Rechtsbeschwerde 7 ABR 27/93

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gegenvorstellung im Beschlußverfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1) Stelle der Vorsitzende einer LAG-Kammer ein Beschlußverfahren Irrtümlich durch Beschluß ein und verletzt er dabei in schwerwiegender Weise den Anspruch von Beteiligten auf rechtliches Gehör (hier: Übergehen des Zustimmungs-Vorbehalts eines Beteiligten zur vom Antragsteller im Beschwerdeverfahren erklärten Antragsrücknahme), so ist sein Beschluß auf Gegenvorstellung hin von der LAG-Kammer aufzuheben und von dieser in der Sache neu zu entscheiden.

2) Dem steht auch dann die Rechtskraft des Einstellungsbeschlusses nicht entgegen, wenn zuvor keine Nichtzulassungsbeschwerde gegen diesen eingelegt war.

Es handelt sich vielmehr um die gebotene Korrektur „groben prozessualen Unrechts” durch einen Akt „fachgerichtlicher Selbstkontrolle”

 

Normenkette

GG Art. 101; ArbGG § 83a

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 05.12.1991; Aktenzeichen 13 BV 21/91)

 

Tenor

Auf die Beschwerde der Arbeitgeberin und Antragsgegnerin wird der Beschluß des Arbeitsberichts Frankfurt am Main vom 5.12.1991 – 13 BV 21/91 – abgeändert.

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

A.

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Arbeitgeberin und Antragsgegnerin (AGg.), an den Antragsteller (ASt.) 800,28 DM nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

Der ASt. vertrat als Rechtsanwalt und Mitglied der Anwaltssozietät … den Betriebsrat (BR) der AGg. im Verfahren 12 BV 13/88 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt/Main. In diesem ging es um die Verteilung von BR-Informationen an Belegschaftsangehörige („BR-Aktuell 3/87”) auf dem betriebseigenen Postweg und die zu unterlassende Behinderung einer solchen Verteilung. Das Arbeitsgericht wies die Anträge des BR rechtskräftig ab (Bl. 38–45 der BA 12 BV 13/88).

Hernach lehnte die AGg. die Freistellung des BR aus der Kostennote der Rechtsanwälte (RAe) … vom 29. Juli 1988 (Bl. 14 d.A.), die vom ASt. unterzeichnet ist, ab, weil die Rechtsverfolgung dieser Anträge im Beschlußverfahren mit anwaltlicher Hilfe nicht erforderlich gewesen sei. In dem sodann vom BR durch die vorbezeichneten RAe eingeleiteten weiteren Beschlußverfahren (4 BV 28/88 ArbG Frankfurt/Main) vertrag der ASt. ebenfalls den BR. Das Arbeitsgericht verpflichtete in diesem Verfahren die AGg. antragsgemäß, für Rechnung des BR an die RAe … DM 800,28 nebst Zinsen zu zahlen (Bl. 21 d. BA 4 BV 28/88). Im daraufhin von der AGg. veranlaßten Beschwerdeverfahren (12 Ta BV 154/89 LAG Frankfurt/Main) nahm der ASt. für die Rechtswanwaltssozietät namens des BR den erstinstanzlichen Antrag zurück und erklärte hilfsweise das Verfahren in der Hauptsache für erledigt, „nachdem die Arbeitgeberin ihren sich aus § 40 Abs. 1 BetrVG ergebenden Verpflichtungen nachgekommen” sei. Zugleich verwies er darauf, „Vergütungsansprüche der RAe und Kollegen aus dem Verfahren 12 BV 13/88 bestünden nicht mehr” (Schriftsatz vom 25.03.1991, Bl. 72 d. BA 12 Ta BV 154/89). Diesen Schriftsatz ließ der Vorsitzende der Kammer 12 des LAG Frankfurt/Main der Verfahrensbevollmächtigten der AGg. mit Verfügung vom 27. März 1991, die noch am gleichen Tag ausgeführt wurde, zustellen „zur evtl. Gegenäußerung gem. § 87 II 3 ArbGG bis 11.04.1991” (Bl. 72 R d. BA.). Den Zugang des Schriftsatzes vom 25.03.1991 quittierte die Verfahrensbevollmächtigte der AGg. am 08.04.1991 (Empfangsbekenntnis gem. § 212 a ZPO; Bl. 73 d.BA.). Stellung nahm sie zunächst nicht.

Unter dem Datum des 15.04.1991 beschloß der Vorsitzende der Kammer die Einstellung des Verfahrens mit der Begründung „Erledigung des Verfahrens” (Bl. 72 R d. BA.). Ferner hob er mit Beschluß vom 17.04.1991 den, auf den 25.04.1991 anberaumten Anhörungstermin auf (Bl. 74 d.BA.). Nach einem vorausgegangenen Telefonat mit dem Vorsitzenden (Vermerk Bl. 74 R d. BA.) teilte die Verfahrensbevollmächtigte der AGg. sodann auf den Schriftsatz vom 22.04.1991 mit, sie stimme der Antragsrücknahme „unter der Voraussetzung” zu, daß der unter Vollsteckungsandrohung von der AGg. gezahlte streitige Betrag zurückgezahlt werde. Der Erledigung widerspreche sie, da „der streitige Betrag nur deswegen gezahlt” worden sei, weil die Vollsteckung angedroht gewesen sei (Bl. 77 d.BA). Mit weiterem Schriftsatz vom 28.04.1991 beantragte sie, das Verfahren fortzuführen, da der Erledigungsbeschluß des Vorsitzenden „offensichtlich unwirksam sein, weil keine Frist nach § 83 a Abs. 3 Satz 2 ArbGG gesetzt” sei. Die vom Vorsitzenden gesetzte Frist zur Stellungnahme (bis zum 11.04.1991) sei – im Hinblick auf das gesetzliche „Mindesfrist”-Erfordernis – zu kurz bemessen gewesen (Bl. 78 d.A.).

Der ASt. hielt demgegenüber für den BR das Verfahren für erledigt (Bl. 79 d.A.).

Daraufhin beraumte der Vorsitzende einen neuerlichen Anhörungstermin an (Beschluß vom 05.06.1991, Bl. 83 d. BA.).

Mit am 13.06.1991 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz stimmte die AGg. der „mit Schriftsatz vom 25.03.199...

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