Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 05.05.1999; Aktenzeichen 2 Ca 8671/98) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt vom 05. Mai 1999 – 2 Ca 8671/98 abgeändert.
Es wird festgestellt, dass die Änderungskündigung der Beklagter vom 02.11.1998 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis zu unveränderten Bedingungen fortbesteht.
Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Änderungskündigung.
Die Beklagte ist eine öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt und beschäftigt regelmäßig weit mehr als fünf Arbeitnehmer. Der am 24.8.1946 geborene Kläger ist verheiratet und einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtet. Seine Ehefrau ist ebenfalls bei der Beklagten tätig und erzielt aus dieser Tätigkeit die des Klägers übersteigende Einkünfte. Der Kläger war für den Beklagten seit 01.04.1975 zunächst als sogenannter fester freier Mitarbeiter tätig. Zum 01.06.1980 wurde er in ein Arbeitsverhältnis als Redakteur übernommen (vgl. Arbeitsvertrag Bl. 5–7 d.A.). In dem am selben Tag unterzeichneten Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien eine Vergütung gemäß dem beim Beklagten bestehenden Manteltarifvertrag (im Folgenden: MTV). Nach diesem Manteltarifvertrag ist eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen. Die Beklagte setzte den Kläger zunächst als Redakteur in … ein, danach im Rahmen der zur Abteilung FS-Aktuell gehörenden Redaktion „ARD-Aktuell”. Zum 01.07.1989 erhielt er die Leitung der Abteilung FS-Aktuell, zu der etwa ein Dutzend Arbeitnehmer und etwa 28 freie Mitarbeiter gehören (vgl. Organigramm Bl. 84 d.A.).
Die Mehrzahl der Beschäftigten sind Frauen. Die Abteilung ist für verschiedene Nachrichtensendungen, darunter auch die Beiträge des Beklagten zur „Tagesschau”, zu den „Tagesthemen” und zum „ARD-Brennpunkt und für die tägliche ab 21.30 Uhr laufende Nachrichtensendung des Beklagten „Hessen aktuell” verantwortlich.
Zum 01.02.1990 übertrug die Beklagte dem Kläger die Position des stellvertretenden Chefredakteurs Fernsehen. Gleichzeitig erhielt er für die Wahrnehmung der damit verbundenen Aufgaben eine mit dieser Funktion verbundene Funktionszulage. Auf die Übertragungsurkunde vom 19.04.1990 wird verwiesen (Bl. 8 d.A.). Die Chefredaktion ist für 62 in der Abteilung FS-Aktuell Studio … „FS-Regional, FS-Wirtschaft, FS-Politik und Gesellschaft sowie Sportradio IV eingesetzte Arbeitnehmer zuständig.
Die Bezüge des Klägers lagen zuletzt bei DM 186.270,– brutto pro Jahr. Davon entfielen DM 15.316,– brutto auf die Funktionszulage (= 8,22 %). Die Rechtsverhältnisse des Klägers zu die Beklagten verliefen bis zur streitgegenständlichen Kündigung beanstandungsfrei.
Der Kläger traf sich nach der täglich ausgestrahlten Nachrichtensendung „Hessen aktuell” mindestens einmal pro Woche abends in dem Lokal „… Schänke” mit Kollegen der Abteilung FS-Aktuell, darunter den Zeugen …, (im Folgenden: C) und … (im Folgenden: Sd) und der Zeugin … (im Folgenden: Ko). Eine Zeit lang nahm an dem Treffen auch die inzwischen 33 Jahre alte Zeugin Dr. … (im Folgenden: Dr. S.) teil, die in der Abteilung zunächst ein Volontariat absolvierte und danach aufgrund eines vom Kläger unterzeichneten Antrages als feste freie Mitarbeiterin tätig war. Sie erzielte zuletzt ein Jahresgehalt von DM 93.000,– brutto und hatte aufgrund zweier vom Kläger unterzeichneter Anträge begründete Erwartung, alsbald den tarifvertraglich gestalteten sogenannten „Bestandsschutz” zur dauerhaften Absicherung ihrer freien Mitarbeit durch den Beklagten zu erhalten. Jedenfalls seit Mitte des Jahres 1997 nahm sie an den Treffen in der …-Schänke nicht mehr teil. Wiederholte Einladungen zu gemeinsamen Essen des im Jahre 1939 geborenen Zeugen Sd. wies sie zurück.
Am 20.01.1999 war Frau Dr. S. als Reporterin unterwegs. Da sie im Auto ihr Handy ausgeschaltet ließ, wurde sie nach ihrer Rückkehr im Funkhaus vom Kläger mit den Worten gerügt, wer sich von seinen Reportern weigere, das Handy im Auto anzulassen, trinke demnächst nur noch Kaffee in der Kantine. An diesem Tag wurden in der Sendung „Hessen aktuell” eine von Frau Dr. S. gefertigte Sendung über Schweinepest und ein Kommentar eines zu der Abteilung gehörenden … Auslandskorrespondenten aus Algerien ausgestrahlt. Frau Dr. S. verließ das Funkhaus gegen 20.30 Uhr.
Nach der Sendung trafen sich gegen 22 Uhr der Kläger sowie die Zeugen C., Sd. und Ko. mit dem Zeugen … (Kl), der als Einladender seinen Einstand in der Redaktion feierte. Frau Dr. S. war nicht eingeladen. Gegen Mitternacht rief der Zeuge Kl. mit einem Handy den ehemaligen Fernsehchefredakteur die Beklagten, … an, bei dem er ein Volontariat absolviert hatte. Um 0.22 Uhr wurde über das Diensthandy des Klägers ein 98 Sekunden langes Telefongespräch mit dem … Privatanschluss von Frau Dr. S. geführt. Dessen Inhalt ist zwischen den Parteien streitig. Angerufen hat der Zeuge C., dann übernahm der Kläger. Ein weiteres längeres Telefo...