Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die gerichtliche Rechtsmissbrauchskontrolle befristet geschlossener Arbeitsverträge
Leitsatz (amtlich)
1. Im Rahmen einer vorzunehmenden Rechtsmissbrauchskontrolle sind bei der gebotenen Gesamtabwägung grundsätzlich alle zwischen den Arbeitsvertragsparteien geschlossenen befristeten Arbeitsverträge zu berücksichtigen.
2. Dies gilt auch für befristet geschlossene Arbeitsverträge zur vorübergehenden Vertretung für jeweils einige Tage aufgrund einer zwischen den Arbeitsvertragsparteien zuvor abgeschlossenen Rahmenvereinbarung "Verlässliche Schule" nach § 15a des Hessischen Schulgesetzes.
3. Lediglich geringfügige Unterbrechungen zwischen zwei befristet geschlossenen Arbeitsverträgen von nicht wesentlich mehr als sechs Monaten sind unschädlich.
Normenkette
BEEG § 21 Abs. 1; TzBfG § 14 Abs. 1 Sätze 1, 2 Nr. 3; HSchG § 15a
Verfahrensgang
ArbG Gießen (Entscheidung vom 31.01.2014; Aktenzeichen 10 Ca 233/13) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 31. Januar 2014 - Aktenzeichen 10 Ca 233/13 - wird als unzulässig verworfen, soweit die Klägerin Feststellung dahingehend begehrt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages der Parteien vom 19. Dezember 2012 unbefristet fortbesteht.
Im Übrigen wird die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Gießen vom 31. Januar 2014 - Aktenzeichen 10 Ca 233/13 - zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten der Berufung zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsrechtszug weiterhin über die Wirksamkeit einer Befristung und hilfsweise, für den Fall des Unterliegens mit der Befristungskontrollklage, über den unbefristeten Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages des Parteien vom 19. Dezember 2012.
Die 52-jährige (geboren am XXX ) Klägerin, die verheiratet und Mutter zweier Kinder ist, absolvierte ein Studium zur Diplom-Dolmetscherin für die Sprachen Englisch und Französisch sowie das Ersatzfach Volkswirtschaft. Da sie für die Sprache Französisch die mündliche Abschlussprüfung nicht bestand, erhielt die Klägerin kein Diplom. Die Klägerin schloss mit dem beklagten Land unter dem Datum des 24. August 2006 zunächst eine Rahmenvereinbarung, in der es auszugsweise wie folgt heißt:
Rahmenvereinbarung
Zwischen dem Lande Hessen, endvertreten durch den Leiter/die Leiterin der
A XXX -Schule in E,
Herrn B
und Herrn/Frau C (Klägerin) (im Folgenden: "Externe Vertretungskraft")
wird im Hinblick auf eine möglichst kurzfristige Unterrichtsvertretung auf der Grundlage von § 15a des Hessischen Schulgesetzes in Verbindung mit der Verordnung zur Sicherstellung der Verlässlichen Schule nach § 15a des Hessischen Schulgesetzes vom 21. Juli 2006 (ABl. S. 620) an der oben genannten Schule Folgendes vereinbart:
1. Zweck der Rahmenvereinbarung
Zur Vermeidung eines Unterrichtsausfalls, insbesondere auf Grund kurzfristiger, zeitlich begrenzter z.B. krankheitsbedingter Ausfälle von regulären Lehrkräften, werden an den Schulen des Landes Hessen Vertretungskräfte jeweils befristet für kurzfristige Unterrichtsvertretungen eingesetzt. Dazu werden bei den Schulen Pool-Listen geführt, auf denen die für eine kurzfristige Unterrichtsvertretung grundsätzlich in Betracht kommenden Vertretungskräfte aufgeführt sind.
Die externe Vertretungskraft ist auf der Pool-Liste für die oben genannte Schule geführt. Für den Fall des Zustandekommens einer kurzfristigen befristeten Unterrichtsvertretung vereinbaren die Vertragsparteien in dieser Rahmenvereinbarung nachfolgend die für das jeweilige befristete Arbeitsverhältnis geltenden allgemeinen Arbeitsbedingungen. Die externe Vertretungskraft verpflichtet sich, den Schulleiter oder die Schulleiterin zu informieren, falls sie bereits eine Rahmenvereinbarung für kurzfristige Unterrichtsvertretung an einer anderen Schule des Landes abgeschlossen hat. Eventuelle weitere Abschlüsse von Rahmenvereinbarungen wird sie dem Schulleiter oder der Schulleiterin unverzüglich anzeigen.
2. Keine Verpflichtung zum Abschluss eines Arbeitsvertrags
Die externe Vertretungskraft ist nicht verpflichtet, Angebote zur Übernahme einer kurzfristigen Unterrichtsvertretung anzunehmen. Ebenso besteht für die Schule bzw. das Land Hessen keine Verpflichtung, der externen Vertretungskraft bei einem kurzfristigen Ausfall einer regulären Lehrkraft eine kurzfristige Unterrichtsvertretung anzubieten.
3. Zustandekommen eines Arbeitsvertrages
Durch die Aufnahme in die Pool-Liste und den Abschluss dieser Rahmenvereinbarung wird kein Arbeitsverhältnis begründet. Ein Arbeitsvertrag kommt zwischen den Vertragsparteien jeweils erst durch ein schriftliches Angebot über eine kurzfristige Unterrichtsvertretung und dessen schriftliche Annahme durch die externe Vertretungskraft zustande. Dieser Arbeitsvertrag ist jeweils befristet für die Dauer des vereinbarten Einsatzzeitraums. Die externe Vertretungskraft verpflichtet sich, keinen Unte...