keine Angaben zur Anfechtbarkeit

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Tariflohnerhöhung. dynamische Verweisungsklausel. Vertrauensschutz. Altfall. Betriebsübergang. räumlicher Geltungsbereich. negative Koalitionsfreiheit

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine arbeitsvertragliche kleine dynamische Verweisungsklausel ist nicht als bloße Gleichstellungsklausel auszulegen, wenn der Gleichstellungszweck im Wortlaut der Klausel keinen Niederschlag gefunden hat (wie BAG 23.1.2008 – 4 AZR 602/06 – juris; 18.04.2007 – 4 AZR 652/05 – EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35; 14.12.2005- 4 AZR 536/04 – EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32).

2. Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossene Verträge ist zeitlich nicht unbegrenzt zu gewähren, weil dies einen Wertungswiderspruch zu Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB bedeutete, der eine gesetzliche Vertrauensschutzregelung für Dauerschuldverhältnisse darstellt, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 abgeschlossen wurden (entgegen BAG, 14.12.2005- 4 AZR 536/04 – EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32). Jedenfalls mit Verstreichen eines Jahres seit Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2005 entfällt nach dem Rechtsgedanken des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB der Vertrauensschutz für die Auslegung von kleinen dynamischen Verweisungsklauseln als Gleichstellungsabreden in Altverträgen.

3. Die Gewährung von Vertrauensschutz für die Auslegung von kleinen dynamischen Verweisungsklauseln als Gleichstellungsabreden in Altverträgen zugunsten des nicht tarifgebundenen Betriebserwerbers scheidet grundsätzlich aus, wenn das oder die dem Betriebsübergang zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte erst nach Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2005 vorgenommen wurden. Nicht der Altvertrag als solcher genießt Vertrauensschutz, so dass in ihn nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten werden könnte, sondern derjenige, der im Vertrauen auf eine gefestigte Rechtsprechung vor deren Änderung disponiert hat (anders im Ergebnis BAG 23.1.2008 – 4 AZR 602/06 – juris).

4. Nimmt der tarifgebundene Betriebsveräußerer in allen von ihm standardmäßig verwendeten Arbeitsverträgen auf den Tarifvertrag Bezug, der für ihn räumlich einschlägig ist, beschäftigt er aber einen Großteil seiner Arbeitnehmer in seinen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Tarifvertrags liegenden Betrieben, scheidet die Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsklausel auch dann aus, wenn man aus Gründen des Vertrauensschutzes die gefestigte frühere Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung vertraglicher Bezugnahmeklauseln anwendete. Bei der Inbezugnahme solcher Tarifverträge, die für einen großen Teil der Arbeitnehmer auch bei deren Gewerkschaftszugehörigkeit nicht normativ gälten, ist die Prämisse der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der Arbeitgeber wolle mit der Bezugnahmeklausel lediglich die u.U. fehlende Gewerkschaftszugehörigkeit ersetzen, die er nicht erfragen dürfe, nicht erfüllt.

5. Soweit das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21.08. 2002 (4 AZR 263/01 – AP Nr. 21 zu § 157) in einem Fall, in dem nur ein geringer Teil der Arbeitnehmer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des in Bezug genommenen Tarifvertrags beschäftigt war, anders entschieden hat, begründet diese Entscheidung als Einzelfallentscheidung jedenfalls keinen Vertrauensschutz (ebenso LAG Düsseldorf, 23.03.2008 – 9 Sa 2103 – juris).

 

Normenkette

EGBGB Art. 229 § 5 S. 2; BGB §§ 133, 157, 305 ff, 613a I

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Urteil vom 04.03.2008; Aktenzeichen 6 Ca 787/07)

 

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 04. März 2008 – 6 Ca 787/07 – abgeändert:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.192,37 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 400,00 EUR seit dem 01. Juni 2007 und aus 792,37 EUR seit dem 01. Oktober 2007 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, eine Tariflohnerhöhung an den Kläger weiter zu geben.

Die Beklagte ist ein Unternehmen der Metallindustrie in der Rechtsform der GmbH. Der 19XX geborene Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrags vom 17. Dezember 1991 (Bl. 33, 34 d.A.) zunächst seit dem 1. Januar 1992 als Projektingenieur bei der A Regelsysteme GmbH mit Sitz in B in deren Niederlassung in Hamburg beschäftigt. Er war und ist Mitglied der IG Metall. Die A Regelsysteme GmbH war bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses Mitglied im Arbeitgeberverband der hessischen Metallindustrie (künftig: Arbeitgeberverband).

Ziff. 2 des Arbeitsvertrags vom 17. Dezember 1991 lautet auszugsweise:

„Als Vergütung für Ihre Tätigkeit, die nach Tarifgruppe T 5 bewertet wird, zahlen wir Ihn...

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