Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Bezeichnung der geltend gemachten Forderung im Mahnbescheid. Zulässigkeit der Bezugnahme auf außergerichtliche Mahnschreiben mit Aufstellungen über Bruttolohnsummen. Anforderungen an die Substantiierung von Beitragsforderungen im Sozialkassenverfahren im Baugewerbe nach Einleitung des streitigen Verfahrens
Leitsatz (amtlich)
1. Die ULAK ist grundsätzlich berechtigt, bei Beantragung eines Mahnbescheids auf außergerichtliche Mahnschreiben u.ä. zu verweisen. Dazu gehören auch Aufstellungen über Bruttolohnsummen.
2. Nach Widerspruch und Überleitung in das streitige Verfahren ist der Kläger aber gehalten, seine Klageforderung unter dem Gesichtspunkt der Bestimmtheit nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu spezifizieren. D.h., er muss monatsweise aufschlüsseln, welche Beiträge er seiner Gesamtklage zugrunde legt.
Normenkette
ZPO § 253 Abs. 2 Nr. 2, §§ 322, 335 Abs. 1 Nr. 3, § 690 Abs. 1 Nr. 3, § 697 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 02.08.2017; Aktenzeichen 4 Ca 1349/16) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 2. August 2017 - 4 Ca 1349/16 - aufgehoben.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt die Beklagte.
Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
A. Die Parteien streiten in der Beschwerdeinstanz über die Frage, ob das Arbeitsgericht einen Antrag des Klägers auf Erlass eines zweiten Versäumnisurteils zu Recht zurückgewiesen hat.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien im Baugewerbe. Auf der Grundlage des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV), der in der Vergangenheit regelmäßig für allgemeinverbindlich erklärt worden ist, hat er von der Beklagten Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für dem Zeitraum September bis November 2015 in Höhe von 1.884,36 Euro geltend gemacht. Der Anspruch ist zunächst im Mahnverfahren erhoben worden. Der Mahnbescheidantrag enthält den Hinweis, dass es sich um "gemeldete" Beiträge handele.
Auf dieser Grundlage ist am 7. Juli 2016 ein Vollstreckungsbescheid erlassen worden. Nach den Angaben des Klägers hat sich die Klageforderung zwischenzeitlich durch Zahlung auf einen Betrag in Höhe von 627,73 Euro reduziert.
In der mündlichen Verhandlung vom 20. Juli 2017 erteilte der Vorsitzende der Kammer den Hinweis, dass die Bestimmtheit der (ursprünglichen) Klageforderung problematisch sein dürfte, da nicht ersichtlich sei, wie sich der vom Kläger geltend gemachte Gesamtbetrag in Höhe von 1.884,36 Euro monatsweise zusammensetze. Daraufhin überreichte der Klägervertreter eine Aufstellung über die Zusammensetzung der Forderung. Der Kläger beantragte ferner in dem Termin, den Einspruch gegen den Vollstreckungsbescheid vom 7. Juli 2016 in Höhe eines Betrags von 627,73 Euro zu verwerfen und erklärte im Übrigen die Klageforderung für erledigt, da der Restbetrag am 30. Mai 2016 gezahlt worden sei. Ferner beantragte er den Erlass einer Säumnisentscheidung. Das Arbeitsgericht beraumte einen Verkündungstermin an. In diesem wurde am 7. August 2017 ein Beschluss verkündet, mit dem der Antrag auf Erlass eines zweiten Versäumnisurteils zurückgewiesen wurde.
In dem Beschluss hat das Arbeitsgericht zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Antrag auf Erlass eines Versäumnisurteils sei zurückzuweisen, da der Beklagten ein entscheidungserhebliches Vorbringen nicht rechtzeitig vor dem Termin mitgeteilt worden sei. Das relevante tatsächliche Vorbringen im Sinne von § 335 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sei in der Erklärung des Klägers zu sehen, dass er für den Monat Oktober 2015 noch einen Betrag von 15,42 Euro und für den Monat Oktober 2015 noch einen Betrag in Höhe von 612,31 Euro begehre. Die Aufschlüsselung der Klageforderung sei erforderlich gewesen, da die Klage zuvor nicht hinreichend bestimmt gewesen sei. Bei einer aus mehreren Einzelansprüchen zusammengesetzten Klage müsse erkennbar sein, aus welchen Einzelforderungen sich die "Gesamtklage" zusammensetze. Für Klagen des Klägers gegen Inhaber von Baubetrieben bedeutet dies, dass der Kläger vortragen müsse, für welchen Beitragsmonat er welche Beitragssumme geltend mache. Etwas anderes folge auch nicht daraus, dass es sich um gemeldete Beiträge der Beklagten selbst handele. Es bestünde die Gefahr, dass der Kläger später weitere Beträge für die streitgegenständlichen Monate einfordere. Es handele sich um eine sog. "verdeckte" Teilklage, bei der eine Aufschlüsselung der Beiträge nach Beitragsmonaten wie bei jeder anderen Teilklage erforderlich sei. Der Einspruch des Beklagten sei zulässig, die Urheberschaft der Beklagten sei eindeutig zumindest durch Auslegung festzustellen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Beschlusses der ersten Instanz wird Bezug genommen auf Bl. 27 - 34 der Akte.
Dieser Beschluss ist dem Kläger am 21. August 2017 zugestellt worden. Am 4. September 2017 hat der Kläger sofortige Beschwerde eingelegt. In seiner Beschwerdebegründung vertritt er die Auffassu...