Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch aus Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes. Zahlung von Beiträgen. Erteilung von Auskünften an Sozialkasse
Leitsatz (redaktionell)
Ob überwiegend bauliche Leistungen erbracht werden, bemisst sich danach, ob die überwiegende betriebliche Arbeitszeit der gewerblichen Arbeitnehmer auf derartige bauliche Leistungen entfällt.
Normenkette
VTV §§ 18, 21, 1 Abs. 2 Abschn. V Nr. 11, § 38
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 15.09.2010; Aktenzeichen 6 Ca 457/08) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 15. September 2010 - 6 Ca 65/08 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und - zum besseren Verständnis - insgesamt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 32.361,98 EUR (in Worten: Zweiunddreißigtausenddreihunderteinundsechzig und 98/100 Euro) zu zahlen.
Der Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf den von ihr zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Angestellte, die eine nach gesetzlicher Rentenversicherung - (SGB VI) versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten - ausgenommen sind geringfügig Beschäftigte im Sinne des § 8 SGB IV - in dem Monat Dezember 2005 in dem Betrieb der Beklagtenseite beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in dem genannten Monat angefallen sind.
Der Beklagte wird verurteilt, für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb von 6 Wochen nach Zustellung des Urteils erfüllt wird, an die Klägerin eine Entschädigung in Höhe von 30,00 EUR (in Worten: Dreißig und 00/100 Euro) zu zahlen.
Der Vollstreckungsbescheid des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 19. Mai 2008 über 98,52 EUR (in Worten: Achtundneunzig und 52/100 Euro) (Restbeiträge März und Juli 2006) wird aufgehoben.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin zu 48% und der Beklagte zu 52% zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz noch um die Verpflichtung des Beklagten zur Zahlung von Beiträgen für die Zeit von Dezember 2002 bis Juli 2007 sowie zur Erteilung von Auskünften für Dezember 2005 nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.
Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes und nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen im Baugewerbe verpflichtet. Die Beklagte unterhält einen Betrieb, der bei der Verwaltungsgemeinschaft Schrobenhausen als "Estrich- und Bodenlegerei" eingetragen ist. Die Agentur für Arbeit Ingolstadt gelangte bei einer Prüfung am 05.04.2007 nach Einsicht der Ausgangsrechnungen zu dem Ergebnis, dass der Betrieb seit 2002 zu 2/3 reine Estricharbeiten und zu 1/3 Fußboden- und Parkettlegerei verrichtet habe (Bl. 26 - 28 d.A.). Danach zog sie den Beklagten zur Zahlung der Winterbauumlage heran und forderte die Klägerin zur Eröffnung eines Betriebskontos für den Beklagten auf. Der Beklagte beschäftigte in den Jahren 2002 und 2003 jeweils zwei und in den Jahren 2004 bis 2007 drei gewerbliche Arbeitnehmer gleichzeitig.
Die Klägerin hat den Beklagten, der nicht Mitglied eines der tarifvertragsschließenden Verbände des Baugewerbes ist, nach der Verbindung von zunächst sechs Verfahren in erster Instanz auf Zahlung von Beiträgen für gewerbliche Arbeitnehmer für die Zeit von Dezember 2002 bis Juli 2007, Februar bis November 2008, für Angestellte für den Zeitraum Dezember 2004 bis November 2005 und Mai bis November 2008 in Höhe von ¤ 61.739,74 sowie auf Erteilung von Auskünften über die Anzahl der bei ihr im Dezember 2005 beschäftigten Angestellten in Anspruch genommen. In einem der verbundenen Verfahren hat das Arbeitsgericht am 19.05. 2008 einen Vollstreckungsbescheid über Restbeiträge für gewerbliche Arbeitnehmer für März und Juli 2006 in Höhe von ¤ 98,52 erlassen.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, der Betrieb des Beklagten sei während des gesamten Klagezeitraums dem Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Verfahrenstarifvertrags unterfallen. Die Klägerin hat behauptet, die im Betrieb des Beklagten beschäftigten gewerblichen Arbeitnehmer hätten im Klagezeitraum und in den gesamten Kalenderjahren 2002 bis 2008 arbeitszeitlich gesehen überwiegend, d.h. zu mehr als 50 % ihrer persönlichen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit ausmache, Estricharbeiten sowie Estricharbeiten mit anschließender Verlegung von Bodenbelägen wie PVC, Teppichböden und Parkett verrichtet. Auch sei, allerdings zu maximal 40 % der Gesamtarbeitszeit, Fertigparkett auf Nut und Feder verlegt worden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an sie ¤ 61.760,46 zu zahlen;
ihr auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch - g...