Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitnehmer
Leitsatz (amtlich)
Ein Fliesenlegergeselle, der von einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) als solcher beschäftigt wird, ist auch dann Arbeitnehmer, wenn er Gesellschafter oder Treugeber von Gesellschaftsteilen ist und die Geschäftsführerin im Innenverhältnis außerhalb der laufenden Verwaltung nur einvernehmlich mit den Gesellschaftern handeln darf bzw. bei Verstoß haftet.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; TVG § 5 Abs. 4; Verfahrenstarifvertrag-Bau 1985 § 1 Abs. 3, 2, § 12
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 17.03.1988; Aktenzeichen 4 Ca 2392/87) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 17. März 1988 – 4 Ca 2392/87 – wird zurückgewiesen.
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil im übrigen abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 12.969,33 DM zu zahlen.
Die Beklagte trägt auch die übrigen Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten, für die in ihrem Betrieb arbeitenden Fliesenleger … und … Beitrage an die Klägerin zu zahlen.
Die Klägerin ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien die tarifvertraglich bestimmte Einzugsstelle für die Beiträge der baugewerblichen Arbeitgeber zu den Sozialkassen des Baugewerbes. Alle baugewerblichen Arbeitgeber waren gem. § 12 des für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrages über das Verfahren für den Urlaub, den Lohnausgleich und die Zusatzversorgung im Baugewerbe vom 19. Dezember 1983 in der Fassung vom 17. Dezember 1985 im Klagezeitraum vom 1. Januar bis 31. Dezember 1986 verpflichtet, für jeden gewerblichen Arbeitnehmer 22,2 v.H. der Bruttolohnsumme an die Klägerin abzuführen. Die Beklagte unterhielt im Klagezeitraum in der Rechtsform eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung gemäß Gesellschaftsvertrag vom 15. Juni 1984 (Bl. 20 – 27 d.A.) einen Betrieb durch den Fliesen verlegt wurden. Geschäftsführer waren zunächst … und … (Anstellungsverträge Bl. 15 – 19, 28 – 32 d.A.). § 1 ihrer Arbeitsverträge lautete u. a.:
„Eine wirksame Vertretung der Gesellschaft ist in Abänderung des § 4 des Gesellschaftsvertrages nur durch einvernehmliches Handeln der Geschäftsführer möglich. Bei Verstößen haftet derjenige, welcher Geschäfte ohne Genehmigung der übrigen Geschäftsführer vornimmt, sofern es sich nicht um Angelegenheiten der üblichen Verwaltung handelt.”
Das Stammkapital von 50.000,– DM hielten ursprünglich je zur Hälfte ihre Ehefrauen … und … treuhänderisch für die beiden Geschäftsführer (Vereinbarungen Bl. 33 – 35 und 36 – 38 d.A.). Die Treuhandverträge vom 15. Juni 1984 haben in § 3 folgenden Wortlaut:
„Der Treuhänder verpflichtet sich ferner, alles zu unterlassen, was mit seiner bloßen Stellung als Treuhänder nicht vereinbar ist. Der Treuhänder verpflichtet sich insbesondere, die von dem Treugeber gefaßten Beschlüsse, die die Gesellschaft oder die Gesellschaftsversammlung betreffen, mit dem selben Inhalt als Gesellschafterbeschlüsse zu fassen und weiterzugeben.
Er ist nicht berechtigt, aus eigenem Entschluß Gesellschafterbeschlüsse zu fassen oder Rechtshandlungen mit Wirkung für oder gegen die Gesellschaft oder die Geschäftsanteile an der Gesellschaft vorzunehmen.”
Unter dem 27. Juli 1984 bot … durch notarielle Urkunde … die Abtretung von 10.000, DM ihrer Stammeinlage und ihrem Ehemann von 15.000,– DM an (Bl. 13 und 14 d.A.), die das Angebot annahmen Auf einer Gesellschafterversammlung vom 14. Januar 1985 änderten die Gesellschafter … und … den Gesellschaftsvertrag u. a. in § 3 bezüglich des Stammkapitals dahingehend, daß … 35.000,– DM und … 15.000,– DM des Stammkapitals übernommen hätten, beriefen die Geschäftsführer … und … ab und bestellten zur alleinigen Geschäftsführerin (Protokoll Bl. 39 – 42 d.A., Handelsregisterauszug des AG Langen HRB 643, Bl. 126 d.A.). Sie schlossen mit … als Geschäftsführerin einen auf den 15. Juni 1984 datierten Arbeitsvertrag (Bl. 52 – 56 d.A.), der in § 1 auszugsweise wie folgt formuliert ist:
„Eine wirksame Vertretung der Gesellschaft ist in Ergänzung des § 4 des Gesellschaftsvertrages nur durch einvernehmliches Handeln des Geschäftsführers unter Rücksprachen mit den Gesellschaftern möglich. Bei Verstößen haftet der Geschäftsführer, welcher Geschäfte ohne Genehmigung der Gesellschafter vornimmt, sofern es sich nicht um Angelegenheiten der üblichen Verwaltung handelt.
In der Ausübung seiner Tätigkeit hat der Geschäftsführer zu beachten, daß die zugrundeliegenden Beschlüsse der Gesellschafter nur einstimmig gefaßt werden können.”
Mit weiteren Verträgen vom 21. März 1988 – nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils – trat … einen Teilgeschäftsanteil von 25.000,– DM an ihren Ehemann und von 10.000,– DM an … mit Wirkung vom 1. Januar 1986 ab, die damit je zur Hälfte des Stammkapitals Gesellschafter wurden (Bl. 92 – 99 d.A.). Als Meister war für die Beklagte der Fliesen-, Platten- und Mosaiklegermeister … in die Handwerksrolle der Handwerkskammer Rhein-Main eingetragen...