Entscheidungsstichwort (Thema)
Versetzung. Aufhebung. Vollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
Der Antrag auf Festsetzung von Zwangsgeldern „für jeden Fall der Zuwiderhandlung” ist mangels Bestimmtheit unzulässig. Vielmehr ist auch im Fall mehrerer Verletzungshandlungen des Vollstreckungsschuldners ein einheitlicher Betrag festzusetzen. Andernfalls bliebe es dem Gerichtsvollzieher überlassen, zu klären, für welche Verletzungshandlung jeweils das Zwangsgeld zu vollstrecken ist.
Normenkette
BetrVG § 101; ZPO § 888
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 20.02.2007; Aktenzeichen 5 BV 14/04) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 20. Februar 2007 – 5 BV 14/04 – abgeändert:
Der Zwangsvollstreckungsantrag des Antragstellers wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Tatbestand
I.
Die Beteiligten streiten über die Zwangsvollstreckung aus einem Titel gemäß § 101 S. 1 BetrVG. Das Arbeitsgericht gab im Ausgangsverfahren mit Teilbeschluss vom 15. Juni 2005 der beschwerdeführenden Arbeitgeberin unter anderem auf, die Versetzung von fünf Arbeitnehmern aufzuheben. Die erkennende Kammer wies die Beschwerde der Arbeitgeberin gegen den Teilbeschluss mit Beschluss vom 21. März 2006 insoweit zurück. Weitere Anträge des Betriebsrats wies sie zurück. Die Rechtsbeschwerde ließ sie nicht zu. Eine Nichtzulassungsbeschwerde des Betriebsrats wies das Bundesarbeitsgerichts mit Beschluss vom 14. November 2006 zurück. Mit Schriftsatz vom 21. September 2006 hatte der Betriebsrat beim Rechtspfleger des Landesarbeitsgerichts die Erteilung einer vollstreckbaren Ausfertigung des Teilbeschlusses des Arbeitsgerichts beantragt. Der Rechtspfleger erteilte die Ausfertigung am 09. Oktober 2006. Der Betriebsrat stellte sie der Arbeitgeberin am 16. Oktober 2006 zu. Mit Schriftsatz vom 19. Januar 2007 beantragte der Betriebsrat beim Arbeitsgericht, „den Arbeitgeber durch Zwangsgeld von bis zu 250,00 EUR für jeden Fall und Tag der Zuwiderhandlung anzuhalten, die Versetzungen der Arbeitnehmerin A zur Kontrolleurin und der Arbeitnehmer B, C, D und E zu Staplerfahrer aufzuheben.”
Das Arbeitsgericht erkannte mit Beschluss vom 20. Februar 2007 nach diesem Antrag. Die Arbeitgeberin legte gegen den am 27. Februar 2007 zugestellten Beschluss am 28. Februar 2007 sofortige Beschwerde ein, der das Arbeitsgericht nicht abgeholfen hat. Die Arbeitgeberin rügt, der Antrag sei mangels hinreichender Bestimmtheit unzulässig, und behauptet, sie habe die Versetzungen der fünf Arbeitnehmer aufgehoben. Der Betriebsrat bestreitet dies. Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die im Vollstreckungsverfahren gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist begründet. Der Vollstreckungsantrag des Betriebsrats ist zurückzuweisen, da er nicht zulässig ist.
1. Dahinstehen kann, ob dies bereits daraus folgt, dass eine wirksame Vollstreckungsklausel im Sinne von § 725 ZPO fehlt und damit keine wirksame vollstreckbare Ausfertigung gemäß § 724 ZPO erteilt wurde. Dafür könnte sprechen, dass bei Erteilung der Klausel die Vollstreckungsvoraussetzung der Rechtskraft nach § 85 Abs. 1 S. 1 ArbGG fehlte. Die Rechtskraft einer Entscheidung eines Landesarbeitsgerichts wird auch dann insgesamt gehemmt, wenn nur eine von zwei durch die Entscheidung beschwerten Parteien eine Nichtzulassungsbeschwerde einlegt. Dies folgt daraus, dass die andere Partei die Möglichkeit hat, nach einer Stattgabe der Nichtzulassungsbeschwerde auf eine dann eingelegte Revision bzw. Rechtsbeschwerde Anschlussrevision bzw. Anschlussrechtsbeschwerde einzulegen (vgl. nur GK-ArbGG-Mikosch Stand März 2007 § 72 a Rn. 47). Die Klausel hätte daher vor dem Beschluss des Bundesarbeitsgerichts vom 14. November 2006 nicht erteilt werden dürfen.
2. Der Vollstreckungsantrag ist jedenfalls deshalb unzulässig, weil er gemäß der zutreffenden Rüge der Arbeitgeberin nicht hinreichend bestimmt ist. Der Antrag gemäß § 101 S. 2 BetrVG ist eine Sonderform der Vollstreckung auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung. Daher gelten, soweit in § 101 BetrVG nichts Abweichendes vorgesehen ist, die allgemeinen Grundsätze vom § 888 ZPO (vgl. Richardi-Thüsing BetrVG 10. Aufl. § 101 Rn. 21; Fitting BetrVG 23. Aufl. § 101 Rn. 11; GK-BetrVG-Kraft/Raab 8. Aufl. § 101 Rn. 14; Schlochauer in Hess/Schlochauer/Worzalla/Glock BetrVG 6. Aufl. 101 Rn. 14; Wildschütz in Dörner/Luczak/Wildschütz Handbuch des Fachanwalts Arbeitsrecht 6. Aufl. I Rn. 1760). Zu § 888 ZPO ist es fast einhellig Auffassung in Rechtsprechung und Literatur, dass die Festsetzung von Zwangsgeldern „für jeden Fall der Zuwiderhandlung” mangels Bestimmtheit unzulässig ist. Vielmehr ist auch im Fall mehrerer Verletzungshandlungen des Vollstreckungsschuldners ein einheitlicher Betrag festzusetzen. Andernfalls bliebe es dem Gerichtsvollzieher überlassen, zu klären, für welche Verletzungshandlung jeweils das Zwangsgeld zu vollstrecken ist. D...