keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtsstand. gewöhnlicher Arbeitsart. Verweisungsbeschluss. Beschwerde

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zur Begründung des Gerichtsstandes von § 48 Abs. 1a Satz 2 ArbGG am Wohnsitz eines Außendienstmitarbeiters genügt es, wenn er in einem häuslichen Home-Office seine Geschäftsreisen vor- oder nachbereitet oder Berichte über diese verfasst. Einen bestimmten Mindestumfang muss die am Wohnort verichtete Tätigkeit nicht haben.

2. Ein § 48 Abs. 1 a ArbGG verletzender Verweisungsbeschluss kann nicht mit einer außerorentlichen Beschwerde zum Landesarbeitsgericht angefochten werden.

 

Normenkette

ArbGG § 48

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 17.07.2008; Aktenzeichen 7 Ca 247/08)

 

Tenor

Die „sofortige Beschwerde” der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 17. Juli 2008 – 7 Ca 247/08 – wird auf Kosten der Beschwerdeführerin als unzulässig verworfen.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beschwerdeführerin wendet sich gegen einen Verweisungsbeschluss wegen örtlicher Unzuständigkeit.

Die Beschwerdeführerin, die Klägerin des Ausgangsverfahrens, ist für die in A ansässige Beklagte als Außendienstmitarbeiterin tätig. Sie ist für einen Bezirk zuständig, der den Arbeitsgerichtsbezirk Kassel und einen Teil des Arbeitsgerichtsbezirks Marburg umfasst. Sie wird von einem in Korbach gelegenen Home-Office aus tätig. Das Arbeitsgericht verwies den Rechtsstreit mit dem angefochtenen Beschluss mit der Begründung an das Arbeitsgericht Stuttgart, es bestehe kein besonderer Gerichtsstand in seinem Bezirk. Bei einem dezentralisierten Arbeitsverhältnis wie dem der Parteien gebe es keinen einheitlichen Erfüllungsort und damit keinen Gerichtsstand nach § 29 ZPO. Auch der Gerichtsstand des gewöhnlichen Arbeitsortes nach § 48 Abs. 1 a ArbGG sei nicht einschlägig. Die Beschwerdeführerin habe nicht vorgetragen, ob sie gewöhnlich im Home-Office tätig geworden sei. Dass jedenfalls auch im Home-Office Arbeitsleistungen erbracht wurden, begründe das Merkmal des gewöhnlichen Arbeitsortes nicht. Dazu müsse quantitativ, also in zeitlicher Hinsicht, oder qualitativ, d. h. nach dem Inhalt der Tätigkeit, ein zentraler Ort, eine Regelmäßigkeit, ein Schwerpunkt zu bestimmen sein. Nach dem Vortrag der Beschwerdeführerin habe sie lediglich von dort aus Dienstfahrten begonnen und diese dort beendet. Ob sie an diesem Ort weitere Tätigkeiten ausgeführt habe, ergebe sich aus ihrem Vortrag nicht ansatzweise. Dies sei deshalb zu verneinen. Bei einem reisenden Vertriebsmitarbeiter lasse sich außer im Fall eines überwiegenden Tätigwerdens an ein und demselben Ort regelmäßig kein gewöhnlicher Arbeitsort feststellen. Der von der Beschwerdeführerin gegen den am 22. Juli 2008 zugestellten Beschluss am 25. Juli 2008 eingelegten „sofortigen Beschwerde” hat das Arbeitsgericht nicht abgeholfen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die von der Beschwerdeführerin eingelegte „sofortige Beschwerde” ist nicht statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen. Zwar hätte das Arbeitsgericht den Rechtsstreit mit der von ihm angeführten Begründung nicht verweisen dürfen. Ein Rechtsmittel zum Landesarbeitsgericht sieht das Verfahrensrecht indessen nicht vor.

1. Die Begründung des Arbeitsgerichts trägt die Verneinung seiner örtlichen Zuständigkeit nicht. Zwar sind die Ausführungen zum Gerichtsstand des Erfüllungsortes vertretbar. Sie entsprechen einer in der Instanzrechtsprechung verbreiteten Ansicht (zum Streitstand vgl. etwa GK-ArbGG-Wenzel Stand Juli 2008 § 2 Rn. 240). Mit den gesetzlichen Vorgaben nicht vereinbar ist dagegen die Verneinung des Gerichtsstands des gewöhnlichen Arbeitsortes. Nach § 48 Abs. 1 a S. 1 ArbGG ist für Streitigkeiten aus einem Arbeitsverhältnis auch das Arbeitsgericht zuständig, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer seine Arbeit gewöhnlich verrichtet oder zuletzt gewöhnlich verrichtet hat. Ist ein Arbeitsort in diesem Sinne nicht feststellbar, ist nach § 48 Abs. 1 a S. 2 ArbGG das Arbeitsgericht örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus der Arbeitsnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet oder zuletzt verrichtet hat. Nach der Gesetzesbegründung soll durch diese Regelung Arbeitnehmern durch Gewährleistung eines naheliegenden Gerichtsstands die Prozessführung erleichtert werden, die wie Außendienstmitarbeiter ihre Arbeitsleistung fern vom Sitz des Arbeitgebers oder dem Ort einer Niederlassung des Arbeitgebers erbringen (BR-Dr. 820/07 S. 13 f).

Dementsprechend ist der Wohnort eines Außendienstmitarbeiters jedenfalls dann der Ort, von dem aus er im Sinne von § 48 Abs. 1 a S. 2 ArbGG gewöhnlich seine Arbeit verrichtet, wenn er dort in gewissem Umfang Arbeitsleistungen erbringt. So genügt es, wenn Außendienstmitarbeiter in einem Home-Office ihre Geschäftsreisen vor- oder nachbereiten oder Berichte über diese verfassen (allgemeine Ansicht, etwa GK-ArbGG-Bader a.a.O. § 48 Rn. 93 c; Francken/ Natter/Rieker NZA 2008/377, 378; Bergwitz NZA 2008/443, 445). Einen bestimmten Mindestumfang m...

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