Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwirksame Befristung des Arbeitsverhältnisses mangels Schriftform. Zulässige Befristungskontrollklage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung trotz Hinweisblatt des Gerichts
Leitsatz (amtlich)
Wird ein Hinweis nach § 6 Satz 1 KSchG in allgemeiner Form mit der Ladung zum Gütetermin durch das Arbeitsgericht auf einem Hinweisblatt aber nur bezogen auf ein Kündigungsschutzverfahren erteilt, steht die Regelung der Einführung weiterer möglicher Unwirksamkeitsgründe im Berufungsverfahren eines Befristungskontrollverfahrens - hier die Nichteinhaltung der Schriftform - nicht entgegen.
Die Parteien hatten mit der Ladung zum Gütetermin einen Hinweis des Arbeitsgerichts erhalten, wonach sich ein Arbeitnehmer, der innerhalb von drei Wochen nach Zugang der schriftlichen Kündigung im Klagewege geltend gemacht hat, dass eine unwirksame Kündigung nicht vorliege, in diesem Verfahren bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz zur Begründung der Unwirksamkeit der Kündigung auch auf innerhalb der Klagefrist nicht geltend gemachte Gründe berufen kann.
Normenkette
TzBfG § 14 Abs. 4, § 17 S. 2; BGB § 125; KSchG § 6; TzBfG § 16 Abs. 1; BGB § 242
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 28.02.2018; Aktenzeichen 11 Ca 5167/17) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 28. Februar 2018 - 11 Ca 5167/17 - abgeändert und wie folgt neu gefasst.
Unter Aufhebung des Versäumnisurteils des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 17. Januar 2018 - 11 Ca 5167/17 - wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht auf Grund Befristung vom 13. Februar 2015/24. Februar 2015 zum 30. Juni 2017 beendet wurde, und die Beklagte wird verurteilt, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Bestandsschutzverfahrens als Berater weiter zu beschäftigen.
Im Übrigen wird die Klageerweiterung mit Schriftsatz vom 25. Juni 2018 abgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Ausgenommen hiervon sind die Kosten, die auf die Säumnis des Klägers im Termin vor dem Arbeitsgericht am 17. Januar 2018 zurückgehen; diese Kosten hat der Kläger zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufung über die Wirksamkeit der Befristung ihres Arbeitsverhältnisses zum 30. Juni 2017 sowie über einen Anspruch auf vorläufige Weiterbeschäftigung.
Die Beklagte ist in der Entwicklungshilfe tätig. Sie ging am 1. Januar 2011 aus der Verschmelzung der A gGmbH und dem B auf die C hervor.
Die Beklagte wird im Rahmen der unterschiedlichen Projekttätigkeiten, teilweise zeitlich befristet, in immer wieder differenzierten über 20 Sektorbereichen (u.a. Bildung allgemein, Gesundheitswesen allgemein, Bevölkerungspolitik/-programme und reproduktive Gesundheit, Wasser und Abwasser/Abfallentsorgung, Staat und Zivilgesellschaft allgemein, Krisenprävention und Konfliktlösung, Frieden und Sicherheit, Finanzwesen, Industrie, Umweltschutz allgemein, Wiederaufbauhilfe, Katastrophenprävention) tätig. Die Beklagte führt für das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) Projekte der Entwicklungszusammenarbeit auf Grundlage eines Generalvertrages und von Zuschüssen durch. Darüber hinaus arbeitet sie in ihrem Geschäftsbetrieb „International Services“ an Projekten für Entwicklungszusammenarbeit im Auftrag anderer öffentlicher Arbeitgeber und Dritter, wie nationaler Regierungen. Die Bundesregierung beauftragt und bezuschusst einzelne Projekte der Beklagten.
Der Kläger, der für vier Kinder unterhaltsverpflichtet ist, trat auf Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages und einer Arbeitsvertragsergänzung vom 21. November 2012/29. November 2012 (Bl. 458-416 d.A.) am 1. Januar 2013 befristet bis zum 31. Dezember 2014 als Berater im Rahmen des Vorhabens „Hochschulbildung" in Äthiopien am Einsatzort D in das Anstellungsverhältnis zur Beklagten ein. Mit einem Arbeitsvertrag auf Zeit/Vertragsverlängerung vom 18. September 2014/23. September 2014 (Bl. 463 d.A.) vereinbarten die Parteien eine Fortsetzung der Beschäftigung bis zum 28. Februar 2015.
Erstmals in der Berufungsinstanz wurde zwischen den Parteien unstreitig, dass ein weiterer „Arbeitsvertrag auf Zeit - Übernahme neuer Aufgaben“ der Parteien vom 13. Februar 2015 (Anlage K1, Bl. 19-20 d.A.), der eine Befristung des Arbeitsverhältnisses bis zum 30. Juni 2017 vorsieht, dem Kläger von der Beklagten per E-Mail vom 17. Februar 2015 als Anlage übersandt wurde. Den angehängten und mit der eingescannten Unterschrift der Verantwortlichen der Beklagten versehenen Vertragsentwurf druckte der Kläger aus, zeichnete ihn gegen, scannte ihn wieder ein und übersandte ihn am 26. Februar 2015 ebenfalls per E-Mail an die Beklagte zurück. Die Geschehnisse in der Folgezeit sind zwischen den Parteien streitig; der Kläger reichte zu keinem Zeitpunkt Original-Ausfertigungen des Arbeitsvertrages vom 13. Februar 2015 an die Beklagte mit seiner Original-Unterschrift zurü...