keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Einigungsstelle. offensichtliche Unzuständigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Solange eine Betriebsvereinbarung ungekündigt fortbesteht, ist eine von einer Betriebspartei angestrebte Einigungsstelle für die Neuregelung der mit der Betriebsvereinbarung geregelten Gegenstände offensichtlich unzuständig, sofern nicht ein Wegfall der Geschäftsgrundlage der Betriebsvereinbarung in Betracht kommt.
2. Der Einwand einer Betriebspartei gegen einen Kandidaten für den Vorsitz einer Einigungsstelle, ihr fehle wegen eines früheren Einigungsstellenvorsitzes des Kandidaten hinreichendes Vertrauen an dessen Neutralität, ist im Bestellungsverfahren regelmäßig beachtlich, sofern die Grenze zum Rechtsmissbrauch nicht überschritten wird.
Normenkette
BetrVG 76; BetrVG 87; ArbGG 98
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 04.04.2008; Aktenzeichen 7 BV 206/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 04. April 2008 – 7 BV 206/08 – zum Teil abgeändert:
Die Richterin Dr. A, Arbeitsgericht Frankfurt am Main, wird zur Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsgegenstand „Verhandlung und Entscheidung über eine Regelung der Gründe für die Ablehnung von Arbeitszeit- und Pausenplänen durch den Betriebsrat” bestellt.
Die Zahl der Beisitzer wird auf zwei pro Seite festgesetzt.
Im Übrigen werden die Anträge zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle.
Der antragstellende Arbeitgeber betreibt Drogeriemärkte. Der auf der Grundlage eines Tarifvertrages gemäß § 3 BetrVG gebildete Betriebsrat repräsentiert die in den Läden des Verkaufsbezirks B beschäftigten Arbeitnehmer. Zum 21. Juni 2007 kam aufgrund des Spruchs einer unter dem Vorsitz des Vorsitzenden Richters am Landesarbeitsgericht C stehenden Einigungsstelle zwischen den Beteiligten die Betriebsvereinbarung „zur Regelung der Arbeitszeit, Pausen und Freizeit sowie Mehrarbeit” (nachfolgend BV) zustande. Diese enthält unter § 9 u.a. folgende Bestimmungen:
„9.1 Der Arbeitszeit- und Pausenplan (AZP) wird wöchentlich für vier Wochen im voraus … durch die Verkaufsstellenverwaltung … erstellt. Der Bezirksleiter kontrolliert den AZP, genehmigt diesen … und leitet einen Durchschlag an den Betriebsrat weiter. Das unterschriebene Original ist in der VKSt zu belassen. Die AZP müssen drei Wochen vor Gültigkeit dem Betriebsrat vorliegen. Der Betriebsrat kann einem AZP innerhalb von acht Tagen nach Zugang mit sachlicher Begründung widersprechen, ansonsten gelten die AZP als genehmigt. Dies gilt auch für angekündigte Mehrarbeit …
9.2 Änderungen von bereits genehmigten AZP bedürfen ebenso der Zustimmung des Betriebsrats. Der Betriebsrat kann der Änderung des AZP innerhalb von acht Tagen nach Zugang des Änderungsantrags mit sachlicher Begründung widersprechen, ansonsten gilt die Änderung des AZP als genehmigt.”
Gemäß § 13.2 BV trat die BV zum 01. Juli 2007 in Kraft und konnte mit einer Frist von drei Monaten zum Monatsende gekündigt werden. Sie sollte bis zum Abschluss einer neuen Betriebsvereinbarung nachwirken. Wegen des vollständigen Inhalts der BV wird auf die Anlage zum Schriftsatz vom 31. März 2008 Bezug genommen. Da es in der Folgezeit Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten über Widersprüche des Betriebsrats gegen AZP gab, strebt der Arbeitgeber die Aufstellung eines Katalogs konkreter Widerspruchsgründe an. Dieses Ziel hatte er bereits in der Einigungsstelle zu erreichen versucht. Da der Betriebsrat zu Verhandlungen nicht bereit war, leitete der Arbeitgeber das vorliegende Einigungsstellenbestellungsverfahren ein.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands und der dort gestellten Anträge wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat den Antrag zurückgewiesen, da das Mitbestimmungsrecht durch die ungekündigte BV bereits ausgeübt worden sei.
Gegen den am 08. April 2008 zugestellten Beschluss hat der Arbeitgeber am 21. April 2008 Beschwerde eingelegt und diese gleichzeitig begründet. Parallel dazu kündigte er die BV mit Schreiben vom 15. Mai 2008 ordentlich.
Der Arbeitgeber ist weiter der Ansicht, die Einigungsstelle sei nicht offensichtlich unzuständig. Die BV enthalte keine abschließende Regelung der Widerspruchsgründe. Ob mit der angestrebten Regelung auf unzulässige Weise in die Substanz des Mitbestimmungsrechts eingegriffen werde, sei nicht im vorliegenden Verfahren, sondern ggf. von der Einigungsstelle zu prüfen.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Arbeitgebers wird auf die Schriftsätze vom 21. April und 16. Mai 2008 Bezug genommen.
Der Arbeitgeber beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 04. April 2008 – 7 BV 206/08 – abzuändern und den Direktor des Arbeitsgerichts Darmstadt D zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit dem Regelungsbereich „Ablehnung/Gründe für die Ablehnung von Arbeitszeit- und Pausenplänen” zu b...