Entscheidungsstichwort (Thema)
Beisitzervergütung in Einigungsstellen
Leitsatz (amtlich)
1. Ein „Zwang” zur Beisitzer-Vergütung „nach individuell zu handhabenden Kriterien” ist vom Zwecke des § 76 a BetrVG nicht gedeckt.
2. Vielmehr bleibt es insoweit im Kern bei der bisherigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, wonach ein Beisitzer seinen Honoraranspruch am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und an billigem Ermessen im Sinne des § 315 BGB zu orientieren hat.
3. Eine 7/10-Beisitzer-Vergütung entspricht jedenfalls dann billigem Ermessen und den Erfordernissen des § 76 a BetrVG, wenn sie sich an einer zeitaufwandsbezogenen Vorsitzenden-Vergütung, die der Arbeitgeber akzeptiert und abgerechnet hat, orientiert.
Normenkette
BetrVG § 76a
Verfahrensgang
ArbG Offenbach am Main (Beschluss vom 18.01.1991; Aktenzeichen 1 BV 58/90) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Offenbach/M. von 18.01.1991 – 1 BV 58/90 – wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten haben erstinstanzlich über die Verpflichtung der Antragsgegnerin gestritten, an den Antragsteller als Honorar für dessen Beisitzertätigkeit in der Einigungsstelle zur Regelung der Arbeitszeit im Betrieb … Frühjahr/Sommer 1990 DM 11.248,00 (einschließlich Mehrwertsteuer) nebst 4 % Zinsen seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Antragsgegnerin hatte mit dem Vorsitzenden der Einigungsstelle nach dessen Zeitaufwand für insgesamt fünf Sitzungen nebst Vorbereitung und Spruch-Begründung DM 14.000,00 abgerechnet.
Daran orientiert haben die Beisitzer der Arbeitnehmerseite – entsprechend einer Zusage des Betriebsrats – 7/10 des Vorsitzenden-Honorars nebst Mehrwertsteuer verlangt.
Die Antragsgegnerin hat diese Forderung mit der Begründung abgelehnt, zunächst müsse der Antragsteller im Hinblick auf die gesetzliche Neuregelung in § 76 a BetrVG einen Zeitaufwand und eventuellen Verdienstausfall dartun. Eine pauschale Honorarfestsetzung als v.H. Satz des Vorsitzenden-Honorars sei mit der gesetzlichen Neuregelung nicht (mehr) vereinbar.
Ergänzend wird wegen des sonstigen erstinstanzlich ermittelten Streitstoffs auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 23/24 d. A.) verwiesen.
Das Arbeitsgericht hat dem Antrag aus den im einzelnen aus Bl. 24 bis Bl. 26 d. A. ersichtlichen Gründen, für die auf den Akteninhalt Bezug genommen wird, in vollem Umfang stattgegeben.
Mit ihrer hiergegen gerichteten Beschwerde verfolgt die Antragsgegnerin die Antragszurückweisung als Verfahrensziel weiter und beantragt ferner mit Rücksicht auf die zwischenzeitlich durchgeführte Zwangsvollstreckung, den Antragsteller zur (Rück-) Zahlung von DM 11.547,45 nebst 8 % Zinsen aus DM 11.495,45 seit dem 26. Februar 1991 und aus DM 52,00 seit dem 16. April 1991 zu verpflichten.
Sie hält die Erstentscheidung bereits aus Rechtsgründen für fehlerhaft. Die gesetzliche Neuregelung weise die Beisitzervergütung als eine solche für die individuelle Tätigkeit des jeweiligen Beisitzers aus, wobei mit sämtlichen gesetzlich angeführten Kriterien (Zeitaufwand, Schwierigkeit der Angelegenheit und Verdienstausfall) eben auf die konkrete Situation beim einzelnen abgestellt werde. Danach verbiete sich, was das Erstgericht verkannt habe, jede Pauschalierung. Beisitzervergütung sei nach der Neuregelung „reine Leistungsvergütung”. Insbesondere könne es nicht richtig sein, daß der vom Betriebsrat zugezogene Gewerkschaftssekretär als Beisitzer genau so vergütet werde wie ein ebenso vom Betriebsrat zugezogener Rechtsanwalt. Letzterer habe in aller Regel seine Büro- und Personalkosten weiterzutragen, wahrend dies beim Gewerkschaftssekretär als Beisitzer in aller Regel nicht der Fall sei.
Der weitere Antrag rechtfertige sich aus der schikanös durchgeführten Zwangsvollstreckung nebst den dadurch entstandenen Vollstreckungskosten und dem Umstand, daß die Antragsgegnerin ständig mit Bankkredit, und zwar mit einem Mindestzins in der verlangten Höhe, arbeite.
Der Antragsteller beantragt Beschwerde Zurückweisung und meint, eine pauschale Honorarberechnung sei auch nach der gesetzlichen Neuregelung nicht ausgeschlossen. Wie das Landesarbeitsgericht München richtig entschieden habe, könne das mit dem Vorsitzenden der Einigungsstelle abgerechnete Honorar – insbesondere, wenn es nach dem Zeitaufwand desselben festgelegt und bezahlt worden sei – nach wie vor als Indiz für eine angemessene Beisitzer-Vergütung dienen.
Demgegenüber halt die Antragsgegnerin an Ihrer Auffassung fest, daß ohne Darlegung von Anknüpfungstatsachen die gesetzlichen Honorar-Bemessungskriterien nicht anwendbar seien und mithin der Anspruch des Antragstellers der Höhe nach nicht feststellbar sei. Deshalb sei der Antrag unschlüssig.
Ergänzend wird wegen des übrigen Streitstoffs im Beschwerderechtszug auf den sonstigen in diesem Verfahrensabschnitt entstandenen Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Beschwerde ist zulässig aber unbegründet.
Die Beschwerderichter folgen dem Erstgeric...