Entscheidungsstichwort (Thema)
Unanfechtbarkeit eines fehlerhaften Verweisungsbeschlusses
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach § 17a Abs. 2 Satz 3 GVG und § 48 Abs. 1 Nr. 1 ArbGG sind Beschlüsse über die örtliche Zuständigkeit unanfechtbar, so dass die Fehlerhaftigkeit eines Verweisungsbeschlusses grundsätzlich hinzunehmen und nicht anfechtbar ist; das gilt auch dann, wenn er offensichtlich fehlerhaft ist.
2. Von einer greifbaren Gesetzeswidrigkeit ist nur bei krassen Rechtsverletzungen auszugehen, die eine Durchbrechung der gesetzlichen Bindungswirkung ausnahmsweise zulassen können wie etwa dann, wenn der Beschluss dazu führen würde, dass sich die Verweisung bei Auslegung und Anwendung der maßgeblichen Normen in einer nicht mehr hinnehmbaren und willkürlichen Weise von dem verfassungsrechtlichen Grundsatz des gesetzlichen Richters entfernt oder auf der Versagung rechtlichen Gehörs gegenüber den Verfahrensbeteiligten beruhen könnte, so dass er insgesamt unter Berücksichtigung elementarer rechtstaatlicher Grundsätze nicht mehr verständlich erscheinen, offensichtlich unhaltbar sein und sich folglich als Beleg willkürlicher Rechtsfindung herausstellen würde.
3. Kommt das Arbeitsgericht im Einzelfall unter Berücksichtigung des Sachvortrags des Klägers, dass er am Firmensitz der Beklagten nur zweimal tätig geworden ist, zu dem Ergebnis, dass der Parteivortrag insgesamt widersprüchlich ist, mag die Schlussfolgerung, dass der Kläger auch vor Ort am Sitz der Beklagten arbeitet, zwar rechtsfehlerhaft sein; angesichts nicht widerspruchsfreier Darlegungen des Klägers kann allerdings nicht davon ausgegangen werden, dass das Arbeitsgericht den Sachvortrag des Klägers oder die seiner Beurteilung zugrundeliegenden Normen in einer nicht mehr hinnehmbaren und willkürlichen Weise ausgelegt hat, die unter Berücksichtigung elementarer rechtstaatlicher Grundsätze nicht mehr verständlich erscheint, offensichtlich unhaltbar ist und sich letztlich als Beleg willkürlicher Rechtsfindung herausstellt, so dass von einer offensichtlich Fehlerhaftigkeit und greifbaren Gesetzeswidrigkeit des Verweisungsbeschlusses nicht ausgegangen werden kann.
Normenkette
ArbGG § 48 Abs. 1a; GVG § 17a; ArbGG § 48 Abs. 1 Nr. 1; GVG § 17a Abs. 2 S. 3
Verfahrensgang
ArbG Hamm (Entscheidung vom 04.06.2013; Aktenzeichen 1 Ca 1228/13) |
Tenor
Die außerordentliche Beschwerde des Klägers gegen den Verweisungsbeschluss des Arbeitsgerichts Hamm vom 04.06.2013 - 1 Ca 898/13 - wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Gründe
I. Der in B1 wohnhafte Kläger fordert von der Beklagten mit Sitz in E1 die Zahlung von 1.122,75 €. Seine unter dem 13.05.2013 erhobene Klage richtete er an das Arbeitsgericht Hamm und führte dazu aus, er sei bei der Beklagten vom 01.05.2012 bis zum 31.08.2012 als Außendienstmitarbeiter beschäftigt gewesen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 14.05.2013 hat das Arbeitsgericht darauf hingewiesen, dass nach dem Vorbringen des Klägers das Arbeitsgericht Heilbronn örtlich zuständig sei, worauf der Kläger mitgeteilt hat, er habe von zu Hause aus gearbeitet und sei als Außendienstmitarbeiter in verschiedenen Bezirken tätig gewesen. Mit weiterem Gerichtsschreiben vom 21.05.2013 hat das Arbeitsgericht ausgeführt, dass jedenfalls das Arbeitsgericht Hamm nicht zuständig sei, sich allerdings eine Zuständigkeit des Arbeitsgerichts Dortmund unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags nach § 48 Abs. 1a ArbGG ergeben könnte.
Die Beklagte hat vorgetragen, es möge sein, dass der Kläger mit verschiedenen Kunden Termine von zu Hause aus vereinbart habe. Sämtliche weitere Arbeiten, insbesondere Angebote und Aufträge, seien vom Büro der Beklagten aus erledigt worden. Der Kläger habe seine Arbeit auch nicht im Bezirk des Arbeitsgerichts Dortmund verrichtet.
Mit Beschluss vom 29.05.2013 hat das Arbeitsgericht dem Kläger aufgegeben, bis zum 12.06.2013 darzulegen, welche Tätigkeiten er von seinem häuslichen Arbeitsplatz ausgehend durchgeführt habe. Der Kläger hat daraufhin behauptet, er habe seine Tätigkeiten immer von zu Hause aus aufgenommen, da das ihm zugewiesene Verkaufsgebiet Nordrhein-Westfalen gewesen sei. Terminabsprachen hätten aus seinem Home-Office stattgefunden. Die Außendiensttage hätten ihren Startpunkt immer an seiner Hausanschrift genommen. Die Arbeiten, z. B. Angebote und Aufträge, seien vom Büro der Beklagten ausgeführt worden, da dies von der Beklagten so gewünscht worden sei. Im Büro der Beklagten an deren Firmensitz sei er insgesamt nur 2 Tage gewesen, nämlich am 2. und 3. Mai 2013 zur Einarbeitung. Außerdem habe er mit Beendigung seiner Tätigkeit für die Beklagte in der Nähe des Firmensitzes seine Arbeitsmittel abgegeben. Er sei daher der Auffassung, § 48 Abs. 1a ArbGG sei einschlägig, weshalb er beantrage, den Rechtsstreit an das zuständige Arbeitsgericht Dortmund zu verweisen.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat sich das Arbeitsgericht Hamm für örtlich unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht Heilbronn verwiesen. Daz...