Entscheidungsstichwort (Thema)

Urteilszustellung von Amts wegen

 

Leitsatz (amtlich)

Das Gebot der Zustellung im Amtsbetrieb gilt ausnahmslos für alle Urteile von Gerichten für Arbeitssachen, da § 50 Absatz I Satz 1 ArbGG keinerlei Einschränkungen für irgendwelche Arten von Urteilen enthält.

 

Normenkette

ArbGG § 46 Abs. 2 S. 1, § 50 Abs. 1 S. 1; ZPO § 270 Abs. 1, § 750 Abs. 1 S. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 31.05.1985; Aktenzeichen 13 Ca 466/84)

 

Tenor

1) Der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 31. Mai 1985 – 13 Ca 466784 – wird auf die sofortige Beschwerde der Beklagten aufgehoben.

2) Dieser Beschluß ergeht gerichtsgebührenfrei.

 

Gründe

Im arbeitsgerichtlichen Verfahren werden Zustellungen grundsätzlich von Amts wegen vorgenommen (§ 46 Absatz II Satz 1 ArbGG in Verbindung mit § 270 Absatz I ZPO). Dies gilt auch für Urteile, für die in der Spezialnorm des § 50 Absatz I Satz 1 ArbGG ausdrücklich angeordnet wird, daß diese von Amts wegen zugestellt werden. Eine im Parteibetrieb erfolgte Zustellung ist unwirksam (vgl. Grunsky, Kommentar zum ArbGG, 4. Auflage, S. 259, RZ 1 zu § 50). Das Urteil vom 17. Januar 1985 ist erst am 27. Juni 1985 der beklagten Firma von Amts wegen zugestellt worden. Die am 15. März 1985 vorgenommene Zustellung einer abgekürzten Urteilsausfertigung im Parteibetrieb (Bl. 68 ff) ist mithin nicht als rechtswirksam anzusehen. Aufgrund dieser unwirksamen Zustellung hätte eine Zwangsvollstreckung nicht betrieben werden dürfen.

§ 50 Absatz I Satz 1 ArbGG enthält keinerlei Einschränkungen für irgendwelche Arten von Urteilen. Das Gebot der Zustellung im Amtsbetrieb gilt daher ausnahmslos für alle Urteile von Gerichten für Arbeitssachen. § 750 Absatz I Satz 2 ZPO ist insoweit nicht anzuwenden, zumal die Vorschriften der Zivilprozeßordnung nur dann entsprechend gelten, wenn das Arbeitsgerichtsgesetz nichts anderes bestimmt (§ 46 Absatz II Satz 1 ArbGG).

Der angefochtene Beschluß vom 31. Mai 1985 war somit aufzuheben, da es im Zeitpunkt seines Erlasses an einer ordnungsmäßigen Zustellung des Titels fehlte. Da die Streitteile sich im Vergleich vom 28. August 1985 (Bl. 119 f d.A.) auch über den vom Kläger eingeklagten Weiterbeschäftigungsanspruch geeinigt haben und der Kläger von einer weiteren Zwangsvollstreckung absieht, entfällt eine Vollstreckungsmöglichkeit auch wegen der Erledigung des streitig gewesenen Anspruchs.

Da die Beklagte mit ihrer Beschwerde Erfolg hatte, entfällt die Erhebung von Gerichtsgebühren. Eine weitere Beschwerde findet gemäß § 78 Absatz II ArbGG gegen diesen Beschluß nicht statt.

 

Unterschriften

gez. Dr. Müller, gez. Bay, gez. v.d. Nahmer

 

Fundstellen

Dokument-Index HI968554

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