Entscheidungsstichwort (Thema)

Wertfestsetzung gem. § 10 BRAGO. Klage auf Auskunft und Entschädigung

 

Leitsatz (amtlich)

Zur Bewertung von Klagen auf Auskunft und Entschädigung der Sozialkassen (unter Aufgabe der bisherigen Kammerrechtsprechung: 80 % der mutmaßlichen Beiträge)

 

Normenkette

ArbGG § 61 Abs. 2 S. 1; ZPO § 3; GKG a.F. § 19 Abs. 1 Sätze 2-3

 

Verfahrensgang

ArbG Wiesbaden (Beschluss vom 22.07.2004; Aktenzeichen 3 Ca 2797/03)

 

Tenor

Die Beschwerde des Bezirksrevisors vom 30. Juli 2004 gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts W. vom 22. Juli 2004 – 3 Ca 2797/03 –, der das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 13. August 2004 nicht abgeholfen hat, wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

I.

Der Kläger, die G., hat den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner neben der Beklagten zu 1) zunächst auf Auskunft betreffend gewerbliche Arbeitnehmer (für die Monate von Juli 2002 bis Juli 2003 einschließlich) in Anspruch genommen und zunächst weiter beantragt, die Beklagte zu 1) und den Beklagten zu 2) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn im Falle nicht fristgerechter Auskunftserteilung eine Gesamtentschädigung in Höhe von DM 25.151,65 Euro zu zahlen, wobei er ausweislich der Rückseite der Klageschrift (Blatt 1 d.A.) davon ausgegangen ist, dass der Entschädigungsbetrag sich auf etwa 80 % der Beiträge für den streitbefangenen Zeitraum beläuft.

Mit Schriftsatz vom 05. April 2004 (Blatt 83/84 d.A.) – eingegangen beim Arbeitsgericht am 06. April 2004 – hat der Kläger vor dem Kammertermin die Klage bezüglich des Zeitraums von Januar 2003 bis einschließlich Juli 2003 (Entschädigungssumme insoweit: 13.543,25 Euro) zurückgenommen. Im Übrigen (betreffend den Zeitraum von Juli bis Dezember 2002 einschließlich mit einer Entschädigungssumme von 11.608,50 Euro) ist der Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt worden.

Auf den Wertfestsetzungsantrag der Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2), dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden war, hat das Arbeitsgericht mit Beschluss vom 22. Juli 2004 den Wert nach Anhörung des Bezirksrevisors für das Verfahren bis zum 06. April 2004 auf 25.151,65 Euro und für die Zeit danach auf 11.608,50 Euro festgesetzt. Es hat zur Begründung ausgeführt, der Wert der Auskunft belaufe sich auf 80 % der mutmaßlichen Beiträge, also den Betrag der eingeklagten Entschädigungssumme. Für die Gründe im Einzelnen wird auf Blatt 114/115 d.A. Bezug genommen.

Gegen den ihm am 28. Juli 2004 zugestellten Beschluss hat der Bezirksrevisor mit am 05. August 2004 beim Arbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz (Blatt 118 d.A., worauf Bezug genommen wird) Beschwerde eingelegt.

Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten zu 2) treten der Beschwerde entgegen (vgl. den Schriftsatz vom 26. August 2004 = Blatt 125/126 d.A.).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde des Bezirksrevisors hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Verfahrenswert für die Zeit bis zum 06. April 2004 ist vom Arbeitsgericht zutreffend festgesetzt worden.

Grundsätzlich werden Auskunftsklagen nach dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers bewertet (§ 3 ZPO), wobei zumeist ein Teilwert der Hauptsache (zumeist 1/10 bis ¼; dazu mit weit. Nachw. aus der Rechtsprechung Musielak/Heinrich, ZPO, 4. Aufl., § 3 Rz. 22 „Auskunft”; vgl. auch BAG Urteil vom 27. August 1986 – 4 AZR 280/85 – AP Nr. 70 zu § 1 TVG Tarifverträge: Bau) angesetzt wird. Maßgebend ist, in welchem Maße die Durchsetzbarkeit der Hauptansprüche des Klägers von der Erteilung der Auskunft durch den Beklagten abhängt. Das Interesse ist also um so höher zu bewerten, je geringer die Kenntnisse des Klägers über die zur Begründung des Hauptanspruchs maßgeblichen Tatsachen sind (Musielak/Heinrich, a.a.O.; BAG Urteil vom 27. August 1986, a.a.O.).

Die Kammer hatte sich seit den Beschlüssen vom 24. November 2000 – 15 Ta 367/00 und 368/00 – bezüglich der Auskunfts- und Entschädigungsklagen der Z. auf den Standpunkt gestellt, schon angesichts der Praxis der Mindestbeitragsklagen sei es lediglich angemessen, den Wert der Auskunftsklagen auf ¼ der mutmaßlichen entsprechenden Beiträge festzusetzen. Hieran kann angesichts des Urteils des Bundesarbeitsgerichts vom 28. Juli 2004 – 10 AZR 580/03 – nicht mehr festgehalten werden. Nach dieser Entscheidung geht das Bundesarbeitsgericht erkennbar nach wie vor (so das bereits zitierte BAG-Urteil vom 27. August 1986, a.a.O.) davon aus, dass der Wert der Auskunftsklage sich auf 80 % der mutmaßlichen Beiträge beläuft: dieser Wert ist mithin identisch mit dem eingeklagten Entschädigungsbetrag.

Für den Entschädigungsantrag gemäß § 61 Abs. 2 Satz 1 ArbGG – die Regelung entspricht der in § 510 b ZPO – wird ganz überwiegend die Ansicht vertreten, daß der Entschädigungsantrag den Gesamtstreitwert nicht erhöht (Germelmann/Matthes/Prütting/Müller-Glöge, ArbGG, 5. Aufl., § 61 Rz. 33 mit weit. Nachw.; Musielak/Wittschier, ZPO, 4. Aufl., § 510 b Rz. 3; hingegen für Erhöhung um einen Bruchteil des Entschädigungsbetrages LG Karlsruhe MDR 1987, 60 mit ablehnender Anm. Schneider). Damit würde es in jede...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?