keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsratswahl. Nichtigkeit. Restmandat
Leitsatz (amtlich)
1. Die Wahl eines Betriebsrats für einen eindeutig nicht betriebsratsfähigen Betrieb ist nichtig.
2. Das BetrVG lässt die Wahl eines Betriebsrats ausschließlich zum Zweck der Ausübung eines Restmandates nicht zu.
Normenkette
BetrVG §§ 1, 9, 19, 21b
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 26.09.2005; Aktenzeichen 15 BV 923/05) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. September 2005 – 15 BV 923/05 – wird zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Bestellung einer Einigungsstelle.
Die zu 2) beteiligte Arbeitgeberin betrieb eine Wertpapierhandelsbank und beschäftigte 32 Arbeitnehmer. Ihr Vorstand beschloss Anfang Februar 2005, den Betrieb stillzulegen und das Unternehmen zu liquidieren. Am 15. April 2005 bestätigte die Hauptversammlung die Liquidation. Parallel dazu betrieben mehrere Arbeitnehmer die Wahl eines Betriebsrats. Am 15. April 2005 wurde ein dreiköpfiger Betriebsrat gewählt. Der Liquidator der Arbeitgeberin lehnte Verhandlungen mit diesem über einen Interessenausgleich und Sozialplan ab.
Die Arbeitgeberin hatte mit Schreiben vom 24. Februar 2005 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit die Entlassung von 32 Arbeitnehmern zum 31. März 2005 oder zu späteren Terminen angezeigt. Sie kündigte die Arbeitsverhältnisse in der Folgezeit. Mitte Juli 2005 bestanden noch sieben Arbeitsverhältnisse. Vier von diesen endeten aufgrund zu diesem Zeitpunkt bereits bestandskräftiger gerichtlicher Vergleiche zum 31. Juli 2005. Das Arbeitsverhältnis eines der Betriebsratsmitglieder endete zum 30. Juni 2005. Die beiden anderen Betriebsratsmitglieder schieden zum 31. Juli 2005 aus. Ersatzmitglieder waren nicht mehr vorhanden. Am 15. Juli 2005 wurde aufgrund einer sieben Arbeitnehmer umfassenden Wählerliste eine Wahlversammlung zur Neuwahl eines Betriebsrats am 28. Juli 2005 ausgeschrieben. An diesem Tag wurde der antragstellende, aus drei Mitgliedern bestehende Betriebsrat gewählt. Die Arbeitgeberin hält die Wahl für nichtig. Angefochten hat sie die Wahl nicht. Der Betriebsrat verfolgt im vorliegenden Verfahren sein außergerichtlich erfolglos geltend gemachtes Anliegen weiter, eine Einigungsstelle zum Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans zu bilden.
Wegen der Tatsachenfeststellungen des Arbeitsgerichts, des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der dort gestellten Anträge wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 111 – 114 d.A.) Bezug genommen. Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen, da die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig sei. Der Betriebsrat sei erst zu einem Zeitpunkt errichtet worden, als mit der Umsetzung der Betriebsänderung bereits begonnen worden sei. Deshalb bestehe kein Mitbestimmungsrecht gemäß §§ 111, 112 BetrVG. Der Betriebsrat habe nicht hinreichend dargelegt, dass die Betriebsratswahl seit Februar 2005 von der Arbeitgeberin rechtswidrig verzögert worden sei.
Der Betriebsrat legte gegen den am 27. September 2005 zugestellten Beschluss am 11. Oktober 2005 Beschwerde ein und begründete diese gleichzeitig. Der Betriebsrat tritt der Würdigung des Arbeitsgerichts entgegen und ist der Auffassung, seine Wahl im Juli 2005 sei nicht nichtig gewesen. Wegen des Ausscheidens aller Mitglieder des im April 2005 gewählten Betriebsrats aus dem Unternehmen sei gerade auch wegen des Streits um den Sozialplan eine Neuwahl erforderlich gewesen.
Wegen des weiteren zweitinstanzlichen Vortrags des Betriebsrats wird auf die Schriftsätze vom 11. Oktober und 09. November 2005 Bezug genommen.
Der Betriebsrat beantragt,
den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 26. September 2005 – 15 BV 923/05 – abzuändern und
- zum Vorsitzenden einer Einigungsstelle mit der Regelungsthematik Interessenausgleich und Sozialplan wegen der Liquidation der A AG i.L. den Direktor des Arbeitsgerichts a.D. B zu bestellen,
- die Zahl der Beisitzer auf zwei pro Seite festzusetzen.
Die Arbeitgeberin verteidigt zur Begründung ihres Zurückweisungsantrags die Entscheidung des Arbeitsgerichts.
Wegen des zweitinstanzlichen Vortrags der Arbeitgeberin wird auf den Schriftsatz vom 31. Oktober 2005 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist nicht begründet. Die Anträge sind zurückzuweisen, da sie nicht zulässig sind. Der Betriebsrat ist nicht antragsbefugt, weil die Wahl vom 28. Juli 2005 nichtig ist.
In Zusammenhang mit einer Betriebsratswahl kann über die im gesetzlich geregelten Anfechtungsverfahren nach § 19 BetrVG geltend zu machenden Wahlmängel hinaus das Wahlrecht in einer solchen Weise verletzt werden, dass das Entstehen eines Betriebsrats von vornherein ausgeschlossen ist. Dazu muss der Wahlmangel grundlegende Wahlvorschriften gravierend und evident verletzen. Bei der Wahl muss gegen wesentliche Grundsätze des Wahlrechts in einem so hohen Maß verstoßen worden sein, das...