Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitbestimmung des Betriebsrats bei Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer Personalserviceeinheit nach Wegfall des bisherigen Arbeitsplatzes. Begriff der Versetzung im Sinne von §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG
Leitsatz (redaktionell)
Wird ein Arbeitnehmer, dessen bisherige Tätigkeit weggefallen ist, zum Zweck seiner Weiterqualifizierung und zu seiner Vermittlung auf einen neuen Arbeitsplatz nach dem Wegfall seiner Tätigkeit einer Personalserviceeinheit zugeordnet, in deren Rahmen er sich Weiterbildungsmaßnahmen unterziehen sowie Bewerbungsmaßnahmen und sog. Projekteinsätze leisten muss, liegt nicht bereits in seiner Zuordnung zu der Serviceeinheit eine Versetzung im Sinne der §§ 99, 95 Abs. 3 BetrVG. Eine Versetzung kann erst vorliegen, wenn ein vom Arbeitgeber zugewiesener einzelner Projekteinsatz die Voraussetzungen von § 95 Abs. 3 BetrVG erfüllt.
Orientierungssatz
Parallelverfahren zu Hess. LAG - 4 TaBV 133/16
Normenkette
BetrVG §§ 95, 99
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Entscheidung vom 19.01.2016; Aktenzeichen 9 BV 19/15) |
Tenor
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Be& schluss des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 19. Januar 2016 - 9 BV 19/15 - wird zurückgewiesen.
Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über acht personelle Maßnahmen.
Die antragstellende Arbeitgeberin ist ein IT/TK-Dienstleister und gehört zum Konzern der A AG. Der zu 2) beteiligte Betriebsrat B repräsentiert auf der Grundlage eines Zuordnungstarifvertrages die regelmäßig mehr als zwanzig in der Region Südhessen/West Rheinland-Pfalz von der Arbeitgeberin beschäftigten Arbeitnehmer. Im Jahr 2015 führte die Arbeitgeberin eine umfangreiche Personalab- und -umbaumaßnahme durch. Grundlage der Maßnahme bildet die zwischen der Arbeitgeberin und dem bei ihr gebildeten Gesamtbetriebsrat unter dem 29. April 2014 geschlossene "Rahmenvereinbarung zu den Transformationsprogrammen T-Systems 2015+" (nachfolgend RV). Diese hat den Charakter eines Rahmeninteressenausgleichs und -sozialplans. Die RV enthält unter anderem folgende Regelungen:
"§ 6
Grundprinzip der sozialverträglichen Umsetzung
Die Personalanpassungen, die sich aus den Festlegungen gemäß § 4 sowie den betriebsändernden Maßnahmen gemäß § 5 ergeben, sollen sozialverträglich umgesetzt werden. Um dies zu ermöglichen, ist neben der Bereitstellung von Beschäftigungsalternativen und fluktuationsunterstützenden Instrumenten auch ein auf die vom Arbeitsplatzwegfall betroffenen Beschäftigten fokussiertes Veränderungsmanagement sowie eine grundsätzliche Veränderungsbereitschaft seitens der Beschäftigten erforderlich.
...
§ 7
Grundprinzipien zur Durchführung personalbestandsreduzierender Maßnahmen
(1) Sofern durch eine betriebsändernde Maßnahme eine Personalbestandsreduzierung erfolgen soll, ist in dem Interessenausgleich (§ 5) u. a. die bestandsreduzierende Maßnahme, der Umfang der Bestandsreduzierung, die hiervon betroffene(n) Organisationseinheit(en) und die zeitliche Durchführung festzulegen.
(2) Die Festlegung der Beschäftigten, die von einem Arbeitsplatzwegfall durch eine Maßnahme gemäß Absatz (1) betroffen sind, erfolgt durch das nachfolgend beschriebene Verfahren, das die Businessanforderungen und die betrieblichen Belange berücksichtigt, aber auch die sozialen Aspekte der Beschäftigten mit beachtet. Bei dem nachstehend beschriebenen Verfahren handelt es sich nicht um eine Vorauswahl im Sinne des TV Ratio.
(3) Soweit ein Beschäftigter im Rahmen seiner kollektivrechtlichen bzw. individuellen Wochenarbeitszeit ausschließlich Aufgaben wahrnimmt, die durch eine Maßnahme gemäß Absatz (1) wegfallen (Prinzip der Voll-Betroffenheit), führt dies bei Beschäftigten zum Wegfall seines Arbeitsplatzes. Eine Auswahl unter weiteren Beschäftigten erfolgt nicht.
(4) Soweit ein Beschäftigter, im Rahmen seiner kollektivrechtlichen bzw. individuellen Wochenarbeitszeit nur teilweise Aufgaben wahrnimmt, die durch eine Maßnahme gemäß Absatz (1) wegfallen (Prinzip der Teil-Betroffenheit), ist die Auswahl zur Festlegung bei welchen Mitarbeitern der Arbeitsplatz bestehen bleibt und bei welchen Beschäftigten der Arbeitsplatz wegfällt unter allen Beschäftigten durchzuführen, die mit diesen weggefallenden Aufgaben (Absatz (1) beschäftigt und somit teilbetroffen sind. Das Auswahlverfahren richtet sich nach den Festlegungen gemäß § 8.
(5) Über die Beschäftigten, deren Arbeitsplatz durch eine betriebsändernde Maßnahme nach Durchlaufen des Verfahrens nach Absatz (3) bzw. Absatz (4) in Verbindung mit § 8 weggefallen ist, wird der jeweils zuständige regionale Betriebsrat in Listenform informiert.
(6) Um das Grundprinzip der sozialvertraglichen Umsetzung zu unterstützen und ein auf die vom Arbeitsplatzwegfall betroffenen Beschäftigten fokussiertes Veränderungsmanagement sicherzustellen, wird innerhalb der C zeitlich befristet ein "Job Service und Placement" eingerichtet und durchgeführt (§ 9). Ein Übergang der nach Absatz (3) bzw. (4) betroffenen Beschäftigten in die Betreuung von "Job Servi...