keine Angaben zur Anfechtbarkeit
Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung. Aufsichtsratswahl. Hauptwahlvorstand. Gesamtbetriebsrat. Bestellung
Leitsatz (amtlich)
Bleibt der Gesamtbetriebsrat entgegen § 4 Abs. 4 der 3. WOMitbestG dauerhaft untätig und bestellt jahrelang keine Mitglieder des Hauptwahlvorstandes, sondern nimmt es stattdessen hin, dass die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat per gerichtlicher Nachbesetzung nach § 104 AktG bestellt werden, anstatt Aufsichtsratswahlen bzw. Nachwahlen einzuleiten, kann er hierzu nach § 20 MitbestG auf Antrag verpflichtet werden. Die Möglichkeit der Bestellung des Hauptwahlvorstandes durch das Arbeitsgericht entsprechend § 16 MitbestG sehen das MitbestG und die 3. WOMitbestG nicht vor. Für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift ist kein Raum.
Normenkette
3. WOMitbestG § 4 Abs. 4; MitbestG § 20
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Beschluss vom 06.02.2008; Aktenzeichen 1 BV 11/07) |
Tenor
Die Beschwerde der Beteiligten zu 1) bis 7) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Hanau vom 06. Februar 2008 – 1 BV 11/07 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten zu 1) bis 7) sind Mitglieder des bei der Beteiligten zu 9) im Betrieb A gewählten Betriebsrats. Die Beteiligte zu 9) ist aus einer Vorratsgesellschaft hervorgegangen. Im Unternehmen der Beteiligten zu 9) ist ein Gesamtbetriebsrat, der Beteiligte zu 8), gebildet. Nachdem im März 2002 bei der Beteiligten zu 9) nach mehreren Umstrukturierungen der Schwellenwert des § 1 Abs. 1 Nr. 2 MitbestG von mehr als 2000 Arbeitnehmern überschritten war, wurde ein mitbestimmter Aufsichtsrat bestellt. Die Industriegewerkschaft BCE beantragte beim Amtsgericht Hanau – Registergericht – gemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 MitbestG in Verbindung mit § 104 Abs. 2 und 3 Nr. 2 AktG die Bestellung von acht namentlich aufgeführten Personen als Vertreter der Arbeitnehmer im Aufsichtsrat. Das Registergericht gab dem Antrag der IG BCE durch Beschluss vom 6. Mai 2002 statt und folgte dabei den personellen Vorschlägen der IG BCE. Auch in der Folgezeit beantragte die IG BCE wiederholt gerichtliche Nachbesetzungen von Aufsichtsratsmitgliedern. Eine erneute Vakanz im Aufsichtsrat entstand durch die Amtsniederlegung des Arbeitnehmervertreters B. Die IG BCE holte sich vor Stellung des Antrages einen unverbindlichen Vorschlag vom Gesamtbetriebsrat ein, der wiederum die Betriebsräte befragte. In der Betriebsratssitzung vom 24. Mai 2007 beschloss der Betriebsrat A, dem Gesamtbetriebsrat Herrn C „für das Aufsichtsrats-Übergangsmandat bis zur Neuwahl 2008” vorzuschlagen. Bislang haben im Unternehmen der Beteiligten zu 9) noch keine Aufsichtsratswahlen stattgefunden. Die betriebsratsinterne im Mai 2007 erhobene Forderung der Beteiligten zu 1) bis 7), sich für längst überfällige Aufsichtsratswahlen einzusetzen, wurde mehrheitlich abgelehnt. Die Beteiligte zu 9) hat eine Holding-Funktion gegenüber den deutschen Gesellschaften der D-Unternehmensgruppe inne. Bei ihr nehmen an der Wahl auch die Arbeitnehmer/innen anderer Unternehmen teil, weshalb diese nach der 3. WOMitbestG durchzuführen ist.
Die Beteiligten zu 1) bis 7) haben in erster Linie die gerichtliche Bestellung eines Unternehmenswahlvorstandes zur Durchführung der Aufsichtsratswahlen begehrt, hilfsweise die Verpflichtung des Gesamtbetriebsrats, einen Hauptwahlvorstand zu bestellen. Sie sind der Auffassung gewesen, der Wahlvorstand könne in entsprechender Anwendung von § 16 Abs. 2 BetrVG vom Arbeitsgericht bestellt werden, da der Beteiligte zu 8) keinerlei Initiative getroffen habe, die überfälligen Aufsichtsratswahlen in die Wege zu leiten. Die Unterlassung der Einleitung der Aufsichtsratswahl und Bestellung eines Wahlvorstandes erfülle den Tatbestand des § 20 MitbestG, da durch dieses Verhalten die wahlberechtigten Arbeitnehmer in der Ausübung ihres aktiven und passiven Wahlrechts behindert würden.
Die Beteiligten zu 1) bis 7) haben beantragt:
1. Das Arbeitsgericht bestellt einen aus drei Mitgliedern bestehenden Unternehmenswahlvorstand zur Durchführung der Aufsichtsratswahlen nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 im Unternehmen der Beteiligten zu 9).
Die Beteiligten zu 1) bis 7) hatten mit der Antragsschrift zunächst den Hilfsantrag gestellt, dem Beteiligten zu 8) aufzugeben, den zur Durchführung der im Unternehmen der Beteiligten zu 9) durchzuführenden Aufsichtsratswahlen nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 erforderlichen Unternehmenswahlvorstand zu bilden.
Mit Schriftsatz vom 28. Dez. 2007 haben die Beteiligen zu 1) bis 7) diesen Hilfsantrag vor dem Hintergrund, dass die Beteiligte zu 9) womöglich beherrschendes Konzernunternehmen ist oder als solches gilt, zurückgenommen und stattdessen beantragt, „einen aus drei Mitgliedern bestehenden Hauptwahlvorstand zur Durchführung der Aufsichtsratswahlen nach dem Mitbestimmungsgesetz 1976 im Konzern der Beteiligten zu 9) zu bestellen.
Die Beteiligten zu 8) und 9) haben beantragt,
die Anträge zurückzuweisen.
Die Beteiligten zu 8) und 9) sind...