Entscheidungsstichwort (Thema)

Mitbestimmung des Betriebsrates bei betrieblicher Lohngestaltung. hier: Anordnung über die Abrechnung von Dienstbereitschaftszeiten

 

Leitsatz (amtlich)

Die Anordnung des Arbeitgebers, Zeiten der Dienstbereitschaft nicht mehr, wie das der bisherigen Handhabung entsprach, pauschal und unter Ansatz einer Mindeststunden zahl abzurechnen, sondern nunmehr nur noch tatsächlich geleistete Stunden der Dienstbereitschaft in Ansatz zu bringen, unterliegt dem Mitbestimmungsrecht gem. § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG 1972.

 

Normenkette

BetrVG 1972 § 87 Abs. 1 Nr. 10

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 07.03.1984; Aktenzeichen 11 BV 27/83)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Arbeitsgerichts in Frankfurt a.M. vom 7. März 1984 – 11 BV 27/83 – abgeändert.

Es wird festgestellt, daß die Regelung der Vergütung von Dienstbereitschaft, was die Abrechnung von Stunden angeht, gemäß Schreiben der Antragsgegnerin vom 25. März 1983 – Nr. 064/83 – rechtsunwirksam ist.

Im übrigen werden die Anträge des Antragstellers abgewiesen und insoweit seine Beschwerde zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten – auf dem Hintergrund der vom antragstellenden Betriebsrat für sich beanspruchten Mitbestimmungsrechte gem. § 87 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 10 BetrVG 1972 (§§ohne Gesetzesbezeichnung sind im folgenden immer solche des Betriebsverfassungsgesetzes 1972) – um die Unwirksamkeit der von der Antragsgegnerin in ihrem Schreiben vom 25.3.1983 – Nr. 064/83 – getroffenen Anordnung über die Abrechnung von Dienstbereitschaftszeiten, wodurch eine ältere, in einem Rundschreiben vom 3.12.1970 enthaltene Regelung abgeändert werden sollte.

Wegen des zugrundeliegenden Sachverhaltes, des Vorbringens der Beteiligten und der Anträge erster Instanz wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen.

Mit seiner Beschwerde, für deren Daten auf die Feststellungen im Anhörungstermin vor der Beschwerdekammer verwiesen wird, verfolgt der antragstellende Betriebsrat seine Anträge in vollem Umfange weiter, während der Antragsgegner nach wie vor das Bestehen … von Mitbestimmungsrechten für Regelungen bezüglich der Vergütungsabrechnung von Dienstbereitschaftszeiten in Abrede stellt.

Der Antragsteller beantragt,

unter Abänderung des Beschlussses des Arbeitsgerichts Frankfurt/M. vom 7.3.1984 – Az.: 11 Bv 27/83 – der Antragsgegnerin aufzugeben, bis auf weiteres hinsichtlich Dienstbereitschaft und Rufeinsatz nach der Regelung gemäß ihrem Rundschreiben B 13/70 DP vom 3.12.1970 betreffend „Arbeit außerhalb der betrieblichen Arbeitszeit, hier: Dienstbereitschaft, Rufeinsatz” zu verfahren und Dienstbereit schaft und Rufeinsatz nach dieser Regelung zu vergüten;

hilfsweise,

festzustellen, daß eine Vergütung von Dienstbereitschaft und Rufeinsatz bei der Antragsgegnerin abweichend von ihrem Rundschreiben B 13/70 DP vom 3.12.1970, insbesondere nach den Rundschreiben der Antragsgegnerin Nr. 64/83 vom 23.3.1983 rechtsunwirksam ist.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Für das Vorbringen im einzelnen der Beteiligten im Beschwerdeverfahren wird auf die Beschwerdebegründung vom 10.10.84 und die Beschwerdeerwiderung vom 10. 12.1984 Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist teilweise begründet.

1. Den vom Betriebsrat gestellten Anträgen, die er auch in der Beschwerdeinstanz weiterverfolgt, fehlt es zum Teil schon an der Zulässigkeit.

a) Soweit der Antragsteller in beiden Anträgen – Haupt- und Hilfsantrag – „Rufeinsatz” anspricht und zur Entscheidung stellt, fehlt es hierfür an einem Rechtsschutzinteresse.

Bezüglich Rufeinsatz ist in dem vom Antragsteller angegriffenen Schreiben der Antragsgegnerin vom 25.3.1983, was Anlaß für dieses Verfahren ist, keine Regelung getroffen. Rufeinsatz ist überhaupt nicht erwähnt – und es besteht zwischen den Beteiligten insoweit auch kein Streit um das Vorliegen von Mitbestimmungsrechten.

b) Für den Hauptantrag hat der antragstellende Betriebsrat keine Antragsberechtigung (Antragsbefugnis). Eine notwendige Sachentscheidungsvoraussetzung fehlt damit (vgl. BAG AP Nr. 2 zu § 83 ArbGG 1979 m.w.N.).

Wenn in diesem Antrag vom Betriebsrat Zahlung von Vergütung in einer bestimmten Weise – hier: nach der im Rundschreiben vom 3.12.1970 getroffenen Regelung – durch die Antragsgegnerin verlangt wird, so kann dies nur die Vergütungsansprüche der einzelnen Arbeitnehmer betreffen. Für die Geltendmachung individual-rechtlicher Ansprüche ist aber der einzelne Arbeitnehmer zuständig (s. Fitting-Auffarth-Kaiser, BetrVG, 14. Aufl., § 80 Rz. 4). Dem Betriebsrat steht keine Prozeßstandschaft oder Vertretung für einzelne Arbeitnehmer zu, wenn es um die Durchsetzung individualrechtlicher Ansprüche und der diese regelnden Normen geht (vgl. BAG AP Nr. 4 zu § 63 BetrVG; sich auch Dietz-Richardi, BetrVG, 6. Aufl., § 80 Rz. 15; Galperin-Löwisch, BetrVG, 6. Aufl., § 80 Rz. 6, 13; GK-Thiele, 3. Bearbeitung 1982, § 80 Rz...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge