Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Beschluss vom 15.10.1997; Aktenzeichen 6 Ca 6097/97) |
Tenor
Auf die sofortige Bescnwerde der Beklagten wird der Beschluß des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 15.10.1997 – 6 Ca 6097/97 – aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist unzulässig.
Der Rechtsstreit wird an das zuständige Amtsgericht Bad Homburg v. d. H. verwiesen.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
Die Beklagte wendet sich im Beschwerdewege gegen einen die Zuständigkeit der Gerichte für Arbeitssachen bejahenden Beschluß des Arbeitsgerichts.
Der Kläger ist bei der Beklagten als Masseur und medizinischer Bademeister beschäftigt. Mit Mietvertrag vom 20.02.1979 vermietete die Beklagte mit Rücksicht auf das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien an den Kläger und dessen Ehefrau eine 4-Zimmer-Wohnung. Im Mietvertrag vereinbart wurde, daß Miete und Nebenkosten bei der Lohnzahlung einbehalten werden.
Mit seiner Klage verlangt der Kläger von der. Beklagten Zahlung von 621,91 DM mit der Begründung, die Beklagte habe ab Dezember 1995 bis einschl. Mai 1996 monatlich 33,43 DM und seit Juni 1996 bis Juli 1997 monatlich 32,41 DM zu viel Miete zuzüglich umlagenvorauszahlung von seinem Gehalt einbehalten.
Die Beklagte hat den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen mit der Begründung gerügt, bei der vom Kläger bewohnten Wohnung handele es sich um eine Werkmietwohnung, im übrigen habe der Kläger der Mieterhöhung zugestimmt.
Das Arbeitsgericht hat mit Beschluß vom 15.10.1997 den Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen für zulässig erklärt.
Gegen diesen ihr am 22.10.1997 zugestellten Beschluß hat die Beklagte mit einem am 27.10.1997 beim Beschwerdegericht eingegangenen Schriftsatz sofortige Beschwerde eingelegt, mit der sie ihre Rechtsauffassung, wonach die Arbeitsgerichte nicht zuständig seien, vertieft.
Der Kläger verteidigt den angefochtenen Beschluß.
Im übrigen wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Die sofortige Beschwerde ist an sich statthaft (§ 48 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit § 17 a Abs. 4 Satz 2 GVG), sowie form- und fristgerecht eingelegt worden (§§ 77 Abs. 1 ArbGG, 577 ZPO). Die Beschwerdeentscheidung konnte durch den Vorsitzenden der Beschwerdekammer allein ergehen. Denn die lückenhafte Regelung des Beschwerdeverfahrens im Arbeitsgerichtsgesetz ist um den entsprechend anzuwendenden § 53 ArbGG zu ergänzen (vgl. BAG 10.12.1992 AP Nr. 4 zu § 17 a GVG).
In der Sache hat die sofortige Beschwerde Erfolg. Denn nicht die Gerichte für Arbeitssachen, sondern die ordentlichen Gerichte sind für den vorliegenden Rechtsstreit zuständig.
Eine Zuständigkeit der Arbeitsgerichte ergibt sich nicht aus § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG. Denn bei dem Rechtsstreit zwischen den Parteien handelt es sich nicht um eine bürgerliche Rechtsstreitigkeit zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber aus dem Arbeitsverhältnis, sondern um eine bürgerlich rechtliche Streitigkeit über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über wohnraum. Für einen derartigen Streit sind die Amtsgerichte ausschließlich zuständig (§ 23 Nr. 2 a GVG).
Haben Mietvertragsparteien, die gleichzeitig Arbeitsvertragsparteien sind, wie im vorliegenden Fall, die Erfüllung der Mietzinsschuld in der Form vereinbart, daß der Vermieter und Arbeitgeber den Zins von der Arbeitsvergütung einbehält, handelt es sich um eine, ohne weiteres rechtlich zulässige antizipierte vertragliche Aufrechnung der Mietzinsforderung gegen die Entgeltforderung (vgl. BAG 01.08.1959 AP Nr. 1 zu § 392 BGB; BAG 15.05.1974 AP Nr. 2 zu § 387 BGB). Freilich erlischt die Entgeltforderung nur in Höhe der Mietzinsforderung, die dem Vermieter und Arbeitgeber rechtlich zusteht. Behält daher der Vermieter und Arbeitgeber – wie hier nach Ansicht des Klägers – eine höhere als die geschuldete Mietzinsforderung ein, und fordert der Arbeitnehmer den seines Erachtens zu viel einbenaltenen Betrag, so scheint er rückständiges Arbeitsentgelt zu verlangen und damit Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis im sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbCG geltend zu machen. Eine derartige Sicht greift jedoch zu kurz. Denn sie blendet den Sinn und Zweck des § 23 Nr. 2 a GVG aus und übersieht zudem, daß für die aus dem zur klagebegründung vorgetragenen Sachverhalt hergestellte Rechtsfolge Rechtssätze des Mietrechts prägend sind. Das begründet die ausschließliche Zuständigkeit der Amtsgerichte.
Erkennbares gesetzgeberisches Ziel des § 23 Nr. 2 a GVG ist es, alle bürgerlich rechtlichen Streitigkeiten aus einem Mietverhältnis über wohnraum ausschließlich den Amtsgerichten zuzuweisen. Das zeigt der Wortlaut der entsprechenden Bestimmung. Dieser Zweckrichtung des Gesetzgebers ist bei der Auslegung der Zuständigkeitregelung des § 2 Abs. 1 Nr. 3 a ArbGG einerseits und des § 2 Nr. 2 a GVG andererseits Rechnung zu tragen. Denn im Rahmen einer Auslegung gesetzlicher Bestimmungen können einzelne Begriffe nicht herausgegriffen und selbständig interpretiert werden. Der einzelne Begriff ist regelmäßig nämlich nur Teil eines Regelungsprogrammes und ...