Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertragsauslegung. außerordentliche Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
In einem Arbeitsverhältnis, auf das der BAT Anwendung findet, kann eine Vereinbarung, dass der Arbeitgeber die Pflichtbeiträge zur VBL trägt, wenn das der Tariflage entspricht, nicht als einzelvertragliche Zusage dahingehend ausgelegt werden, dass das auch dann gelten soll, wenn sich die Tariflage insofern ändert.
Eine Änderungsschutzklage gegen eine unter Vorbehalt angenommene Änderung der Arbeitsbedingungen durch eine außerordentliche Änderungskündigung ist unbegründet, wenn das, was mit der Änderungskündigung als Änderung des Arbeitsvertrages – vorsorglich – durchgesetzt werden soll, ohnehin dessen Inhalt ist.
Normenkette
BAT § 46; Zusatzversorgungs-TV § 8 Abs. 1; Satzung VBL § 76 Abs. 1a; BGB §§ 133, 157; TVG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1, 3; KSchG §§ 1-2; BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 16.08.2000; Aktenzeichen 7 Ca 1811/00) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des Arbeitsgerichts in Frankfurt am Main vom16. August 2000 – 7 Ca 1811/00 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten darauf, dass dieser den Arbeitnehmeranteil der Beiträge zur Zusatzversorgung zu tragen hat, und über eine zur Änderung dieser eventuellen Verpflichtung ausgesprochene außerordentliche Änderungskündigung des Beklagten.
Der am 19. April 1948 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei unterhaltsberechtigte Kinder. Er ist Stadtverordneter der S. Seit dem 01. November 1977 steht er in einem Arbeitsverhältnis, ursprünglich als Dozent, jetzt als Rena-Ausbilder, mit dem Beklagten. Der Beklagte ist ein 1969 in F. gegründeter, jetzt in B. ansässiger und unter V. in das Vereinsregister bei dem Amtsgericht Bad Vilbel eingetragener gemeinnütziger Verein, der Maßnahmen zur beruflichen Rehabilitation für volljährige Behinderte anbietet. Diese Tätigkeit hat er etwa 1974 aufgenommen. Gründungsmitglieder nach § 4 Abs. 2 seiner Satzung sind das Land Hessen, die Bundesanstalt für Arbeit, der Landeswohlfahrtsverband Hessen, die Süddeutsche Eisen- und Stahl-Berufsgenossenschaft, die Bau-Berufsgenossenschaft in Frankfurt am Main, die Berufsgenossenschaft der chemischen Industrie, der Bund und die Landesversicherungsanstalt Hessen. Ordentliches Mitglied kann jeder öffentlich-rechtliche Träger mit Berufsförderungsaufgaben werden, § 4 Abs. 3 der Satzung. Die Mittel des Beklagten werden vor allem aus den von den Kostenträgern gezahlten Kostensätzen für die Durchführung von Rehabilitationsmaßnahmen aufgebracht, § 3 lit. a der Satzung. Vorstand im Sinne des § 26 BGB sind der Vorsitzende des Vorstands und sein Stellvertreter, jeder für sich, § 13 Abs. 2 der Satzung. Dem Vorstand obliegt gem. § 12 Abs. 2 lit. h der Satzung u. a. die Einstellung und Entlassung des Personals sowie die Regelung der Vergütung im Einvernehmen mit dem Geschäftsführer. Der Geschäftsführer wird vom Vorstand bestellt, § 12 Abs. 2 lit c, hat beratende Stimme im Vorstand. § 11 Abs. 7, und führt die laufenden und ihm übertragenen Geschäfte. § 15 der Satzung. Zur Finanzierung vereinbarten u. a. der Beklagte und verschiedene Sozialversicherungsträger Anfang 1999 den derzeit gültigen „Rahmenvertrag über die Zusammenarbeit zwischen Rehabilitationsträgern und Berufsförderungswerken” nebst drei Anlagen (im Einzelnen Bl. 32–58 d.A.). Anlage 3 befasst sich mit dem Gewinn- und Verlustausgleich zwischen den Rehabilitationsträgern und den Berufsförderungswerken. In dem dazugehörigen Anhang sind die modifizierten Grundsätze zur Beurteilung der Angemessenheit von Kosten in Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation vereinbart. Darin heißt es unter „3.2 Personalkosten”:
„3.2.1 Personalkosten sind entsprechend dem tatsächlichen Ansatz berücksichtigungsfähig.
3.2.2 Beim Ansatz notwendiger Personalkosten ist von den tariflichen Löhnen und Gehältern bis zur Höhe möglicher Ansätze im Rahmen des BAT bzw. vergleichbarer Regelungen (z. B. am BAT angelehnte Arbeitsvertragsrichtlinien – AVR – im Bereich der Freien Wohlfahrtspflege) sowie den gesetzlichen und tariflichen bzw. vergleichbaren Sozialaufwendungen auszugehen.
3.2.3 Über die Ansätze in Nr. 3.2.2 hinausgehende freiwillige Sozialaufwendungen sind nicht berücksichtigungsfähig.”.
Die von den Kostenträgern für 1998 gezahlten Sätze ergeben sich aus der Vereinbarung vom 24. April 1978 (Bl. 71 u. 72 d.A.). Der Beklagte wies für 1998 in der Gewinn- und Verlust-Rechnung einen Verlust von DM 3.896.537,64 aus (Bl. 70 d.A.).
Der Beklagte schloss am 19. Juni 1978 mit der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (im Folgenden: ÖTV) einen Tarifvertrag mit Wirkung ab dem 01. April 1978. Dieser lautete auszugsweise wie folgt:
„§ 1
Für die Beschäftigten des Berufsförderungswerkes Frankfurt am Main gelten
– sofern sie der Angestelltenversicherungspflicht unterliegen, ...