Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausgleich von Rentenabschlägen. 55er Regelung VW. Geschäftsgrundlage
Leitsatz (amtlich)
Die Arbeitnehmer, die gemäß der „Altersregelung 1995” bei der VW AG ausgeschieden sind, können keinen Ausgleich der Rentenabschläge verlangen, die nach dem Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung (WFG) vom 13. September 1996 entstehen.
Leitsatz (redaktionell)
Hinweis der Geschäftsstelle
Das Bundesarbeitsgericht bittet, sämtliche Schriftsätze in siebenfacher Ausfertigung bei ihm einzureichen.
Normenkette
BGB § 242
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts in Kassel vom11. Dez. 1997 – 6 Ca 172/97 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von der Beklagten Ausgleich von Abschlägen bei seiner gesetzlichen Rente, die nach dem Gesetz zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung vom 13. September 1996 (WFG) entstanden.
Der am 09. September 1941 geborene Kläger war seit dem 19. September 1960 bis zum 31. März 1996 im Werk B. der Beklagten beschäftigt.
Bei der Beklagten wurde eine sog. „55er Regelung” praktiziert, bei der die Arbeitsverhältnisse der Arbeitnehmer dieser Altersgruppe und älter durch Aufhebungsvertrag oder arbeitgeberseitige Kündigung beendet wurden. Die Arbeitnehmer erhielten von der Beklagten dabei ergänzende Leistungen zum Arbeitslosengeld und zum vorgezogenen Altersruhegeld nach Langzeitarbeitslosigkeit im Rahmen einer als Betriebsvereinbarung abgeschlossenen Versorgungsordnung.
Im Herbst 1995 wurden Planungen der Bundesregierung bekannt, der Belastung der Arbeitslosen- und Rentenversicherung durch derartige, in der Industrie weit verbreitete Frühverrentungen entgegenzuwirken.
Im Oktober 1995/November 1995 informierte die Beklagte im Werk B. die Arbeitnehmer von der Beklagten über die „55er Regelung” für den Geburtsjahrgang 1941 und älter. Dabei ging es insbesondere auch um die von der Regierung beabsichtigten Abschläge bei Frühverrentung.
Unter dem 15. November 1995 richtete die Beklagten an den Vorsitzender des GBR einen Brief zur „Altersregelung 1995” (Bl. 5 d.A.), in dem es u. a. heißt:
„1. Sofern die beabsichtigte Gesetzesänderung bei der gesetzlichen Altersrente zu Rentenabschlägen führt, die über die im Rentenreformgesetz 1992 festgelegten Abschläge hinausgehen, wird die Volkswagen AG die ggf. eintretende Rentenminderung im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ausgleichen. Dieser Ausgleich wird ab Bezugszeitpunkt der gesetzlichen Altersrente monatlich gezahlt.”
In einer internen Mitteilung der Beklagten vom 16. November 1995 (Bl. 4 d.A.) an die Leiter des Personalwesens, mit der sich der Gesamtbetriebsrat durch Unterschrift ausdrücklich einverstanden erklärt hatte, heißt es unter Verweis auf das Schreiben an den Gesamtbetriebsrat:
„3. Sofern für diese Personenkreise über das RRG'92 hinausgehende Rentenminderungen eintreten könnten, werden diese im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung ausgeglichen.”
Der Kläger nahm an einer Veranstaltung der Beklagten teil, in der diese Schreiben bekanntgemacht wurden und auf ihrer Basis über die Möglichkeit der Frühverrentung unterrichtet wurde.
Der Kläger schied aufgrund betriebsbedingter Kündigung der Beklagten vom 21. November 1995 zum 31. März 1996 aus deren Diensten. Unmittelbar im Anschluss an die Kündigung teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass er mit dem Ausscheiden, Leistungen nach der Betriebsvereinbarung „Altersregelung 1994” erhält (Bl. 90 d.A.).
Im Frühjahr 1996 vereinbarten die Beklagte und der Gesamtbetriebsrat eine Änderung der Versorgungsordnung. Danach werden für Mitarbeiter, die im Rahmen der bis 31. Dezember 1995 gültigen Beendigungsregelung ausschieden und die nach dem 13. Februar 1996 das 55 Lebensjahr vollendet haben „die aufgrund des „Gesetzes zur Förderung des gleitenden Übergangs in den Ruhestand” eintretenden Abschläge in der gesetzlichen Rentenversicherung im Rahmen der Versorgungsordnung aufgefangen”.
Am 15. April 1996 brachte die Bundesregierung den Entwurf des „Gesetzes zur Förderung eines gleitenden Übergangs in den Ruhestand” (Altersteilzeitgesetz) in den Bundestag ein, das am 23. Juli 1996 sodann verkündet wurde. Danach wurde die Altersrente wegen Arbeitslosigkeit auf die Vollendung des 63. Lebensjahres heraufgesetzt, was zu einem Abschlag von 0,3 % für jeden Monat der früheren Inanspruchnahme führte. Diese Abschläge gleicht die Beklagte aus gemäß der Änderung der Versorgungserstreckung vom Frühjahr 1996.
Mit einem weiteren Gesetz, dem Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG), das im Mai 1996 in den Bundestag eingebracht und am 25. September 1996 verabschiedet wurde, kam es zu weiteren Einschränkungen in der gesetzlichen Rentenversicherung. Für alle vorgezogenen Altersrenten wurde darin die Regelaltersgrenze früher als im Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) heraufgesetz...