Verteidigungslasten in Kaiserslautern – den Vergleich erfüllt zu haben, und hat Vollstreckungsabwehrklage erhoben (vgl. den Schriftsatz vom 10. Oktober 1995 mit Anlagen = Blatt 1 bis 10 d.A.).

Sie hat zugleich beantragt,

anzuordnen, daß bis zum Erlaß des Urteils über die erhobenen Einwendungen die Zwangsvollstreckung ohne Sicherheitsleistung eingestellt wird,

hilfsweise,

anzuordnen, daß die Zwangsvollstreckung nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 25.000,– DM fortgesetzt werden darf.

Die Gläubigerin hat demgegenüber die Ansicht vertreten, daß angesichts der Bestimmung in dem Vergleich keine Erfüllung eingetreten sei (vgl. Schriftsatz vom 30. November 1995 = Blatt 15/16 d.A.).

Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 05. Dezember 1995 (Blatt 17 d.A.) die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 21. März 1994 – 14 Ca 10891/93 – einstweilen eingestellt. Für die Begründung wird auf Blatt 17 und Blatt 17 Rückseite d.A. Bezug genommen. Der Beschluß enthält in seiner Urschrift als Rechtsmittelbelehrung lediglich den Passus „– RmB sof. Beschwerde –”.

Der Beschluß ist den Verfahrensbevollmächtigten der Gläubigerin am 06 Dezember 1995 zugestellt worden. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde vom 19. Dezember 1995 ist per Fax am selben Tage beim Arbeitsgericht eingegangen.

Die Gläubigerin ist der Ansicht, mit dem fraglichen Passus in dem seinerzeitigen Vergleich sei eine Leistungsbestimmung, nicht nur eine Zahlungsbestimmung getroffen worden. Im übrigen wird auf die Beschwerdebegründung vom 01. März 1996 (Blatt 27/28 d.A.) Bezug genommen.

Die Schuldnerin hält an ihrer Sichtweise fest (vgl. Schriftsatz vom 15. März 1996 mit Anlage = Blatt 29 bis 32 d.A.). Sie beantragt daher, die Beschwerde zurückzuweisen, und wiederholt hilfsweise ihren erstinstanzlichen Hilfsantrag.

II.

Die von der Gläubigerin eingelegte sofortige Beschwerde ist unzulässig

Mit der heute wohl herrschenden Auffassung ist die Kammer der Auffassung, daß die Entscheidung über einen Antrag auf vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung gemäß § 769 Absatz 1 ZPO, wie er hier im Hinblick auf die vorliegende Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 Absatz 1 ZPO (zur Anwendbarkeit dieser Vorschrift auf den Prozeßvergleich LAG Berlin Beschluß vom 28. April 1986 – 9 Ta 5/86 – LAGE § 62 ArbGG 1979 Nr. 16) gestellt ist, nicht uneingeschränkt der sofortigen Beschwerde gemäß § 793 ZPO unterliegt Die Beschwerde ist vielmehr auf die Fälle beschränkt, in denen die Voraussetzungen der dem Gericht obliegenden Ermessensentscheidung verkannt sind oder eine sonst greifbar gesetzwidrige Entscheidung ergangen ist (LAG Hamm Beschluß vom 26. Mai 1988 – 8 Ta 171/88 – LAGE § 769 ZPO Nr. 1; LAG Berlin Beschluß vom 21. Juni 1989 – 9 Ta 7/89 – LAGE § 769 ZPO Nr. 2, LAG Köln Beschluß vom 14. Februar 1990 – 10 Ta 7/90 – LAGE § 769 ZPO Nr. 3; Kammerbeschluß vom 17. März 1992 – 15 Ta 58/92 –; vgl. weiter – jeweils mit weiteren Nachweisen zum Meinungsstand – Thomas/Pu...

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