Entscheidungsstichwort (Thema)
Abhängigkeit
Leitsatz (amtlich)
Der die Arbeitnehmereigenschaft begründenden persönlichen Abhängigkeit steht nicht entgegen, daß der Betreffende Minderheitsgesellschafter der Arbeitgeber-GmbH ist.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; GmbHG § 45 ff.; TVG § 5 Abs. 4; VTV-Bau § 1 Abs. 2-3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 07.09.1988; Aktenzeichen 3 Ca 998/88) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten und früheren Beklagten zu 1) wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 7. September 1988 – 3 Ca 998/88 – teilweise abgeändert:
Die Klage gegen die Beklagte zu 1) wird abgewiesen.
Die Gerichtskosten I. Instanz tragen die Klägerin zu 70 v. H., die Beklagte zu 1) zu 30 v. H.; die außergerichtlichen Kosten der I. Instanz der Klägerin trägt diese zu 70 v. H., die der Beklagten zu 2) trägt diese selbst, die der Beklagten zu 1) trägt die Klägerin.
Die kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 1.266,27 DM festgesetzt.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten noch um einen Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte, die frühere Beklagte zu 1), auf Rückzahlung von Beiträgen für die Zeit von Februar 1983 bis November 1985.
Die Beklagte ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber in der Bundesrepublik Deutschland zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Im Klagezeitraum waren alle baugewerblichen Arbeitgeber verpflichtet, an die Klägerin für die von ihnen beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer Beiträge zu entrichten. Diese Verpflichtung richtet sich im Jahre 1983 nach § 2 Abs. 1 Nr. 6 des Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 12. November 1960 i.d.F. vom 10. November 1981, im Jahre 1984 nach § 12 Abs. 1 des gleichnamigen Tarifvertrages vom 19. Dezember 1983 in der ursprünglichen Fassung und im Jahre 1985 i.d.F. vom 12. Dezember 1984 (Verfahrenstarifvertrag, VTV). Von den Beiträgen in Höhe von 24 v. H. der Bruttolohnsumme für 1983, 24,7 v. H. für 1984 und 19,8 v. H. für 1985 verblieben der Beklagten nach Nr. I des Tarifvertrages über die Aufteilung des an die tariflichen Sozialkassen des Baugewerbes abzuführenden Gesamtbetrag vom 10. Januar 1983 i.d.F. vom 3. Mai 1983, vom 19. Dezember 1983 und vom 12. Dezember 1984 im Jahre 1983 0,95% Punkte, im Jahre 1984 0,65% Punkte und im Jahre 1985 2,75% Punkte. Diese Tarifverträge waren stets für allgemeinverbindlich erklärt. Die Klägerin unterhält und unterhielt im Klagezeitraum einen Betrieb für Tiefbau und Erdkabelverlegung. Sie entrichtete 1983 für die beiden damaligen aufgrund von Arbeitsverträgen beschäftigten … und …, die sich zu mehr als 50 v.H. der betrieblichen Gesamtarbeitszeit mit dem Aushub von Kabelgräben und deren Wiederverfüllung sowie der Wiederherstellung der Oberfläche betätigten, und ab 1984 für einen von beiden Sozialkassenbeiträge für Arbeiter an die Beklagte, von der dieser 1.266,27 DM für den Klagezeitraum verblieben. Gesellschafter der Klägerin waren deren Gründung unter dem Namen … (Verhandlungsprotokoll Bl. 48 d.A.) durch Gesellschaftsvertrag (GV) vom 26. Juli 1977 (Bl. 49–57 d.A.) gem. § 3 GV nach dem Stammkapital von 20.000,– DM … und … mit einem Geschäftsanteil von je 8.000,– DM und … mit einem Geschäftsanteil von 4.000,– DM. In § 8 GV war vereinbart:
§ 8
Gesellschafterbeschlüsse
Gesellschafterbeschlüsse werden mit 85% Mehrheit gefasst. Abgestimmt wird nach Geschäftsanteilen. Je 500,– DM eines Geschäftsanteils gewähren eine Stimme. (Bl. 52 d.A.).
Zur Geschäftsführerin wurde … bestellt (Bl. 50 d.A.) Unter dem 18. April 1980 beurkundete der Notar … in … einen Vertrag, mit dem … seinen Geschäftsanteil an … verkaufte und übertrug (Bl. 58–60 d.A.). Durch notariell beurkundeten Vertrag vom 12. Januar 1983 änderten die Gesellschafter die Firma gem. § 1 GV in … „Hirschle Tiefbau und Erdkabelverlegungs-GmbH” (Bl. 13–15 d.A.). Diese Änderung wurde am 2. Februar 1983 in das Handelsregister eingetragen. Schließlich schied … geb. … durch notariell beurkundeten Vertrag vom 21. November 1985 unter Übertragung ihres Geschäftsanteils je zur Hälfte auf … und … aus der Gesellschaft … aus und wurde als Geschäftsführerin abberufen. Geschäftsführer wurde …, das Stammkapital wurde auf 50.000,– DM erhöht (Bl. 16–18 d.A.). Bei einer Betriebsprüfung am 3. März 1986 stellte das Arbeitsamt … fest, daß die Klägerin für … und … im Klagezeitraum … keine Winterbauumlage zu entrichten hatte. Mit Bescheid vom 28. Mai 1984 bereits lehnte die Allgemeine Ortskrankenkasse … die Versicherungspflicht beider Gesellschafter ab, weil diese aufgrund der Stimmrechtsvereinbarung im Gesellschaftsvertrag als Unternehmer gelten würden (Bl. 6 und 6 R d.A.), und bestätigte diese Auffassung unter dem 21. Mai 1986 (Bl. 61...