Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe für ein Berufungsverfahren wegen Versäumung der Berufungsfrist. Anforderungen an die Begründung des Prozesskostenhilfegesuchs
Leitsatz (amtlich)
Ein Prozesskostenhilfegesuch des anwaltlich im Prozesskostenhilfebewilligungsverfahren vertretenen Rechtsmittelführers ist zurückzuweisen, wenn er seinen Prozesskostenhilfeantrag für das Berufungsverfahren nicht innerhalb der Berufungsfrist begründet. Die Kammer folgt der vom Landesarbeitsgericht Köln (Beschluss vom 15. Dezember 2015 - 4 Sa 848/15 - nv. juris) vertretenen Auffassung, dass der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für die noch einzulegende Berufung innerhalb der Berufungsfrist eine Begründung enthalten muss, aus der sich ergibt, weshalb die erstinstanzliche Entscheidung der Anfechtung unterliegen soll und woraus sich die Erfolgsaussicht des Rechtsmittels ableiten lässt.
Nach § 117 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist in dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe das Streitverhältnis unter Angabe der Beweismittel darzustellen. § 117 ZPO sieht keine Beschränkung auf den ersten Rechtszug und keine Ausnahme für das Berufungsverfahren vor. Nach § 119 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist in einem höheren Rechtszug nur dann nicht zu prüfen, ob die Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet oder mutwillig erscheint, wenn der Gegner das Rechtsmittel eingelegt hat. Hier wird nur für den Berufungsgegner eine Ausnahme von § 117 ZPO vorgesehen, nicht aber für den Rechtsmittelführer. Im Übrigen geht § 119 ZPO von dem Grundgedanken des Gesetzgebers aus, dass die erstinstanzliche Entscheidung die Vermutung dafür begründet, dass die Verteidigung gegen ein Rechtsmittel Aussicht auf Erfolg hat. In der Umkehrung bedeutet das, dass vermutet wird, dass das Rechtsmittel gegen die erstinstanzliche Entscheidung keine hinreichende Erfolgsaussicht hat. Gerade deshalb ist es erforderlich, dass der Rechtsmittelführer in einer auf die erstinstanzliche Entscheidung bezogenen Darstellung die Erfolgsaussicht darlegt (OLG Frankfurt 24. August 2009 - 13 U 137/09 - nv. juris; LAG Köln 15. Dezember 2015 - 4 Sa 848/15 - nv. juris).
Die Kammer folgt nicht der Auffassung des Bundesgerichtshofs (BGH 8. Januar 2016 - I ZB 41/15 - MDR 2016, 412 f.; BGH 16. November 2010 - VIII ZB 55/10 - NJW 2011, 230), weil sie keine Gleichstellung, sondern eine Bevorzugung der mittelosen Partei zur Folge hat. Lässt der Antrag auf Prozesskostenhilfe nämlich nicht erkennen, in welchen Punkten das erstinstanzliche Urteil angegriffen werden soll, müsste das Berufungsgericht von Amts wegen prüfen und darlegen, in welchem Umfang das erstinstanzliche Urteil der Berufung unterliegen könnte, insbesondere welche Rügen erfolgreich sein könnten. Die mittelose Partei könnte sich nach der von Amts wegen durchgeführten Prüfung der Erfolgsaussichten durch das Berufungsgericht problemlos das Ergebnis dieser Prüfung zu eigen machen, während für die bemittelte Partei eine entsprechende Möglichkeit einer "Vorabprüfung" durch das Gericht nicht besteht (OLG Dresden - 10 UF 447/03 - MDR 2003, 1443; LAG Köln 15. Dezember 2015 - 4 Sa 848/15 - nv. juris).
Normenkette
ZPO § 117 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 19.01.2016; Aktenzeichen Ca 2824/15) |
Tenor
Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers vom 15. April 2016 wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Parteien haben erstinstanzlich um die Rechtswirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 21. April 2015 gestritten.
Mit Beschluss vom 14. Juli 2015 hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main dem Kläger Prozesskostenhilfe bewilligt und einen Rechtsanwalt beigeordnet. Am 22. September 2015 sowie am 19. Januar 2016 hat es Beweis erhoben durch die Vernehmung von Zeugen.
Mit Urteil vom 19. Januar 2016 - 16 Ca 2824/15 - hat das Arbeitsgericht festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht durch schriftliche außerordentliche Kündigung der Beklagten vom 21. April 2015 aufgelöst worden ist, sondern bis zum 30. November 2015 fortbestanden hat. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen.
Das erstinstanzliche Urteil ist der Prozessbevollmächtigten des Klägers am 15. März 2016 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Am 15. April 2016 ging bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht ein Schriftsatz ein, in dem die Prozessbevollmächtigte des Klägers anzeigte, dass sie ihn auch im Berufungsverfahren vertrete. Weiterhin beantragte sie, ihm Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der X Rechtsanwälte GmbH beizuordnen. Dem Schriftsatz war eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nebst Anlagen beigefügt.
Am 3. Mai 2016 ging per Telefax ein Schriftsatz (Bl. 300 ff. d. A.) der Prozessbevollmächtigten des Klägers ein, in dem zu den Erfolgsaussichten der Berufung ausgeführt wurde.
Mit Hinweisbeschluss vom 8. Mai 2016 (Bl. 308 d. A.) wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass das Prozesskostenhilfegesuch zurü...