keine Angaben zur Rechtskraft

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Jugend- und Auszubildendenvertreter. Weiterbeschäftigung. Gemeinschaftsbetrieb. Leiharbeitnehmer

 

Leitsatz (amtlich)

Im Gemeinschaftsbetrieb, für den die Jugend- und Auszubildendenvertretung gewählt worden ist, bleibt der Vertragsarbeitgeber, mit dem das Arbeitsverhältnis nach § 78 a Abs. 2 ArbGG zustande gekommen ist, für den Auflösungsantrag nach § 78 a Abs. 4 BetrVG antragsberechtigt.

Von einem freien Arbeitsplatz, auf dem das bisherige Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung weiterbeschäftigt werden kann, ist abgesehen von Missbrauchsfällen auch dann nicht auszugehen, wenn der Arbeitgeber bei generellem Einstellungsstopp auf diesem Arbeitsplatz Leiharbeitnehmer beschäftigt und kein eigenes Personal einstellt.

 

Normenkette

BetrVG § 78a

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Beschluss vom 23.08.2006; Aktenzeichen 8 BV 3/06)

 

Nachgehend

Hessisches LAG (Beschluss vom 27.08.2009; Aktenzeichen 9 TaBV 103/09)

BAG (Beschluss vom 25.02.2009; Aktenzeichen 7 ABR 61/07)

 

Tenor

Die Beschwerden der Beteiligten zu 2) und 3) gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 23. August 2006 – 8 BV 3/06 – werden zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird für die Beteiligten zu 2) und 3) zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 2).

Die Arbeitgeberin und Beteiligte zu 1) ist ein Unternehmen der Automobilindustrie. Die Beteiligte zu 4) ist die Jugend- und Auszubildendenvertretung und der Beteiligte zu 3) der Betriebsrat, der für den von der Beteiligten zu 1) und der A GmbH geführten Gemeinschaftsbetrieb gewählt ist. Die Jugend- und Auszubildendenvertretung ist ebenfalls von den Auszubildenden (mindestens) beider Unternehmen gewählt worden (Wählerliste Bl. 202 ff. d. A.).

Der Beteiligte zu 2) absolvierte bei der Beteiligten zu 1) eine Ausbildung zum Energieelektroniker der Fachrichtung Betriebstechnik. Er war Mitglied der Auszubildendenvertretung. Mit Schreiben vom 16. Dez. 2005 an die zentrale Personalabteilung (BI. 5 d. A.) beantragte er gemäß § 78 a Abs. 2 BetrVG für die Zeit nach Beendigung seines Berufsausbildungsverhältnisses die Übernahme in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Am 18. Jan. 2006 bestand er die Abschlussprüfung. Am 19. Jan. 2006 schloss die Arbeitgeberin mit dem Beteiligten zu 2) einen Arbeitsvertrag ab, wonach er „unter dem Vorbehalt der rechtskräftigen Entscheidung des Arbeitsgerichtes, dass ein unbefristetes Arbeitsverhältnis nach dem Ende der Ausbildung festgestellt wird”, in die Abteilung Jungfacharbeiter-Pool innerhalb des Bereichs Zentrale Personalfunktion eingestellt wird. Der Beteiligte zu 2) leistet ab dem 2. Jan. 2007 seinen Zivildienst ab. Er wurde in der Abteilung X Operation Test als Prüfstandselektroniker beschäftigt. Dieser Abteilung gehören neun weitere Elektriker an. Im ersten Quartal 2006 wurden in der Abteilung 5.687 Überstunden abgeleistet. Zum 31. März 2006 schied der Mitarbeiter der Abteilung B wegen Altersteilzeit aus. Die Arbeitgeberin hat die Stelle nicht neu besetzt. Von den Auszubildenden, die im Jahre 2006 ihre Ausbildung beendet haben, übernahm die Arbeitgeberin nur vier Modellbaumechaniker. Sie stellte nur Designer, Physiker, Mathematiker und Simulationsingenieure ein.

Die Beteiligte zu 1) hat Stellen als Prüfstandselektroniker, Prüfstandsmechaniker, Mechatroniker oder Betriebstechniker ausgeschrieben, zu deren Inhalt auf Bl. 114 bis 119 d. A. verwiesen wird. Der Beteiligte zu 2) hat als Energieelektroniker die für den Beruf des Prüfstandselektronikers oder Mechatroniker entsprechende Ausbildung. Seine Bewerbungen auf diese Stellen wurden abgelehnt.

Die Beteiligte zu 1) beschäftigt auf frei werdenden Stellen Leiharbeitnehmer der Fa. C. Mit Schreiben vom 6. Nov. 2006 (Bl. 120) forderten die Beteiligten zu 1) und 3) die Auszubildenden, die ihre Prüfung in 2007 beenden, auf, sich bei der D GmbH zu bewerben, wobei ein Einsatz bei der Beteiligten zu 1) zu ihren Bedingungen in Aussicht gestellt wurde. Im Jahre 2006 sind die Beschäftigten der Fa. C E und F an die Beteiligte zu 1) ausgeliehen gewesen. Ihr Einsatz wird bis Ende 2007 fortgesetzt. Alle 2006 und 2007 in der Abteilung des Beteiligten zu 2) tätigen Leiharbeitnehmer waren ganzjährig eingesetzt.

Mit ihrer am 19. Jan. 2006 beim Arbeitsgericht Darmstadt eingegangenen Antragsschrift hat die Beteiligte zu 1) die Auflösung des Arbeitsverhältnisses beantragt. Sie hat die Auffassung vertreten, der Auflösungsantrag sei begründet, weil bei ihr keine freien Arbeitsplätze zur Verfügung gestanden hätten. Sie bilde nach dem sog. „Zukunftsvertrag” (Betriebsvereinbarung vom 17. März 2005) über Bedarf aus. Im Rahmen von Restrukturierungsmaßnahmen belaufe sich die Anzahl der bis 2007 abzubauenden Stellen auf rund 9.500. Ausscheidende Mitarbeiter würden in der Regel nicht ersetzt. Zwingender Bedarf werde nach dem mit dem Betriebsrat vereinbarten Konzept „Interner Arbeitsmarkt” aus dem Personalüberhang gedeckt.

Die Bet...

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