Entscheidungsstichwort (Thema)

Beitragsbemessungsgrenze. Betriebsrente nach VersorgungsTV. außerplanmäßige Erhöhung der BBG 2003. ergänzende Vertragsauslegung. Betriebliche Altersversorgung. Ergänzende Vertragsauslegung bei Tariflücken infolge außerplanmäßiger Erhöhung der BBG 2003

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Geht man vom VersTV 1993 als Anspruchsgrundlage und weiter davon aus, dass diese Regelung durch die außerplanmäßige Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) im Jahre 2003 lückenhaft geworden ist und daher die Grundsätze der ergänzenden Vertragsauslegung greifen, dann gilt, dass diese Vertragslücke durch eine angemessene, dem mutmaßlichen Parteiwillen entsprechende Regelung zu schließen ist.

2. Dies ist allerdings nur dann möglich, wenn ausreichende Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, dass die Tarifvertragsparteien die Vertragslücke durch eine Regelung geschlossen hätten, wonach für die Berechnung des Altersruhegeldes gemäß dem VersTV 1993 eine um einen bestimmten Betrag monatlich bzw. jährlich reduzierte BBG zugrunde zu legen ist.

 

Normenkette

BetrAVG § 1 Abs. 1; BGB § 315

 

Verfahrensgang

ArbG Offenbach am Main (Entscheidung vom 18.01.2012; Aktenzeichen 5 Ca 389/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.06.2014; Aktenzeichen 3 AZR 978/12)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach am Main vom 18. Januar 2012 - 5 Ca 389/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Höhe der betrieblichen Altersversorgung des Klägers im Hinblick auf die Berücksichtigung der außerplanmäßigen Anhebung der Beitragsbemessungsgrenze (BBG) im Jahre 2003 und in diesem Zusammenhang auch darüber, ob sich der Betriebsrentenanspruch des Klägers nach einem Versorgungstarifvertrag von 1993 oder einem Versorgungstarifvertrag von 2009 bestimmt.

Der Kläger, geboren am 31. März 1946, war bei der A der Rechtsvorgängerin der Beklagten, in deren Außenstelle "B" vom 1. Juni 1974 an als unkündbarer Angestellter im öffentlichen Dienst beschäftigt. Ab dem 1. Dezember 1994 wurde der Kläger mit Arbeitsvertrag vom 29. August 1994, 20. November 1994 (Bl. 7, 8 d.A.) ebenfalls unkündbar weiterbeschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist unter anderem bestimmt:

§ 1 Vertragsgegenstand

1. ...

2. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die bei der C GmbH beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 07.07.1993 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung.

3. ...

§ 2 Beschäftigungszeit

...

§ 3 Vergütung

1. Herr D ist in Vergütungsgruppe 10 Stufe 3 des Eingruppierungstarifvertrages vom 20.08.1993 eingruppiert.

...

§ 4 Probezeit

...

§ 5 Versorgung

Es gilt der Versorgungstarifvertrag vom 07.07.1993.

Im Übernahmeangebot mit Schreiben von August 1994 (Bl. 9, 10 d.A.) heißt es entsprechend der Rahmenvereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Dezember 1992 (Bl. 173 - 181 d.A.):

...

Der Versorgungstarifvertrag garantiert Ihnen eine Altersversorgung mindestens in Höhe Ihrer letzten erreichten Versorgungsansprüche (VBL und BeamtVG). Sie stellen sich bei Übertritt zur C also nicht schlechter, als wenn Sie im öffentlichen Dienst verbleiben würden.

...

Mit Wirkung zum 30. Oktober 1995 wurde die Außenstelle "B" geschlossen. Aus Anlass der Betriebsstellenschließung wurde ein Interessenausgleich und Sozialplan zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat der Außenstelle am 18. Oktober 1994 geschlossen (Bl. 12 - 23 d.A.). Für die von der Personalreduzierung betroffenen Beschäftigten war unter anderem eine Versetzung in den Vorruhestand nach Maßgabe der Tarifverträge vorgesehen. Der Sozialplan bestimmt hierzu:

§ 6 Vorruhestand

(1) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen trotz intensiver Prüfung aller Dispositionsmöglichkeiten kein Arbeitsplatz angeboten werden kann, sind verpflichtet, sich in den Ruhestand versetzen zu lassen, wenn sie die tatsächlichen tariflichen Voraussetzungen dazu erfüllen.

(2) ...

(3) ...

(4) Der Vorruhestand kann einvernehmlich zwischen der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter und der C auch mit weniger als 54 Lebensjahren beginnen. Das Vorruhestandsgeld wird dann je Monat früheren Eintritts in den Vorruhestand um 0,3% gekürzt. Das Vorruhestandsgeld beträgt jedoch mindestens 65% vom Bruttoarbeitsentgelt i.S.d. § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes.

...

§ 12 Schlußbestimmungen

(1) Soweit ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung den gleichen Gegenstand wie dieser Sozialplan unterschiedlich regeln, ist die für den Beschäftigten günstigere Bestimmung maßgebend. Dies gilt insbesondere im Verhältnis zum Struktur-TV vom 10. Mai 1994. ...

...

Die Parteien schlossen einvernehmlich auf der Grundlage von § 6 Ziffer 4 des Sozialplanes einen Vertrag über Vorruhestand (Bl. 24 - 26 d.A.). Dieser lautet auszugsweise:

§ 1 Beginn des Vorruhestandes

1. Herr D tritt mit Wirkung vom 01.04.1996 in den Vorruhestand ein. Dieser bestimmt sich nach dem Tarifvertrag über Strukturmaßnahmen und Vorruhestand für ...

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