Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltungsbereich der Bautarifverträge
Leitsatz (amtlich)
Das Anbringen von Wärmedämmverbundsystemen gehört zu den Tätigkeiten des Maler- und Lackiererhandwerks. Betriebe, die arbeitszeitlich überwiegend derartige Tätigkeiten ausführen, waren bis zum 30.06.1992 vom Geltungsbereich der Bautarifverträge ausdrücklich ausgenommen. Seit 01.07.1992 besteht zwischen den Bautarifverträgen und den Tarifverträgen des Maler- und Lackiererhandwerks, die jeweils für allgemeinverbindlich erklärt sind, für derartige Betriebe eine Tarifkonkurrenz. Diese ist dahingehend zu lösen, daß die Tarifverträge des Maler- und Lackiererhandwerks als die spezielleren vorgehen und die Bautarifverträge verdrängen.
(im Anschluß an BAG vom 295, 1991, 4 AZR 539/90 = AP Nr. 5 zu § 1 TVG Terifverträge: Maler)
Normenkette
TVG Tarifverträge: Bau § 1; TVG Tarifverträge: Maler § 1; TVG Tarifkonkurrenz § 4; TVT/Bau v. 12.11.1986 § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 09.03.1994; Aktenzeichen 3 Ca 2321/93) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen desUrteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom09. März 1994 – 3 Ca 2321/93 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Auskunftsverpflichtungen der Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Die Beklagte, die als Betrieb des Holz-, Bauten- und Mauerschutzes in das Verzeichnis handwerksähnlicher Betriebe eingetragen ist, unterhält einen Betrieb, von dem Wärmedämmverbund-Systeme im Sinne der DIN Vornorm 18559 angebracht werden. Dabei werden Styroporplatten mit Klebemitteln auf Fassaden aufgeklebt, anschließend mit Amierungsmasse beschichtet und abschließend eine Schlußbeschichtung aufgebracht.
Mit seiner Klage nimmt der Kläger die Beklagte nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes für den Zeitraum Mai 1992 bis Oktober 1993 auf Erteilung der in diesen Tarifverträgen vorgeschriebenen Auskünfte für Arbeiter und Angestellte, für den Fall der Nichterfüllung jeweils auf Zahlung einer Entschädigungssumme in Anspruch.
Der Kläger hat die Ansicht vertreten, die Tätigkeit der Beklagten sei eine baugewerblich im tariflichen Sinne und daher die Beklagte auskunftsverpflichtet.
Der Kläger beantragt,
ihm auf dem vorgeschriebenen Formular Auskunft darüber zu erteilen,
1.1. wieviele Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung über die Rentenversicherung der Arbeiter (bis 31.12.1991) bzw. ab dem 1.1.1992 nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches, Sechstes Buch (SGB VI) über die gesetzliche Rentenversicherung versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten in den Monaten
Mai 1992 bis Oktober 1993
in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden sowie in welcher Höhe die Bruttolohn summe insgesamt für diese Arbeitnehmer und die Beiträge für die Sozialkassen der Bauwirtschaft in den jeweils genannten Monaten angefallen sind.
1.2. Wieviele Angestellte insgesamt und wieviele Angestellte, deren regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit mindestens 20 Stunden beträgt (bis 31.12.89) bzw. ab dem 1.1.1990 wieviele Angestellte insgesamt mit Ausnahme derjenigen, die eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von Par. 8 SGB ausüben, in den Monaten
Mai 1992 bis Oktober 1993
in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden, welche Bruttogehalts summen (gilt nur für den Zeitraum 1.1.1987 bis 30.4.1992) und in weicher Höhe Vorruhestands- (bis 30.4.1992) sowie Zusatzversorgungsbeiträge für die Zusatzversorgungskasse des Baugewerbes VVaG in den jeweils genannten Monaten angefallen sind.
Für den Fall, daß diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung innerhalb einer Frist von 6 Wochen nach Urteilszustellung nicht erfüllt wird, an den Kläger folgende Entschädigung zu zahlen:
zu Nr. 1.1 |
26.000,– DM |
zu Nr. 1.2 |
752,94 DM |
Gesamtbetrag |
26.752,94 DM. |
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat gemeint, ihre Tätigkeit sei eine von den Tarifverträgen des Baugewerbes nicht erfaßte des Maler- und Lackiererhandwerks.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 9.3.1994 unter Bezugnahme auf die Entscheidung des BAG vom 29.1.1991 – 4 AZR 539/90 (AP Nr. 5 zu § 1 TVG Tarifverträge: Maler) mit der Begründung abgewiesen, der Betrieb der Beklagten sei ein von den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes ausdrücklich ausgenommener Betrieb des Maler- und Lackiererhandwerks. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 50–56 d.A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 5.9.1994 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Er vertritt unter Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens weiter die Ansicht, ...