keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgeld. persönliches Erscheinen

 

Leitsatz (amtlich)

Ein eine persönlich geladene Partei vertretender Prozessbevollmächtigter kann auch dann ein im Sinne von § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO geeigneter Vertreter sein, wenn er keine eigenen Eindrücke von den den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Vorgängen hat. Voraussetzung ist jedoch, dass er über Kenntnisse verfügt, die denen der Partei entsprechen.Von diesen Anforderungen nicht genügenden Kenntnissen oder von einer unzureichenden Bevollmächtigung zur Abgabe der gebotenen Erklärungen kann im Beschwerdeverfahren nur ausgegangen werden, wenn sich der Akte entnehmen lässt, in welchen Punkten der Vertreter nicht über hinreichende Kenntnisse oder nicht über eine ausreichende Vollmacht verfügte. Gegebenenfalls muss das erstinstanzliche Gericht entsprechende Feststellungen aktenkundig machen.

 

Normenkette

ZPO §§ 141, 381

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 18.07.2005; Aktenzeichen 21/16 Ca 8013/03)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 18. Juli 2005 – 21/16 Ca 8013/03 – aufgehoben.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Staatskasse.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes.

Im Ausgangsrechtsstreit nimmt die Klägerin den Beschwerdeführer auf Schadensersatz wegen verspäteter Stellung eines Insolvenzantrages in Anspruch. Der Beschwerdeführer ist in Spanien ansässig und verfügt nach seinen Angaben über ein monatliches Nettoeinkommen von höchstens 500 EUR. Das Arbeitsgericht ordnete mit Beschluss vom 12. November 2004 sein persönliches Erscheinen sowie das der Klägerin zu dem Kammertermin vom 02. Juni 2005 an. Dieser Anordnung leisteten beide Parteien nicht Folge. Am 18. Juli 2005 verhängte das Arbeitsgericht gegen beide Parteien Ordnungsgelder in Höhe von jeweils 200 EUR.

Gegen den seinem Prozessbevollmächtigtem am 27. Juli 2005 zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer am 29. Juli 2005 sofortige Beschwerde ein, der das Arbeitsgericht nicht abhalf. Zur Begründung der Beschwerde macht der Beschwerdeführer geltend, er sei im Termin vom 02. Juni 2005 durch Assessorin A vertreten gewesen, die zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen einschließlich eines Vergleichschlusses bevollmächtigt gewesen sei. Der Abschluss eines Vergleiches sei wegen seiner Überschuldung objektiv unmöglich gewesen. Die Anreise aus Spanien sei ihm finanziell nicht möglich gewesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist begründet.

Nicht tragfähig ist allerdings die Rüge, dem Beschwerdeführer sei die Anreise finanziell nicht möglich gewesen. Abgesehen davon, dass gegebenenfalls ein Antrag auf Reisekostenerstattung in Betracht gekommen wäre, ist der Beschwerdeführer mit dieser Begründung ausgeschlossen, weil er die Verhinderung entgegen §§ 381 Abs. 1 S. 1, 141 Abs. 3 S. 1 ZPO nicht rechtzeitig vor dem Termin vom 02. Juni 2005 angezeigt hat. Eine nachträgliche Entscheidung ist gemäß § 381 Abs. 1 S. 2, S. 3, § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO nur zulässig, wenn glaubhaft gemacht wird, dass die Partei an der Verspätung der Entschuldigung kein Verschulden trifft. Dafür fehlt jeder Anhaltspunkt. Dem Beschwerdeführer stand zwischen der Ladung und dem Termin mehr als ein halbes Jahr zur Verfügung, um seine Verhinderung anzuzeigen.

Der Verhängung des Ordnungsgeldes entgegen steht jedoch, dass nach dem Inhalt der Akte davon ausgegangen werden muss, dass der Beschwerdeführer in dem Termin durch einen Bevollmächtigten vertreten wurde, der zur Aufklärung des Sachverhalts in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen einschließlich eines Vergleichsschlusses ermächtigt war (§ 141 Abs. 3 S. 2 ZPO). Streitig ist allerdings, ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen Rechtsanwälte und Verbandsvertreter je nach Sachlage auch dann geeignete Vertreter im Sinne von 141 Abs. 3 S. 2 ZPO sein können, wenn sie – wie offensichtlich die den Beschwerdeführer vertretende Assessorin – selbst nicht unmittelbar an den den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Vorgängen beteiligt waren und daher eigene Eindrücke von diesen nicht wiedergeben können.

Zum Teil wurden in der älteren Rechtssprechung Kenntnisse aus eigener Wahrnehmung verlangt (LAG Frankfurt am Main 23. November 1964 – 1 Ta 69/64 – NJW 1965/1042; LAG Hamm 28. Oktober 1971 – 8 Ta 37/71 – MDR 1972/362; ebenso nach wie vor Germelmann in Germelmann/Matthes/Prütting/ Müller-Glöge ArbGG 5. Auflage § 51 Rn. 20). Weiter wird angenommen, Prozessbevollmächtigte seien nur dann geeignete Vertreter im Sinne von § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO, wenn sie über so umfassende Kenntnisse verfügen, dass auch die Partei persönlich in keiner Hinsicht ein besseres Aufklärungsmittel wäre (LAG Rheinland-Pfalz 19. April 1985 – 1 Ta 70/83 – LAGE ArbGG 1979 § 51 Nr. 2; Leipold in Stein/Jonas ZPO 22. Auflage § 141 Rn. 42; Berscheid in Schwab/Weth A...

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