keine Angaben zur Rechtskraft
Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung. einheitliches Arbeitsverhältnis. Kündigungsberechtigung
Leitsatz (amtlich)
Ein einheitliches Arbeitsverhältnis, in dem die Vereinbarungen mit verschiedenen Arbeitgebern untrennbar miteinander verbunden sind, kann nicht von einzelnen Arbeitgebern isoliert gekündigt werden, sondern nur von allen Arbeitgebern, soweit nichts abweichendes ausdrücklich vereinbart ist (Anschluss an BAG v. 27.03.1981 – 7 AZR 523/78 –; DB 1982, 1569).
Normenkette
KSchG § 1; BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 01.02.2006; Aktenzeichen 6 Ca 1413/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts in Wiesbaden vom 1. Februar 2006 – 6 Ca 1413/05 – wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung haben die Beklagten zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob eine betriebsbedingte Änderungskündigung der Beklagten wirksam ist.
Die Beklagten gehören einem Konzern an und haben einen gemeinsamen Betrieb, in dem der Kläger beschäftigt ist.
Der am 12. Oktober 1954 geborene Kläger trat aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom 16. Mai 1983 (Bl. 178 d.A.) ab 01. Juni 1983 in die Dienste der A-Versicherung, … als Mitarbeiter der Rechtsabteilung.
Mit Schreiben vom 20. September 1990 (Bl. 181 d.A.) wurde der Kläger darüber informiert, dass sein Arbeitgeber nunmehr die neu gegründete A-Lebensversicherung AG – die Beklagte zu 1. – sei und die in der Anlage zu dem Schreiben genannten weiteren 15 Unternehmen Partner seines Arbeitsvertrages seien. Genannt in der Anlage sind neben der Beklagten zu 1. die Beklagten zu 2., 3., 4., 5., 7., 8., 9., 10. teilweise mit inzwischen veränderten Namen. In einem Schreiben vom 08. August 1995 teilten die „B-Versicherungen” dem Kläger mit, dass er zusätzlich zu seinen Aufgaben bei den A-Versicherung auch mit Aufgaben von Unternehmen der B-Versicherungen betraut werde und deshalb u.a. die Beklagte zu 13. (damals: „B” Versicherungsgesellschaft Direktion für Deutschland) dem Arbeitsvertrag beitrete. Die weiteren in den angeführten Schreiben genannten Arbeitgeber haben aufgehört zu bestehen, zum Teil durch Verschmelzungen auf die Beklagte zu 1..
Der Kläger war seit Anfang 2×1 bis Mai 2004 in der Organisationseinheit (OE) ×1-Beteiligungsmanagement – beschäftigt. Zuvor war er in der Organisationseinheit ×2-Kapitalanlagen – tätig.
Der Kläger war in die Tarifgruppe IX Stufe 8 eingruppiert und erhielt ein Gehalt von EUR 5.255,00. Der Kläger war als Referent im Bereich Beteiligungsmanagement u.a. beschäftigt mit Abhängigkeitsberichten, Gesprächen zur Sanierung einer Banktochter, Rückgaben von Grundstücken im Zusammenhang mit der Wiedervereinigung, Rechtsangelegenheiten, Treuhandzahlungen, der Überarbeitung von Arbeitsanweisungen für die Meldepflichten nach dem Außenwirtschaftsgesetz, Erstellung einer Vertragsdatenbank, Prüfung und Verwaltung von Treuhandverträgen, Durchsicht von Wirtschaftsprüferberichten und Schulung von Auszubildenden zum Thema „Rechtliche Grundlagen für Kapitalanlagen”.
Der Konzern führte eine sog. Initiative „XY” zur Optimierung und Straffung der Organisations- und Arbeitsabläufe durch, die etwa Mitte des Jahres 2003 abgeschlossen wurde. In diesem Rahmen wurden alle Abteilungen auf die Möglichkeit von Personaleinsparungen untersucht. Der Betriebsrat wurde dabei einbezogen. Das Gesamtergebnis der Studie XY floss in einen Interessenausgleich vom 11. September 2003 ein (Anlage zur Berufungsbegründung vom 16.06.2006, Bl. 236 ff. d.A.). Der Kläger wurde zu dieser Zeit noch als Mitarbeiter der OE ×2 aufgeführt. Dort gab es zu dieser Zeit tatsächlich nur einen Vorstand und das Sekretariat. Im Rahmen der Studie XY ergab sich aus einer Präsentation des Vorgesetzten des Klägers, dass in der OE ×1, in der der Kläger tatsächlich tätig war, ein Teil der Tätigkeit eines Beteiligungsreferenten eingespart und der Rest auf andere Organisationseinheiten verteilt werden könnte. Dementsprechend wurde ein Einsparpotential von einem Mitarbeiter für die OE ×2, der der Kläger formal noch zugeordnet war, festgehalten. Ab nun wurde versucht, das Einsparungsziel durch Änderungskündigungen gegenüber dem Kläger zu erreichen. Außerordentliche Änderungskündigungen der Beklagten von 1. – 12. wurden rechtskräftig für unwirksam erklärt (Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 06.01.2005 – 2 Ca 1261/04 – sowie bestätigend Urteil des Hess. LAG vom 21. Dezember 2005 – 8/2 Sa 639/05). Der Kläger hatte das mit dieser außerordentlichen Änderungskündigung verbundene Angebot, ihn als Sachbearbeiter Großschaden in der Abteilung Arzthaftpflicht zu beschäftigen, angenommen.
Am 30. Mai 2005 erhielt der Kläger ein Schreiben, in dem es heißt:
„Wir kündigen hiermit rein vorsorglich erneut unseren Arbeitsvertrag ordentlich und fristgerecht zum 31. Dezember 2005.”
Weiter wurde dem Kläger erneut die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses als Sachbearbeiter Arzthaftpflichtschaden angeboten, die der Tar...