Entscheidungsstichwort (Thema)

Pflicht des Arbeitgebers zur Tragung der Kosten eines durch den Betriebsrat hinzugezogenen Rechtsanwalts

 

Leitsatz (amtlich)

1. Nach § 40 Absatz 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Hierzu gehören auch die Honorarkosten für einen Rechtsanwalt, dessen Hinzuziehung der Betriebsrat für erforderlich halten durfte.

2. Die beabsichtigte Rechtsverfolgung ist (unter anderem) offensichtlich aussichtslos, wenn es bereits an der Antragsbefugnis fehlt.

3. Einzelne Mitglieder des Betriebsrats können gegenüber dem Betriebsrat weder die Unwirksamkeit eines Beschlusses noch die Rechtswidrigkeit von Handlungen unabhängig von einem Eingriff in eine eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition geltend machen.

4. Hinsichtlich der Ladung von Ersatzmitgliedern zur Betriebsratssitzung ist ein einzelnes Betriebsratsmitglied nicht in einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen. Die Vorschrift des § 25 Absatz 2 BetrVG begründet kein eigenes Recht eines Betriebsratsmitgllieds über die Heranziehung von Ersatzmitgliedern, sondern enthält formelles Recht über die Zusammensetzung des Betriebsrats, dessen Verletzung Auswirkungen auf die Wirksamkeit von Beschlüssen des Gremiums haben kann, ohne dass dem einzelnen Betriebsratsmitglied ein gerichtlich durchsetzbares Kontrollrecht eingeräumt wäre.

 

Normenkette

BetrVG § 40 Abs. 1, § 25 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 10.08.2017; Aktenzeichen 20 BV 398/16)

 

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 10. August 2017 - 20 BV 398/16 - wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Beteiligten streiten über die Freistellung eines Betriebsratsmitglieds von einer Kostenrechnung der von ihm beauftragten Rechtsanwältin sowie von einer Vorschusskostenrechnung für das laufende Verfahren.

Der Antragsteller ist Mitglied des beim Arbeitgeber (Beteiligte zu 2) gebildeten Betriebsrats (Beteiligter zu 3).

Anlässlich der Betriebsratssitzung vom 30. Juli 2015 kam es zwischen dem Antragsteller und dem Betriebsratsvorsitzenden zu einem Disput über die Ladung von Ersatzmitgliedern. Am 3. August 2015 suchte der Antragsteller im Hinblick auf die Frage der ordnungsgemäßen Ladung zu dieser Betriebsratssitzung eine Rechtsanwältin auf, die mit Schreiben vom 3. August 2015 (Bl. 4 der Akten) den Betriebsratsvorsitzenden aufforderte, zukünftig bei Einladungen zu Betriebsratssitzungen Ersatzmitglieder einzuladen, soweit ordentliche Betriebsratsmitglieder aufgrund ihres Dienstplans verhindert sind. Hierfür stellte sie dem Antragsteller eine Kostenrechnung über 413,90 € zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 492,54 € (Bl. 9 der Akten).

Der Antragsteller begehrt gegenüber dem Arbeitgeber die Freistellung von dieser Rechnung sowie von einer unter dem 15. Juni 2016 (Bl. 19 der Akten) erstellten Vorschusskostenrechnung betreffend die Durchführung des vorliegenden Verfahrens i.H.v. 132,50 € zuzüglich Mehrwertsteuer, insgesamt 157,68 €.

Der Arbeitgeber hat eine Kostenerstattung abgelehnt.

Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Vorbringens der Beteiligten und der gestellten Anträge wird auf die Ausführungen des Arbeitsgerichts im Beschluss unter I. (Bl. 96-99 der Akten) Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat die Anträge zurückgewiesen. Der Antragsteller habe die Hinzuziehung einer Rechtsanwältin nicht für erforderlich halten dürfen, bevor er im Betriebsratsgremium die Frage der ordnungsgemäßen Ladung zur Sitzung vom 30. Juli 2017 erörtert hatte. Die Einschaltung einer Rechtsanwältin komme erst dann in Betracht, wenn feststehe dass eine interne Lösung nicht möglich sei. Eine solche habe der Antragsteller nicht versucht.

Dieser Beschluss wurde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers am 5. September 2017 zugestellt. Sie hat dagegen am 5. Oktober 2017 Beschwerde eingelegt und diese am 6. November 2017 (Montag) begründet.

Der Antragsteller rügt, das Arbeitsgericht habe verkannt dass der Betriebsratsvorsitzende für die ordnungsgemäße Ladung zu den Betriebsratssitzungen verantwortlich sei. Daher sei es zutreffend gewesen, dass der Antragsteller die Thematik mit dem Betriebsratsvorsitzenden erörtert habe. Selbst wenn zumindest der Versuch einer Erörterung im Gremium notwendig gewesen wäre, hätte die Kommunikation während der Sitzung vom 30. Juli 2015 genügt. Der Antragsteller sei durch das Verhalten des Betriebsratsvorsitzenden auch in seinen Rechten beeinträchtigt. Gemäß § 25 Abs. 2 BetrVG habe eine Liste ein Recht darauf, sowohl beim Nachrücken von Betriebsratsmitgliedern als auch bei der Ladung von Ersatzmitgliedern entsprechend berücksichtigt zu werden. Der Antragsteller sei Listenvertreter. Materiell ergebe sich der Anspruch aus § 40 Abs. 1 BetrVG; entgegen der Meinung des Arbeitgebers sei § 80 Abs. 3 BetrVG hier nicht einschlägig. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller eine Erörterung d...

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