Entscheidungsstichwort (Thema)

Ordnungsgeld. Verhältnismäßigkeit der Höhe eines Ordnungsgelds

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Vertretung einer zum persönlichen Erscheinen geladenen Partei durch einen Rechtsanwalt setzt voraus, dass dieser Kenntnisse über die den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Vorgänge und die betrieblichen Verhältnisse besitzt, die denen der persönlich geladenen Partei entsprechen.

2. Beim erstmaligen Ausbleiben einer Partei kann ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 200 Euro verhängt werden.

 

Normenkette

ZPO §§ 141, 380; StPO § 473

 

Verfahrensgang

ArbG Darmstadt (Beschluss vom 13.03.2007; Aktenzeichen 11 Ca 229/06)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 13. März 2007 – 11 Ca 229/06 – unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen zum Teil abgeändert und folgendermaßen neu gefasst:

Gegen den Geschäftsführer der Beklagten wird ein Ordnungsgeld in Höhe von 200,00 EUR (in Worten: Zweihundert und 00/100 Euro) festgesetzt.

Der Beschwerdeführer trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes in Höhe von 300 EUR.

Der Beschwerdeführer ist Geschäftsführer der Beklagten des Ausgangsverfahrens. Er erschien trotz der Anordnung seines persönlichen Erscheinens zum Gütetermin vom 21. Dezember 2006 ohne vorherige Entschuldigung nicht. Aus diesem Anlass setzte das Arbeitsgericht das Ordnungsgeld fest. In dem Festsetzungsbeschluss stellte das Arbeitsgericht fest, das Ausbleiben des Beschwerdeführers habe die Aufklärung des Sachverhalts erschwert. Gegen den am 29. März 2007 durch Ersatzzustellung in den Geschäftsräumen der Beklagten des Ausgangsverfahrens zugestellten Beschluss legte der Beschwerdeführer am 28. März 2007 sofortige Beschwerde ein. Er rügt, er sei durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten des Ausgangsverfahrens vertreten gewesen. Dieser sei zum Abschluss eines Vergleichs ermächtigt gewesen, nur nicht zu dem, den der Kläger sich vorgestellt habe. Der Beschwerdeführer rügt weiter die Höhe des Ordnungsgeldes. Im ersten Termin werde gegen eine säumige Partei üblicherweise nur ein Ordnungsgeld von maximal 100 EUR festgesetzt. Das Arbeitsgericht half der Beschwerde mit der Begründung nicht ab, es stehe nicht fest, dass der Bevollmächtigte der Beklagten des Ausgangsverfahrens tatsächlich gemäß § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO bevollmächtigt gewesen sei. Er habe selbst den Eindruck erweckt, dass er mit dem Erscheinen des Beschwerdeführers noch rechne und nicht wisse, warum dieser ausblieb. Trotz einer entsprechenden Aufforderung habe er auf eine Bevollmächtigung nicht hingewiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde ist teilweise begründet.

1. Zu Unrecht wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen seines unentschuldigten Nichterscheinens im Termin vom 21. Dezember 2006. Das Arbeitsgericht war dazu gemäß §§ 51 Abs. 1 ArbGG, 141 Abs. 3 S. 1, 380 Abs. 1 S. 1 ZPO befugt. Demgegenüber wendet der Beschwerdeführer zu Unrecht ein, er sei im Sinne von § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO hinreichend durch den Prozessbevollmächtigten der Beklagten des Ausgangsverfahrens vertreten gewesen. Dies hätte erfordert, dass der Prozessbevollmächtigte zur Abgabe der gebotenen Erklärungen und zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage gewesen wäre. Beide Voraussetzungen müssen nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut kumulativ vorliegen. Eine Vertretung durch einen Rechtsanwalt setzt damit voraus, dass dieser Kenntnisse über die den Gegenstand des Rechtsstreits bildenden Vorgänge und die betrieblichen Verhältnisse besitzt, die denen der persönlich geladenen Partei entsprechen (ständige Rechtsprechung der erkennenden Kammer, vgl. nur Hess. LAG 01. November 2005 – 4 Ta 475/05 – AR-Blattei ES 160.7 Nr. 227, zu II 4; 11. Mai 2006 – 4 Ta 243/06 – AuR 2006/415 L, zu II 2). Hier kann unterstellt werden, dass der Verfahrensbevollmächtigte der Beklagten des Ausgangsverfahrens ausreichend bevollmächtigt war. Der Beschwerdeführer ist jedenfalls der Feststellung des Arbeitsgerichts, dass das Ausbleiben des Beschwerdeführers die Sachverhaltsaufklärung erschwert habe, nicht entgegengetreten. Dieser Umstand genügt auch bei hinreichender Bevollmächtigung zur Festsetzung eines Ordnungsgeldes.

2. Dagegen war die Festsetzung eines zweihundert Euro überschreitenden Ordnungsgeldes ermessenfehlerhaft. Der gesetzliche Rahmen für die Bemessung des Ordnungsgeldes liegt gemäß § 6 Abs. 1 EGStGB zwischen fünf und eintausend Euro. Maßgeblich für die Bestimmung der konkreten Höhe des Ordnungsgeldes ist das Ausmaß des persönlichen Verschuldens der erschienen Partei (Hess. LAG 16. Februar 2006 – 4 Ta 20/06 – AuR 2006/175 L, zu II 2; 19. September 2006 – 4 Ta 388/06 – n. v., zu II 1; Leipold in Stein/Jonas ZPO 22. Aufl. § 141 Rn 52, 54). Daneben sind die finanziellen Verhältnisse der Partei zu berücksichtigen (LAG Düsseldorf 01. März 1993 – 7 T...

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