Entscheidungsstichwort (Thema)

Fünfjahresgrenzberechnung bei wissenschaftlichen Mitarbeiter

 

Leitsatz (amtlich)

Die Zeiträume einer befristeten Beschäftigung als wissenschaftliche Hilfskraft sind auch dann nicht in die Berechnung der Fünf-Jahres-Beschäftigungsgrenze für wissenschaftliche Mitarbeiter nach § 57 c Abs. 2 Sätze 1 und 2 HRG einzubeziehen, wenn es sich bei ersteren jeweils um eine unfreiwillige Teilzeitbeschäftigung (aus „Stellenknappheit”) als einzige Existenzgrundlage gehandelt hatte (gegen: KR-Weller)

 

Normenkette

HRG § 57c Abs. 2 Sätze 1-2

 

Verfahrensgang

ArbG Kassel (Urteil vom 16.12.1993; Aktenzeichen 1 Ca 286/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 20.09.1995; Aktenzeichen 7 AZR 78/95)

 

Tenor

Auf die Berufung des beklagten Landes wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kassel vom 16. Dezember 1993 – 1 Ca 286/93 – abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der von ihnen im letztvereinbarten Vertrag vom 30.04.1992 (für die Zeit vom 01.05.1992 bis zum 30.04.1993) vereinbarten Befristung und über die Verpflichtung des beklagten Landes zur Weiterbeschäftigung des Klägers.

Der 1954 geborene, verheiratete und gegenüber zwei minderjährigen Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist promovierter Diplom-Soziologe.

Das beklagte Land beschäftigte ihn an der G. K. (G.) in der Zeit vom 01.03.1986 bis zum 31.12.1988 im Rahmen von acht befristeten Verträgen als wissenschaftliche Hilfskraft mit zunächst 92 und später 86 Monatsstunden Arbeitszeit. Wegen der Einzelheiten der Verträge wird auf Bl. 5–20 d. A. verwiesen. Daneben hatte der Kläger für die Zeit vom 01.01.1988 bis zum 30.06.1989 einen Privatarbeitsvertrag mit 1/2-BAT-Vertragsbedingungen und 1/2 der Vergütung nach VergGr. III BAT mit dem an der G. tätigen Prof. Dr. B. Für die Zeit vom 01.03.1989 bis zum 30.06.1989 folgte ein weiterer Vertrag mit dem beklagten Land über die Beschäftigung des Klägers als wissenschaftliche Hilfskraft (Bl. 23, 24 d. A.).

Ab dem 01.07.1989 war der Kläger befristet bis längstens zum 31.10.1989 als wissenschaftlicher Mitarbeiter mit Gelegenheit zur Vorbereitung einer Promotion im Forschungsbereich „Dienstleistungsqualität” eingesetzt (Bl. 25–27 d. A.).

Daran schlossen sich zwei Privatarbeitsverträge nach BAT mit Prof. Dr. B. (Vollbeschäftigung für die Zeit vom 01.11.1989 bis 31.01.1990) und Prof. Dr. H. R. (für die Zeit vom 05.02.1990 bis 04.11.1990; 1/2-BAT-Vertrag) an (Bl. 28–31 d. A.).

Während der anschließenden Arbeitslosigkeit schrieb der Kläger seine Dissertation und wurde 1991 promoviert. Mit Vertrag vom 30.04.1992 (Bl. 94, 95 d. A.) vereinbarten die Parteien eine Tätigkeit des Klägers als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsprojekt „Steuerungspotentiale in Hochschulen”.

Unter die Beschreibung der dabei für den Kläger anfallenden Arbeitsvorgänge hatte die Projektleiterin, Prof. A. N., die Ergänzung gesetzt

„Es handelt sich um Aufgaben von begrenzter Dauer, die für die Dauer eines Jahres konzipiert sind und bis zum 30.04.1993 abschließend zu erarbeiten sind” (Bl. 32 d. A.).

Das G-Forschungsprojekt „Steuerungspotentiale von Hochschulen” unter Leitung von Prof. Dr. A. N. war als Großprojekt zunächst auf drei Jahre angelegt und als solches im Rahmen der zentralen Forschungsförderung der G; beantragt worden. Die zuständigen Gremien lehnten es jedoch als Großprojekt ab und billigten es nur im normalen Förderungsverfahren für ein Jahr (Bl. 44, 54, 64–75 d. A.). Daraufhin wurde es neu konzipiert, um es den veränderten Rahmenbedingungen anzupassen (Bl. 54 d. A.). Im Oktober 1992 stellte die Projektleitung einen Verlängerungsantrag bis 31.12.1993 (Bl. 53–61 d. A.).

Der Kläger hat erstinstanzlich die Auffassung vertreten, mit dem letzten Vertrag habe das beklagte Land die Höchstgrenze für den Abschluß von nach § 57 b Abs. 2 Nr. 1–4 und Abs. 3 HRG befristeten Verträgen, wie sie sich aus § 57 c Abs. 2 Satz 2 HRG ergebe, überschritten. Er sei mit 64 Monaten länger als fünf Jahre an der G. beschäftigt. Aus diesem Grunde müsse er rechtlich so gestellt werden, wie wenn er sich in einem unbefristeten Anstellungsverhältnis mit den Bedingungen des letztabgeschlossenen Vertrages befinde.

Zudem sei es unrichtig, daß das Forschungsprojekt „Steuerungspotentiale” lediglich auf ein Jahr konzipiert gewesen sei. Deshalb sei die zur Dauer des Vertrages getroffene Abrede ebenfalls nicht sachgerecht. Bereits in den ersten zehn Tagen nach Arbeitsbeginn sei im Mai 1992 von der Projektleiterin eine Ergänzung der Projektskizze vorgelegt worden, wonach eine weitere Zeitspanne von April 1993 bis Dezember 1993 bis zum Projektbericht erforderlich werde. Ferner habe Prof. N. in der ersten Projekt-Teamsitzung am 21.05.1992 schon davon gesprochen, sie werde im Oktober 1992 einen entsprechenden Verlängerungsantrag stellen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis des Klägers mit dem beklagten Land über den 30. April 1993 hinaus unbefris...

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