Leitsatz (amtlich)
Wirksame vertragliche Altersgrenze, wonach ein Flugzeugführer, der auf Großflugzeugen des gewerblichen Luftfrachtverkehrs eingesetzt wird, ohne Übergangsversorgung mit Vollendung des 60. Lebensjahres aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet
Normenkette
LuftBO in der bis 31.08.1998 geltenden Fassung § 41 Abs. 1 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Darmstadt (Urteil vom 27.10.1999; Aktenzeichen 9 Ca 135/98) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Darmstadt vom 27.10.1999 – 9 Ca 135/98 – wird zurückgewiesen, soweit das Arbeitsgericht die Anträge des Schriftsatzes des Klägers vom 17.07.1998 (Bl. 34, 91, 96 d.A.) abgewiesen hat. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer vertraglich vereinbarten Altersgrenze. Der am 14.03.1938 geborene Kläger stand seit dem 01.04.1990 aufgrund des Arbeitsvertrages vom 20.02.1990 (siehe Bl. 10– 16 d.A.) als Flugzeugführer in der Funktion des ersten Offiziers (siehe Bl. 34 d.A.) in den Diensten der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der …. In § 10 des Arbeitsvertrages vom 20.02.1990 ist unter der Überschrift „Altersbegrenzung/Rentenzahlung” bestimmt:
„Der Arbeitsvertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn der Mitarbeiter das 65. Lebensjahr vollendet hat.
Soweit ein Gesetz oder eine Verordnung den fliegerischen Einsatz über ein bestimmtes Alter hinaus durch eine zwingende oder eine Soll-Bestimmung nicht gestattet, endet der Arbeitsvertrag, ohne dass es einer Kündigung bedarf, wenn der Mitarbeiter das dort bestimmte Alter erreicht. Gemäß § 41 Abs. 1 der Betriebsordnung für Luftfahrtgerät soll derzeit ein fliegerischer Einsatz bei einem Alter von über 60 Jahren nicht erfolgen, so dass der Arbeitsvertrag mit Vollendung des 60. Lebensjahres endet, soweit diese oder eine entsprechende Vorschrift zu jenem Zeitpunkt noch zu beachten ist.
Das Arbeitsverhältnis endet ferner, ohne dass es einer Kündigung bedarf, mit dem Ablauf des Monats, in dem der Mitarbeiter einen Bescheid des Trägers der Sozialversicherung über die Feststellung dauernder Erwerbs- oder Berufsunfähigkeit erhält. Der Mitarbeiter ist verpflichtet, der GCS unverzüglich nach Zugang des Bescheides hiervon Mitteilung zu machen.”
Der mit der Beklagten am 23.01.1996 abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält unter „7. Altersbegrenzung” folgende Regelung:
„(1) Der Arbeitsvertrag endet, ohne dass es einer Kündigung bedarf, in dem Monat, in dem Herr … das 60. Lebensjahr vollendet hat.
(2) Soweit Herr Aps in seinem vorherigen Arbeitsvertrag eine abweichende Regelung hatte, so gilt diese.”
Mit Schreiben vom 21.01.1998 teilte die Beklagte dem Kläger mit näherer Begründung (siehe Bl. 23, 24 d.A.) mit:
„… Derzeit müssen wir annehmen, dass ein Einsatz über das sechzigste Lebensjahr hinaus nicht möglich ist, da uns von einigen europäischen Behörden bereits entsprechend lautende Äußerungen vorliegen. …”
Sie blieb trotz der vom Kläger unter dem 23.02.1998 erhobenen Gegenvorstellungen (siehe Bl. 25, 26 d.A.) bei dieser Ansicht und bedeutete dem Kläger mit Schreiben vom 27.02.1998 (siehe Bl. 27 d.A.):
„… hiermit bestätigen wir Ihnen die Beendigung Ihres Arbeitsverhältnisses als Flugzeugführer mit unserer Gesellschaft mit Ablauf des 31.03.1998 unter Bezugnahme auf die entsprechenden arbeitsvertraglichen und behördlichen Regelungen….”
Mit seiner seit dem 27.03.1998 anhängigen, am 24.04.1998 zugestellten Klage, hat sich der Kläger dagegen zur Wehr gesetzt. Gestützt auf die Stellungnahme des Bundesministeriums für Verkehr vom 22.12.1997 (siehe Bl. 28, 29 d.A.) hat er die Ansicht vertreten, dass die von der Beklagten in Bezug genommenen bisherigen Gerichtsentscheidungen (siehe Bl. 33 d.A.) für ihn nicht einschlägig seien. Der Arbeitsvertrag der Parteien ende erst, wenn der Kläger das 65. Lebensjahr vollendet habe. Für den ersten Offizier der Cockpit-Besatzung gebe es weder national noch international ein rechtliches Hindernis für eine weitere fliegerische Tätigkeit über das 60. Lebensjahr hinaus. § 41 Abs. 1 Satz 2 der LuftBO sei am 14.03.1998 in der Praxis, da eindeutig nicht mehr zeitgemäß, nicht mehr angewandt worden. Der Regelungsgehalt des § 10 Abs. 2 des Arbeitsvertrages und seine Bezugnahme auf § 41 Abs. 1 Satz 2 LuftBO bedeute im Ergebnis, dass ein Ausnahmetatbestand von einer Ermessensentscheidung oder von der allgemeinen Akzeptanz einer Bestimmung abhänge, so dass das Arbeitsende des Klägers von Zufälligkeiten abhängig sei. Das aber sei mit Recht und Billigkeit nicht zu vereinbaren. Die vertragliche Altersbegrenzung werde auch durch sachliche Gründe nicht getragen. Durch die wesentlich bessere medizinische Versorgung und Diagnostik seien heute wesentlich exaktere und verlässlichere Aussagen über die Verwendbarkeit von Flugzeugführern nach Vollendung des 60. Lebensjahres möglich, als dies noch vor 5–10 Jahren der Fall gewesen sei. Deshalb habe d...