rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung
Leitsatz (amtlich)
1. Sorgt der beauftragte Anwalt im arbeitsgerichtlichen Verfahren nicht für eine das Rechtsmittelgericht postalisch korrekt bezeichnende Adressierung der Rechtsmittelschrift, kann er mit deren Eingang im Rahmen der normalen Postlaufzeiten nicht rechnen.
2. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren trägt eine Partei grundsätzlich das Risiko der Verlängerung der Postlaufzeiten, wenn diese auf unzureichender Adressierung beruht (Ansch. an BAG, U. v. 2.6.1987, – 3 AZR 692/85 – AP Nr. 15 zu § 233 ZPO 1977).
Normenkette
ZPO § 233
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 07.11.1989; Aktenzeichen 3 Ca 165/89) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 7.11.1989 – 3 Ca 165/89 – wird unter Zurückweisung seines Wiedereinsetzungsgesuches auf Kosten des Klägers als unzulässig verworfen. Die sofortige Beschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Das Arbeitsgericht Darmstadt hat mit Urteil vom 7.11.1989 die dem … am 14.4.1989 zugestellten Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen (Bl. 43 d. A.).
Gegen dieses ihm am 16.12.1989 zugestellte Urteil hat der Kläger mit einem an das „Landesarbeitsgericht, Adickesallee 36, 6000 Frankfurt 19” adressierten Schriftsatz, der am 15.1.1990 beim Landesarbeitsgericht einging, Berufung eingelegt. Er hat diese mit einem unter dem 12.2.1990 gefertigten, an das „Landesarbeitsgericht, Postfach, 6000 Frankfurt/Main” adressierten Schriftsatz, der am 16.2.1990 Landesarbeitsgericht eingegangen ist, begründet.
Der diese Sendung befördernde Umschlag weist auf der Vorderseite im Adress-Fenster einen Strich und den handschriftlichen – anscheinend durch eine Postdienststelle vorgenommenen – Straßenangaben-Zusatz „Adickesallee 36” und auf der Rückseite den Stempelaufdruck „kein Postfach beim Postamt 1, 141-15, 14. Febr. 1990 aus (Hülle Bl. 62 d. A.).
Mit Nachricht vom 16./19.2.1990 – dem Kläg.-Vertr. zugegangenem 20.2.1990 (Bl. 64 d. A.) – hat das Landesarbeitsgericht den Kläg.-Vertr. auf den verspäteten Eingang seiner Berufungsbegründung hingewiesen. Daraufhin hat dieser namens des Klägers mit am 5.3.1990 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt und sich zur Glaubhaftmachung auf eine eidesstattliche Versicherung seiner B. bezogen (Bl. 69 d. A.). Danach hat diese das Anschriftenfeld auf der Berufungsbegründungsschrift unvollständig ausgefüllt und meint, dies habe „auf einer gewissen Nachlässigkeit (ihrerseits) beruht”, weil sie „versäumt habe, in der Akte die genaue und vollständige Anschrift herauszusuchen” (Bl. 69 d. A.).
Der Bekl.-Vertr. hat gemeint, die Berufung sei schon deshalb als unzulässig zu verwerfen, weil es Aufgabe des Prozeßvertreters selbst sei, die Rechtsmittelbegründungsschrift u.a. auf ihre richtige Adressierung hin zu überprüfen (Bl. 73 ff d. A.).
Der Kläg.-Vertr. hat demgegenüber die Ansicht vertreten, wenn einem Anwalt „bei der abendlichen Lektüre der täglichen Post” eine „nicht vollständige Adressierung nicht auffalle”, könne darin kein Verschulden erblickt werden (Bl. 76 d. A.).
Entscheidungsgründe
II.
Die Berufung ist bereits unzulässig. Sie ist nicht binnen der gesetzlich vorgeschriebenen Monatsfrist nach dem Eingang der Berufungsschrift begründet worden (§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG).
Sie war deshalb ohne mündliche Verhandlung durch Beschluß zu verwerfen (§ 519 b ZPO Abs. 2 i.V.m. Abs. 1 Sätze 2 und 1).
Der Antrag des Klägers auf Wiedereinsätzung in den vorigen Stand wegen dieser versäumten Berufungsbegründungsfrist ist zulässig, bleibt aber in der Sache erfolglos.
1. Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könnte dem Kläg. nur gewährt werden, wenn er ohne Verschulden gehindert gewesen, wäre, die Berufungsbegründungsfrist einzuhalten (§ 233 ZPO). Davon kann indes vorliegend keine Rede sein.
a) Auf allgemeine Mängel bei der Postwohnungskontrolle in einer Anwaltskanzlei kommt es hineinsetzungsrechtlich nur dann nicht an, wenn der Rechtsanwalt im Einzelfall einer zuverlässigen Bürokraft ausreichende Anweisungen für die Behandlung eines Schriftstückes erteilt hatte (BAG, Urt. v. 15.1.1990 – 3 AZR 523/89 – LE. Nr. 2 – DB 1990, 1044).
Hierzu hat der Kläg. nicht einmal etwas behauptet, geschweige glaubhaft gemacht.
Es kann also gerade nicht davon ausgegangen werden, der Kläg.-Vertr. habe seine B. ausdrücklich angewiesen, die von ihm festgestellte unvollständige Adressenangabe in der Berufungsbegründung nach Maßgabe der dem Ersturteil beigefügten Rechtsmittelbelehrung oder der Adressenangabe in der Berufungsschrift zu vervollständigen und dann erst abzusenden.
b) Die in der eidesstattlichen Erklärung der B. übernommene Verantwortung für eine „gewisse Nachlässigkeit” ist rechtlich unerheblich. Es ist Sache des Prozeßvertreters, selbst für eine den postalischen Beförderungsbedingungen entsprechende Adressierung von Rechtsmittel und Rechtsmittelbegründungsschriften zu sorgen. Nach § 3 Postordnung muß der Zustelladressat mit Namen,...