Entscheidungsstichwort (Thema)
Kein Anspruch des Betriebsrats auf erneutes Verhandeln eines Sozialplans. Wahl des Betriebsrats nach durchgeführter Betriebsänderung
Leitsatz (redaktionell)
Der Betriebsrat hat keinen Anspruch auf Verhandlungen zum Sozialplan, wenn er erst nach der bereits durchgeführten Betriebsänderung gewählt worden ist.
Normenkette
BetrVG §§ 76, 112; ZPO § 92 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 23.10.2019; Aktenzeichen 2 BV 286/19) |
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Oktober 2019 – 2 BV 286/19 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch des antragstellenden Betriebsrats auf Verhandlungen über einen Sozialplan.
Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin erbrachte als Tochter der A Dienstleistungen im Dialogmarketing. Sie betrieb zwei Betriebsstätten in B und C mit zuletzt 25 Arbeitnehmern ausschließlich daneben beschäftigter Leiharbeitnehmer. Sie verkündete am 22. Juni 2018 ihre Absicht, den Betrieb zum 31. August 2018 stillzulegen. Am 25. Juni 2018 kündigte sie den überwiegenden Teil der Arbeitsverhältnisse der von ihr beschäftigten Arbeitnehmer. Gleichzeitig erstattete sie bei den zuständigen Agenturen für Arbeit vorsorglich Massenentlassungsanzeigen. Am 05. Juli 2018 wurde eine Ladung zur Bestellung eines Wahlvorstandes ausgehängt. Am 12. Juli 2018 wurde eine Wahlversammlung durchgeführt und am 20. Juli 2018 der Betriebsrat gewählt. Mit Beschluss vom 18. Dezember 2018 bestellte die erkennende Kammer im Verfahren – 4 TaBV 180/18 – eine Einigungsstelle zur Verhandlung über einen Sozialplan anlässlich der Betriebsstilllegung. Die Einigungsstelle erklärte sich mit Beschluss vom 17. Mai 2019 für unzuständig. Angefochten wurde der Beschluss nicht. Im vorliegenden Verfahren verfolgt der Betriebsrat sein Ziel der Aufstellung eines Sozialplans weiter.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 70 – 72 d. A.) und auf die mit diesem in Bezug genommenen Aktenteile verwiesen. Das Arbeitsgericht wies den Antrag zurück und führte zur Begründung – kurz zusammengefasst – aus, der Betriebsrat habe keinen Anspruch auf die Aufstellung eines Sozialplans, da die Betriebsänderung bereits durchgeführt worden sei, bevor der Betriebsrat gewählt wurde. Insoweit sei der Rechtsprechung des Bundearbeitsgerichts ( 20. April 1982 – 1 ABR 3/80 – BAGE 38/284 ) zu folgen.
Der Betriebsrat hat gegen den am 07. November 2019 zugestellten Beschluss am 03. Dezember 2019 Beschwerde eingelegt und diese am 06. Januar 2020 begründet. Er ist der Ansicht, die Arbeitgeberin sei trotz der erst nach dem Beginn der Durchführung der Betriebsänderung durchgeführten Betriebsratsgründung nicht schützenswert.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf den Schriftsatz vom 06. Januar 2020 Bezug genommen.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 23. Oktober 2019 – 2 BV 286/19 – abzuändern und festzustellen, dass die Aufstellung eines Sozialplans wegen der Betriebsänderung in Form einer Teilbetriebsstilllegung oder einer Betriebsschließung durch die Beteiligte zu 2) zum 31. August 2018 der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegt.
Die Arbeitgeberin verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags die Würdigung des Arbeitsgerichts wie im Schriftsatz vom 14. Februar 2020 ersichtlich.
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet, da der Antrag des Betriebsrats nicht begründet ist.
Insoweit kann dahinstehen, ob der vom Arbeitsgericht herangezogenen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ( 20. April 1982 a. a. O., zu B II 4; 28. Oktober 1992 – 10 AZR 75/91 – AP BetrVG 1972 § 112 Nr. 63, zu B II 2 b, c ). zu folgen ist. Auch wenn entgegen dieser Ansicht ein Mitbestimmungsrecht bestanden haben sollte, wäre das Mitbestimmungsverfahren bereits durchgeführt. Daher besteht kein Anspruch auf ein erneutes Mitbestimmungsverfahren. Die erkennende Kammer hat mit Beschluss vom 18. Dezember 2018 ( a. a. O .) eine Einigungsstelle zum Zweck der Verhandlung über einen Sozialplan bestellt. Diese hat verhandelt und eine Entscheidung über das Anliegen des Betriebsrats getroffen. Damit wäre nur eine Anfechtung dieses Spruchs und nicht ein weiteres Mitbestimmungsverfahren in Betracht gekommen.
Demgegenüber verweist der Betriebsrat zu Unrecht auf den Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 27. Juni 2006 ( – 1 ABR 18/05 – BAGE 118/314, zu B I 2 ), in dem das Bundesarbeitsgericht einen dem Antrag des Betriebsrats entsprechenden Antrag für zulässig erachtet hat. Diese Entscheidung betraf einen anderen Sachverhalt. In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenem Fall ging dem Verfahren kein Einigungsstellenverfahren voraus. Vielmehr hatten die Beteiligten einen freiwilligen Sozialplan geschlossen und der Betri...