Entscheidungsstichwort (Thema)
Differenzgebühr
Leitsatz (amtlich)
Für eine Verpflichtung des Landes, PKH-Raten Über den PKH-Aufwand nach § 122 I Nr. 1 ZPO hinaus bis zur Deckung der vollen Regelgebühren einzuziehen, fehlt es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage
Normenkette
BRAGO § 124
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Beschluss vom 06.03.1986; Aktenzeichen 1 Ca 90/85) |
Tenor
Die Beschwerde des Klägervertreters vom 17.03.1986 gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Gießen vom 06.03.1986 – 1 Ca 90/85 – wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gebührenfrei, Kosten werden nicht erstattet, § 128 V BRAGO.
Gegen diesen Beschluß ist ein Rechtsmittel nicht gegeben, § 78 II ArbGG.
Gründe
1) Der Klägerin wurde gemäß § 11 a ArbGG der Klägervertreter beigeordnet und mtl. Raten von DM 300,– auferlegt.
Der Kostenbeamte hat nach Abschluß des Rechtsstreits die dem Klägervertreter aus der Landeskasse zu gewährende Vergütung auf DM 1.600,20 zuzüglich DM 67,20 festgesetzt, die dem Klägervertreter ausgezahlt wurden. Zugleich hat er die Gerichtskasse angewiesen, diese Beträge von der Klägerin in monatlichen Raten von DM 300,– einzuziehen, beginnend mit dem Monat Januar 1986.
Der Klägervertreter hat den darüberhinaus gehenden Mehrbetrag bis zur Höhe seiner Regelgebühren ohne Prozeßkostenhilfe von DM 1.914,63 gem. § 124 II BRAGO angemeldet und will die Ratenzahlungen der Klägerin auf diesen Betrag erstreckt haben.
Mit Beschluß vom 06.03.1986 hat das Arbeitsgericht die dahingehende Erinnerung des Klägervertreters zurückgewiesen, weil es dafür an einem Rechtsschutzinteresse fehle und weil die Voraussetzungen für eine förmliche Festsetzung dieser weiteren Vergütung nach § 124 III BRAGO nicht erfüllt seien.
Dagegen hat der Klägervertreter Beschwerde eingelegt und beantragt,
den angefochtenen Beschluß aufzuheben und festzustellen, daß die Kostenanmeldung vom 04.12.1985 gem. § 124, 128 BRAGO bei der Einziehung, von Raten berücksichtigt und der Kostendifferenzbetrag von DM 233,13 an ihn weitergeleitet wird.
2) Die gemäß § 128 IV BRAGO zulässige Beschwerde ist unbegründet.
a) Soweit der Klägervertreter den angefochtenen Beschluß aufgehoben haben will, weil dieser eine förmliche Festsetzung der Differenzgebühren zu seinen Gunsten und zu Lasten der ratenzahlungspflichtigen Partei versagt hat, ist seine Beschwerde schon gem. § 124 III BRAGO unbegründet.
Nach dieser Vorschrift kann die von dem Klägervertreter angestrebte „weitere Vergütung” erst dann förmlich festgesetzt werden, wenn die von der Partei „zu zahlenden” Beträge beglichen sind oder eine Zwangsvollstreckung in ihr bewegliches Vermögen erfolglos verlief oder aussichtslos erscheint. Beides ist unzweifelhaft nicht der Fall, wie das Arbeitsgericht zutreffend erkannt hat.
b) Soweit der Klägervertreter dem Rechtspfleger, dem Kostenbeamten oder der Gerichtskasse aufgegeben haben will, die Katen von DM 300,– mtl. über die Abdeckung das von der Staatskasse nach § 121 I 1 ZPO bezifferten verauslagten Prozeßkostenhilfeaufwandes hinaus bis zur Deckung seiner Regelgebühren einzuziehen, handelt es sich um einen Antrag auf Verpflichtung des Landes, für den es keine Rechtsgrundlage gibt.
Bei erstem Hinsehen spricht für den Klägervertreter, daß die überwiegende Meinung für das Verfahren vor den ordentlichen Gerichten die Staatskasse und damit das Land für verpflichtet hält, die Raten Über den eigenen PKH-Aufwand nach § 122 I Nr. 1 ZPO hinaus bis zur vollen Deckung der weiteren Vergütung des Rechtsanwaltes von der armen Partei einzuziehen. (OLG Hamm, AnwBl. 84, 50 = MDR 85, 149, OLG Stgt AnwBl. 84, 49, jeweils mit weiteren Nachweisen OLG Köln AnwBl. 84, 103, Schuster, PKH, RndNr. 2. § 120 ZPO, RndNr. 5, § 124 BRAGO Grunsky NJW 80, 2045. Mümler, Jr. Büro 84, 1457. Unklar: Riedel Süßbauer. BRAGO, 5 A, § 124, RZ 4).
Begründet wird diese wohl überwiegende Meinung im Wesenlichen damit, § 122 I Nr. 3 ZPO verbiete nur die Geltendmachung weitergehender Ansprüche des Anwaltes gegenüber seiner Partei, ohne deren Entstehung zu hindern, während § 124 III BRAGO den Fortbestand gerade dieser weitergehenden Ansprüche als „zu zahlende Beträge” veraussetze; diese Auslegung werde durch die amtliche Begründung der PKH-Novelle vom 13.06.1980 (BT-Drucksache 8/3068) bestätigt, wo es auf S. 22 IV heißt: „Befürchtungen der Anwaltschaft, die Vergrößerung des Kreises derer, die PKH in Anspruch nehmen können, werde zu einem realen Einkommensverlust führen, sind nicht begründet, weil die Partei im Rahmen ihrer Ratenzahlungspflichten auf die (vollen) Regelgebühren zahlt …”. Dem hat sich der Rund-Erlaß des Hess. Ministers f. Justiz vom 01.10.1985, (JMBl 1985 S. 481) unter 8.2 vorsichtig angeschlossen.
Diese Argumentation kam schon für den Bereich der ordentlichen Justiz nicht überzeugen. Grundsätzlich erhält der beigeordnete Anwalt seine gesetzliche Vergütung gem. § 121 BRAGO nur aus der Staatskasse, und zwar in der in § 123 BRAGO gesetzlich geregelten Höhe. § 124 I BRAGO erweitert diesen Anspruch bis zur Höhe der Regelgebühren, „soweit di...