Entscheidungsstichwort (Thema)
Befristungsabrede als überraschende Klausel im Formulararbeitsvertrag. mündlicher Hinweis auf Befristungsabrede. Sachgrund "soziale Gründe". Verlängerung einer Befristung. Befristung des Arbeitsverhältnisses. Fehlender Sachgrund
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 2 S. 1 Halbsatz 2 TzBfG setzt voraus, dass die Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts noch vor Abschluss der Laufzeit des bisherigen Vertrags in schriftlicher Form vereinbart wird und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleibt.
2. Eine nach Ablauf der Vertragszeit vereinbarte "Verlängerung" ist als Neuabschluss eines befristeten Arbeitsvertrags anzusehen, der nach § 14 Abs. 2 S. 2 TzBfG ohne Sachgrund unzulässig ist, da zwischen den Parteien bereits ein Arbeitsverhältnis bestanden hat.
3. An einem sozialen Beweggrund für den Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags nach § 14 Abs. 1 Nr. 6 TzBfG fehlt es, wenn die Interessen des Betriebs und nicht die Berücksichtigung der sozialen Belange des Arbeitnehmers für den Abschluss des Arbeitsvertrags maßgebend waren.
4. Eine Befristungsabrede in einem Formularvertrag kann eine überraschende Klausel nach § 305s Abs. 1 BGB sein.
5. Ist der Verbraucher vom Verwender bei Vertragsschluss auf den Inhalt der streitigen Klausel ausdrücklich hingewiesen worden und hat er sich sodann mit ihr einverstanden erklärt, kann darin entweder eine Individualabrede i.S.d. § 305 Abs. 1 S. 3 BGB liegen oder der Hinweis schließt -sofern er klar und deutlich gefasst ist- die Annahme eines Überraschungscharakters aus.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 2 S. 1, Abs. 1 Nr. 6
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Entscheidung vom 13.03.2012; Aktenzeichen 8 Ca 6605/11) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 13. März 2012 - 8 Ca 6605/11 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Befristung.
Die Beklagte betreibt ein Kreditinstitut.
Die am xxx geborene Klägerin war bei der Beklagten auf der Grundlage eines schriftlichen Vertrags vom 3. Dezember 2010 (Bl. 137, 138 der Akten) in deren Niederlassung in F als Bankangestellte zu einer Bruttomonatsvergütung von 3864,25 € beschäftigt.
Auf Seite 2 des schriftlichen Anstellungsvertrags befindet sich oben ohne drucktechnische Hervorhebung folgender Satz: "Das Arbeitsverhältnis ist zunächst auf sechs Monate befristet."
Zwischen den Parteien ist streitig, ob seitens der Beklagten im Zusammenhang mit der Begründung des Arbeitsverhältnisses auf die Befristung mündlich hingewiesen wurde.
Am 10./13. Januar 2011 vereinbarten die Parteien schriftlich, dass die Klägerin ihre Tätigkeit (bereits) mit Wirkung vom 1. März 2011 aufnimmt; im Übrigen sollte es bei den getroffenen Vereinbarungen verbleiben (Bl. 139 d.A.).
Die Klägerin nahm vereinbarungsgemäß am 1. März 2011 die Arbeit auf und war sodann in der Zeit vom 7. bis 21. April 2011 sowie am 17. und 18.5.2011 und durchgehend ab 26. Mai 2011 bis 30. November 2011 arbeitsunfähig erkrankt.
Am 16. August 2011 fand ein Personalgespräch mit der Klägerin statt. Die Beklagte teilte der Klägerin hierbei mit, dass sie beabsichtige, das Arbeitsverhältnis zum 31. August 2011 enden zu lassen. Nachdem die Klägerin darum bat, das Arbeitsverhältnis aus sozialen Gründen zu verlängern, wurde ihr eine befristete Weiterbeschäftigung bis 30. November 2011 angeboten. Hierbei wurde ihr mitgeteilt, dass die Formalien weitere Zeit benötigten und sie gebeten, in die Stadt zu gehen, um Einkäufe zu erledigen oder einen Kaffee zu trinken. Mit Blick auf ihren noch anstehenden Tagesverlauf bat die Klägerin, sofort gehen zu können und ihr den schriftlichen Vertrag umgehend zuzusenden, was die Beklagte akzeptierte. Am 18. August 2011 sandte die Beklagte der Klägerin die schriftliche Befristungsverlängerung zu (Bl. 8 d.A.). Als nach wenigen Tagen noch kein Rücklauf bei der Beklagten zu verzeichnen war, versuchten deren Personalreferentin, die Zeugin B, und deren Assistentin, Frau A, mehrfach vergeblich die Klägerin telefonisch zu erreichen. Frau B bereitete sodann ein Schreiben vor, das eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. August 2011 bestätigte (Bl. 28 der Akten). Noch bevor dieses versandt werden konnte, erreichte Frau B die Klägerin am Vormittag des 5. September 2011 telefonisch. Die Klägerin entschuldigte ihre Untätigkeit mit einem Hochwasserschaden. Am gleichen Tag ging die von der Klägerin unterschriebene Befristungsverlängerung per Telefax ein. Das Originalschreiben traf etwa eine Woche später ein. Mit Schreiben vom 14. September 2011 (Bl. 9,10 der Akten) bestätigte die Beklagte der Klägerin die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 30. November 2011.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit ihrer am 10. Oktober 2011 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage.
Wegen der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts, des erstin...