Entscheidungsstichwort (Thema)

Einheitlicher Betrieb

 

Leitsatz (amtlich)

1. Das Verfahren zur Betriebsstatusklärung nach § 18 Abs. 2 BetrVG hat nur wahlvorbereitenden Charakter. Es dient nicht der reinen Kompetenzklärung unter Betriebsräten, sofern nicht eine die Betriebsstruktur Verändernde Entscheidung des Arbeitgebers vorausgegangen ist (Entgegen BAG Endscheidung vom 25.11.1980, 6 ABR 52/79, AP Nr. 3 zu § 18 BetrVG 1972).

2. Wegen der dem geäußerten Wählerwillen und den durch diesen legitimierten Betriebsräten zu gewährleistenden Rechtssicherheit sind an die Befugnis zur Einleitung eines Beschlußverfahrens, das lediglich zur Klärung von Kompetenzen unter Betriebsräten oder zur Klärung der zutreffenden Betriebsgröße – ohne eine vorausgegangene, die Betriebsstruktur ändernde Maßnahme des Arbeitgebers – geführt werden soll, besondere Anforderungen zu stellen.

3. Zu verlangen ist im Sinne einer zusätzlichen Filterfunktion bei der Antragsbefugnis, daß der antragstellende Betriebsrat schlüssige Umstände dafür darlegt, daß seine Interessen an der Klärung der Kompetenzen und/oder der zutreffenden Betriebsgröße die gegenteiligen Existenz – oder Kompetenzinteressen der anderen vom Antrag unmittelbar betroffenen Betriebsräte offensichtlich überwiegen („Offensichtlichkeits”-Prüfung, § 98 Abs. 1 Satz 2 ArbGG entspr.)

 

Normenkette

BetrVG § 18 II

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Beschluss vom 09.03.1987; Aktenzeichen 7 BV 13/86)

 

Nachgehend

BAG (Beschluss vom 25.10.1989; Aktenzeichen 7 ABR 89/88)

 

Tenor

Die Beschwerde des Betriebsrats des Wahlbezirks I und des Gesamtbetriebsrats gegen den Beschluß des Arbeitsgerichts Kassel vom 09.03.1987 – 7 BV 13/86 – wird zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten streiten darüber, ob eine Reihe der vom Beteiligten zu 2) (B., eingetragener Verein der freien W.) gebildeten und getragenen Einrichtungen im Bezirksbereich H.-N. der A. W. (A.) einen einheitlichen Betrieb bilden.

Der Beteiligte zu 1) ist einer der Antragsteller (ASt.) und der von Betriebsräten in Einrichtungen des Beteiligten zu 2) im Bezirksbereich gebildete Gesamtbetriebsrat. Der Beteiligte zu 3) ist weiterer Antragsteller und ist als einheitlicher Betriebsrat (BR) des W. von Beschäftigten in Einrichtungen, die der Beteiligte zu 2) in K. und näherer Umgebung betreibt, gewählt. Die Beteiligten zu 3) bis 10) sind die Betriebsräte in räumlich weiter von K., dem Sitz des Beteiligten zu 2), entfernt liegenden, aber vom Beteiligten zu 2) betriebenen Einrichtungen (A., K., B.).

Der Beteiligte zu 7) (früher: Beteiligter zu 8) (BR des A. S.) verfolgt einen eigenen Antrag auf, Feststellung der betrieblichen Eigenständigkeit des A. Altenheims in S.

Neben dem satzungsmäßig eigenständigen Beteiligten zu 2) sind mit einer eigenen Satzung selbständige Kreisverbände eingerichtet, die z.T. als eingetragene Vereine arbeiten, und deren Geschäftsführer und Mitarbeiter teils ehrenamtlich, teils als Angestellte des Beteiligten zu 2) tätig sind. Die Mitarbeiter und der Geschäftsführer des A-Kreisverbandes S.-E. sowie die A.-Kreisverbandsgeschäftsführer der Kreise H.-R., und M.-S. und L. haben 1987 zum Beteiligten zu 3) mitgewählt (Bl. 355 d.A.).

Wegen des erstinstanzlich festgestellten Streitstoffs wird auf den tatbestandlichen Teil des angefochtenen Beschlusses (Bl. 203–211 d.A.) verwiesen.

Das Arbeitsgericht hat den Antrag der Beteiligten zu 1) und 3) (sowie des zweitinstanzlich nicht mehr bestehenden BR des Altenheims K.-N., früher Beteiligter zu, 10), vgl. Bl. 260 d.A.), abgewiesen und auf den Antrag des Beteiligten zu 7) festgestellt, daß das Altenheim S. als selbständiger Betrieb gelte. Wegen der hierfür gegebenen Gründe wird auf Bl. 211–218 d.A. Bezug genommen.

Hiergegen hat zunächst der Beteiligte zu 3) (BR des A.-W.) Beschwerde eingelegt, der sich der Beteiligte zu 1) mit gleichem Beschwerdeantrag angeschlossen hat (Bl. 284 d.A.). Die Beschwerdeführer rügen zunächst, das Arbeitsgericht habe zu unrecht eine von K. räumlich weite Entfernung für das Altenheim S. angenommen (80 km = 1 gute Autofahrstunde) und im übrigen auch zu Unrecht die Geschäftsstelle des Beteiligten zu 2) für den Hauptbetrieb gehalten, letzterer sei die gesamte nordhessische Region. Rechtsfehlerhaft sei ferner, daß das Erstgericht den, Antrag der ASt, als notwendig einheitlichen aufgefaßt habe und nicht als jeweils bezeichneten Betriebsbereich ggfs. auch nur teilweise zurückgewiesen im übrigen aber positiv beschieden habe. In der Sache sei es auch gerechtfertigt, den Zuständigkeitsbereich des W., der schon jetzt 25 Einrichtungen umfasse, in einem letztlich räumlich nur unerheblichen Umfang auszudehnen.

Dabei gehe es darum, am Sitz der Verbandsleitung einen starken BR einzurichten, der am „Ort des, Geschehens” die Entscheidungen des Arbeitgebers verfolgen und beeinflussen könne. Durch die weitere Freistellung eines BR-Mitgliedes sei auch die sachgerechte Betreuung der weiter von K. wegliegenden Einrichtungen zu gewährleisten. Schließlich müsse auch...

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