Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellungsadressat im Nachprüfungsverfahren gemäß § 120a ZPO. Rechtsfolgen der Zustellung an die Partei selbst. Zulässigkeit der Nachholung der Zustellung an den Prozessbevollmächtigten
Leitsatz (amtlich)
Zustellungen im Nachprüfungsverfahren des § 120a ZPO haben gemäß § 172 Abs. 1 ZPO an den Prozessbevollmächtigten der Partei zu erfolgen, sofern dieser die Partei bereits im Bewilligungsverfahren vertreten hat (im Anschluss an BGH 11.05.2016, XII ZB 582/15, und BAG 19.07.2006, 3 AZB 18/06)
Die im Nachprüfungsverfahren versäumte Zustellung der Aufforderung zur Mitwirkung an den Prozessbevollmächtigten der Partei ist im Beschwerdeverfahren nicht nachholbar, weil Gegenstand der Überprüfung im Beschwerdeverfahren die Rechtmäßigkeit des Beschlusses ist, mit dem die Bewilligung der Prozesskostenhilfe gemäß §§ 120, 124 ZPO a.F. aufgehoben/abgeändert wurde.
Für die Durchführung des PKH-Prüfungsverfahrens ist das Gericht zuständig (§ 120a Abs. 1 ZPO), dies ist dem Rechtspfleger gemäß §§ 3 Nr. 3, 20 Abs. 1 Nr. 4 c RPflG übertragen. Eine weitere Übertragung durch den Rechtspfleger ist nicht vorgesehen.
Normenkette
ZPO a.F. §§ 120, 124; ZPO § 329 Abs. 2, § 172 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 07.09.2015; Aktenzeichen 14 Ca 1631/14) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 07. September 2015 - 14 Ca 1631/14 - aufgehoben.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Im Beschwerdeverfahren wendet sich der frühere Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden: Kläger) gegen die Aufhebung der zunächst bewilligten Prozesskostenhilfe.
Mit Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten hat der Kläger am 05. März 2014 vor dem Arbeitsgericht Klage erhoben. Im Gütetermin am 04. April 2014 hat sie für den Kläger Prozesskostenhilfe beantragt. Anschließend hat er eine nicht unterzeichnete Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu den Akten gereicht. Mit Beschluss vom 11. April 2014 wurde ihm ratenfreie Prozesskostenhilfe unter Beiordnung seiner Prozessbevollmächtigten bewilligt.
Am 04. April 2014 haben die Parteien den Rechtsstreit mit einem Vergleich beendet.
Auf Veranlassung des Rechtspflegers wurde der Kläger mit formlos übersendeten Schreiben vom 05. Juni 2015 gebeten, den beigefügten Vordruck "Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse" bis zum 03. Juli 2015 ausgefüllt zurück zu senden. Eine Durchschrift davon wurde an die Prozessbevollmächtigte des Klägers gesendet (vgl. Bl. 22 und 23 des Beihefts). Hierauf meldete sich die Prozessbevollmächtigte und teilte u. a. mit, dass der Kläger am Existenzminimum lebe. Nach einer elektronischen Auskunft des Einwohnermeldeamtes im Juni 2015 ist der Kläger im Oktober 2015 aus seiner ursprünglichen Wohnung in der A Straße in Frankfurt am Main ausgezogen und wohnte in der B Straße in Frankfurt am Main. Auf Veranlassung des Rechtspflegers wurde der Kläger unter seiner neuen Adresse mit formlos übersendetem Schreiben vom 28. Juli 2015 letztmalig aufgefordert, die gewünschte Erklärung bis zum 28. August 2015 abzugeben und darauf hingewiesen, dass er mit der Aufhebung der Prozesskostenhilfe rechnen müsse, wenn er der Erklärungspflicht nicht nachkomme. Eine Durchschrift davon wurde an die Prozessbevollmächtigte des Klägers gesendet (vgl. Bl. 30 des Beihefts).
Mit Beschluss vom 07. September 2015 hat der Rechtspfleger den Beschluss über die bewilligte Prozesskostenhilfe aufgehoben (Bl. 31 des Beihefts). Dieser Beschluss wurde der Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich ihres Empfangsbekenntnisses am 09. September 2015 förmlich zugestellt.
Mit Schriftsatz, der am 11. September 2015 bei Gericht eingegangen ist, hat die Prozessbevollmächtigte eine vom Kläger unterzeichnete Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen zur Akte gereicht. Dies wurde vom Rechtspfleger als sofortige Beschwerde gewertet. Nach mehrfacher Verlängerung gesetzter Frist hat der Rechtspfleger mit Beschluss vom 19. November 2015 der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen (Bl. 42 des Beihefts) und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht vorgelegt.
Im Beschwerdeverfahren hat der Kläger über seine Prozessbevollmächtigte im Januar 2016 nochmals eine unterzeichnete Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, Gehaltsabrechnung, einen Darlehensvertrag, Kontoauszüge und ein Schreiben an die Stadt Frankfurt am Main zur Akte gereicht.
II. Die gemäß § 11 Abs. 1 RPflG, § 11a ArbGG, § 78 Satz 1 ArbGG, § 127 Abs. 2 Satz 2 und 3 ZPO §§ 567 ff. ZPO, zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.
Der Aufhebungsbeschluss des Arbeitsgerichts vom 07. September 2015 ist aufzuheben, weil vor seinem Erlass eine ordnungsgemäße Beteiligung des Klägers im Nachprüfungsverfahren gemäß §§ 124, 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO nicht stattgefunden hat. Eine Aufforderung zur Abgabe einer Erklärung nach § 120a Abs. 1 Satz 3 ZPO, ob eine Änderung de...