Entscheidungsstichwort (Thema)
Vergleichsgebühr. Anspruch eines Anwalts auf eine Vergleichsgebühr
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch des Anwalts auf eine Vergleichsgebühr entsteht nur dann, wenn auch in der Sache ein Nachgeben beider Parteien vorliegt, nicht, wenn es sich im Ergebnis um einen vollen Erfolg einer Partei handelt.
Normenkette
BGB § 779; BRAGO § 23 Abs. 1, § 25 Abs. 2, § 123 Abs. 1, § 128
Verfahrensgang
ArbG Kassel (Entscheidung vom 05.09.2000; Aktenzeichen 6 Ca 271/00) |
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts in Kassel vom 5. September 2000 – 6 Ca 271/00 – wird zurückgewiesen.
Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Beklagte hatte das Arbeitsverhältnis mit dem schwerbehinderten Kläger ohne vorherige Zustimmung der Hauptfürsorgestelle am 30. Mai 2000 zum 30. Juni 2000 gekündigt. Gegen diese Kündigung hat der Kläger, vertreten durch den Antragsteller, die vorliegende Kündigungsschutzklage erhoben. Das Arbeitsgericht hat dem Kläger mit einem Beschluss vom 4. Juli 2000 Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung unter Beiordnung des Antragstellers bewilligt. In der Güteverhandlung am 4. Juli 2000 haben die Parteien übereinstimmend mitgeteilt, dass der Beklagte die Kündigung unter dem 29. Juni 2000 zurückgenommen habe; der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat erklärt, dass er die Rücknahme annehme. Daraufhin haben die Parteien die folgende, als „Vergleich” bezeichnete Erklärung abgegeben:
„1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass die von dem Beklagten erklärte Kündigung vom 30. Mai 2000 zum 30. Juni 2000 gegenstandslos ist.
2. Damit ist der vorliegende Rechtsstreit erledigt.
3. die außergerichtlichen Kosten trägt jede Partei selbst; die evtl. Kosten des Gerichts werden geteilt.”
Das Gericht unterbreitete für das Verfahren einen Streitwertvorschlag von 15.462,00 DM (Bl. 12 d. A.)
Der Antragsteller hat beantragt, die ihm danach aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung unter Ansatz einer Prozess-, einer Erörterungs- und einer Vergleichsgebühr in Höhe von jeweils 465,00 DM und der Telekommunikationspauschale nebst Umsatzsteuer auf 1.664,60 DM festzusetzen (Bl. B-4 d. A.). Der Rechtspfleger des Arbeitsgerichts als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle hat dem entsprochen (Bl. B-4 R d. A.), die gegen die Festsetzung der Erörterungs- und der Vergleichsgebühr erhobenen Einwendungen des Bezirksrevisors (Bl. B-5 d. A.) nach Anhörung des Antragstellers (Schriftsatz vom 18. August 2000, Bl. B-6 bis B-8 d. A.) als Erinnerung angesehen, dieser mit Beschluss vom 22. August 2000 nicht abgeholfen (Bl. B-9 d. A.) und die Sache der Vorsitzenden des Arbeitsgerichts vorgelegt. Diese hat nach erneuter Anhörung (Bl. B-12 d. A.) des Antragstellers (Schriftsatz vom 9. September 2000, Bl. B-14 und B-15 d. A.) teilweise dahingehend abgeholfen, dass dem Antragsteller eine Vergleichsgebühr nicht zu vergüten sei (Bl. B-18 d. A.).
Gegen diesen Beschluss des Arbeitsgerichts hat der Antragsteller unter Bezugnahme auf die Auffassung des Urkundsbeamten und seine Schriftsätze im Rahmen der Anhörung am 25. September 2000 bei dem Arbeitsgericht Beschwerde eingelegt (Bl. 18 d. A.) mit dem Antrag
in Abänderung des Beschlusses vom 5. September 2000 auch die Vergleichsgebühr gem. § 23 BRAGO als teil der Prozesskostenhilfe-Vergütung festzusetzen.
Das Arbeitsgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 25. September 2000 nicht abgeholfen und die Sache dem Hessischen Landesarbeitsgericht zur Entscheidung vorgelegt.
Zu dem Inhalt der genannten Entscheidungen und Schriftstücke im übrigen und im einzelnen wird auf die angegebenen Blätter der Akte Bezug genommen.
II. 1. Die gem. §§ 128 Abs. 4 BRAGO, 78 Abs. 1 ArbGG statthafte Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Arbeitegerichts in Kassel vom 5. September 2000 – 6 Ca 271/00 – ist auch im übrigen zulässig, insbesondere formgerecht eingelegt worden, §§ 569 ZPO.
2. Die Beschwerde kann aber keinen Erfolg haben, weil sie unbegründet ist. Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Festsetzung und Vergütung der von ihm begehrten Vergleichsgebühr in Höhe einer vollen Gebühr gem. §§ 23 Abs. 1 Satz 3, 123 Abs. 1 BRAGO von 465,00 DM nebst 16 v. H. Umsatzsteuer, § 25 Abs. 2 BRAGO, zusammen in Höhe von 539,40 DM, aus der Staatskasse, weil er diese nicht verdient hat. Die Parteien haben in der Güteverhandlung am 4. Juli 2000 vor dem Arbeitsgericht keinen Vergleich im Sinne von § 23 Abs. 1 BRAGO geschlossen.
Die Parteien haben nicht den Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis im Wege gegenseitigen Nachgebens beseitigt, § 779 BGB. Dazu genügt es nämlich nicht, wenn die Parteien Erklärungen abgeben, die sie als „Vergleich” bezeichnen. Es muss sich auch inhaltlich um eine beiderseitiges Nachgeben handeln, wobei sich das Nachgeben auf Tatsachenbehauptungen oder gegebene oder vermeintliche Rechtspositionen der Parteien im Bezug auf die in der Vergleich einbezogenen Gegenstände oder Nebenforderungen, z. B. Zi...