Entscheidungsstichwort (Thema)

Anzahl der Verlängerungen. Höchstdauer

 

Leitsatz (amtlich)

§ 14 Abs. 2 Satz 3 TzBfG ist dahingehend auszulegen, dass durch Tarifvertrag die Anzahl der Verlängerungen und die Höchstdauer der Befristung abweichend von Satz 1 festgelegt werden können.

 

Normenkette

TzBfG § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 25.03.2010; Aktenzeichen 3 Ca 9095/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 15.08.2012; Aktenzeichen 7 AZR 184/11)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 25. März 2010 – 3 Ca 9095/09 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis des Klägers aufgrund Befristung beendet wurde.

Der zur Zeit der Klageerhebung 36jährige Kläger, welcher einem Kind gegenüber unterhaltspflichtig ist, war bei der Beklagten, einem Unternehmen des Sach- und Sicherheitsgewerbes, seit dem 03. April 2006 als Geld- und Werttransportfahrer zu einer monatlichen Bruttovergütung in Höhe von zuletzt ca. 2.200,– Euro beschäftigt.

Der erste zwischen den Parteien am 24. März 2006 abgeschlossene Arbeitsvertrag war befristet vom 03. April 2006 bis zum 02. April 2007. Der am 26. März 2007 abgeschlossene Folgearbeitsvertrag sah eine Fristverlängerung bis zum 02. April 2008, der am 19. März 2008 abgeschlossene Folgearbeitsvertrag eine Fristverlängerung bis zum 02. April 2009 und der am 26. März 2009 abgeschlossene Folgearbeitsvertrag eine Befristung bis zum 02. Oktober 2009 vor. Im Arbeitsvertrag war unter Ziffer 4. unter anderem vereinbart, dass der Manteltarifvertrag für das Wach- und Sicherheitsgewerbe für die Bundesrepublik Deutschland (im Folgenden: MTV) auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet.

Das Arbeitsverhältnis des Klägers endete mit der letzten Befristung am 02. Oktober 2009.

Mit am 23. Oktober 2009 bei Gericht eingegangener Klageschrift hat der Kläger geltend gemacht, dass die Befristung seines Arbeitsvertrages rechtsunwirksam sei.

Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Befristung des letzten Arbeitsvertrages sei rechtsunwirksam, weil sie ohne Sachgrund erfolgt sei und die Höchstdauer des § 14 Abs. 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz überschritten habe. Soweit § 2 Abs. 6 MTV eine Befristung ohne Grund für einen Zeitraum bis zu 42 Monaten bei einer viermaligen Verlängerungsmöglichkeit vorsehe, verstieße diese tarifvertragliche Regelung gegen § 14 Abs. 2 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz, da entweder die Anzahl der Befristungen oder die Höchstdauer der Befristung, nicht jedoch beide Teilaspekte durch Tarifvertrag verlängerbar seien.

Der Kläger hat beantragt festzustellen,

dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht am 02.10.2009 aufgrund der Befristung vom 26.03.2009 geendet hat.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, § 2 Abs. 6 MTV sei wirksam. Der Gesetzesbegründung könne entnommen werden, dass sowohl die Anzahl der Verlängerungen wie auch die Höchstdauer der Befristung durch Tarifvertrag festgelegt werden könnten. Der Begriff „oder” im Gesetzestext sei wie „und” zu lesen. Davon gehe auch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales aus, wie der Artikel vom 25. Mai 2009 (Blatt 36 bis 38 d. A.) belege.

Das Arbeitsgericht Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 25. März 2010 – 3 Ca 9095/09 – die Klage abgewiesen. Es hat unter anderem ausgeführt, das Arbeitsverhältnis der Parteien sei durch die Befristung vom 26. März 2009 zum 02. Oktober 2009 beendet worden. Das Wort „oder” werde sprachlich sowohl in der Bedeutung „entweder/oder” wie auch als „und/oder” verstanden. Welche Möglichkeit zutreffe, sei durch Auslegung des Gesetzestextes zu ermitteln. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf ergebe sich, dass durch Tarifvertrag von der gesetzlichen Höchstbefristungsdauer und der Höchstzahl der Verlängerungen ohne sachlichen Grund abgewichen werden dürfe. Damit habe der Gesetzgeber zu erkennen gegeben, dass das Wort „oder” im Sinn von „sowohl/als auch” zu verstehen sei. Da die Beklagte die tariflichen Vorgaben eingehalten habe, sei das Arbeitsverhältnis durch Fristablauf beendet worden.

Dieses Urteil ist dem Kläger am 09. April 2010 zugestellt worden. Die Berufung des Klägers ist am 03. Mai 2010 und die Berufungsbegründung nach rechtzeitiger Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 09. Juli 2010 am selben Tag bei Gericht eingegangen.

Der Kläger wendet sich gegen das erstinstanzliche Urteil und ist der Ansicht, der Wortlaut von § 4 Abs. 2 Satz 3 Teilzeit- und Befristungsgesetz sei eindeutig und das Wort „oder” als Alternative „entweder/oder” zu verstehen. Das ergebe sich auch aus der Systematik. In § 14 Abs. 2 Satz 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz seien zwei Grenzen für vereinbarte Befristungen angeführt, sodass das Wort „oder” in Satz 3 nur als „entweder/oder” verstanden werden könne. Der Zweck der Norm bestehe gerade darin, keine grenzenlose Tariföffnung durch Satz 3 zu ermöglichen. Die Gesetzesmaterialien sprächen n...

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