Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltungsbereich der Bautarifverträge
Leitsatz (amtlich)
Das Verlegen von Bodenbelägen wird zwar dann vom betrieblichen Geltungsbereich der Bautarifverträge erfaßt, wenn die Verlegearbeit „in Verbindung mit anderen baulichen Leistungen” erbracht werden Dieses Merkmal ist jedoch nicht schon dann gegeben, wenn vom gleichen Betrieb vor dem Verlegen der Bodenbeläge alte Beläge entfernt, die Unterböden abgeschliffen und Risse im Unterboden mit Kunstharz aus gossen werden. Derartige Arbeiten sind vielmehr als notwendige Vorbereitungsarbeiten zur anschließenden Verlegung von Bodenbelägen integraler Bestandteil der Verlegearbeiten.
Normenkette
TVG Tarifverträge: Bau § 1; VTV/Bau v. 12.11.1993 § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 26.05.1993; Aktenzeichen 3 Ca 2288/92) |
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 26. Mai 1993 – 3 Ca 2288/92 – abgeändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Zahlungsverpflichtungen des Beklagten nach den Sozialkassentarifverträgen des Baugewerbes.
Der Kläger ist als gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes nach näherer tariflicher Maßgabe die Einzugsstelle für die Beiträge zu den Sozialkassen des Baugewerbes.
Der Beklagte ist Estrichlegermeister und mit diesem Handwerk in die Handwerksrolle eingetragen. In den Kalenderjahren 1987 bis 1989 unterhielt der Beklagte einen Betrieb, von dem sowohl Estrichböden hergestellt wie auch Parkett und sonstige Oberbodenbeläge verlegt wurden. Welchen arbeitszeitlichen Umfang die Estricharbeiten einerseits und das Verlegen von Oberböden andererseits einnahmen, ist zwischen den Parteien ebenso im Streit wie die Frage, ob und in welchem Umfang Oberböden auf zuvor vom Betrieb des Beklagten erstellten Estrich verlegt wurden. In der Zeit von Dezember 1987 bis einschließlich Dezember 1989 meldete der Beklagte dem Kläger die Bruttolohnsumme des als Estrichleger beschäftigten Arbeitnehmers … und zahlte die sich hieraus errechnenden tariflichen Beiträge an den Kläger. Für die ebenfalls beschäftigten Arbeitnehmer … und … führte er ebensowenig Beiträge an den Kläger ab wie für beschäftigte Aushilfen sowie die als Angestellte tätige Frau Außerdem war beim Beklagten vom 01.09. bis 31.12.1989 ein Herr tätig.
Mit seiner Klage nimmt der Kläger den Beklagten in ursprünglich zwei getrennten, vom Arbeitsgericht zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbundenen Rechtsstreiten nach Maßgabe der Sozialkassentarifverträge des Baugewerbes auf Zahlung von Zinsen und Beiträgen in Anspruch. Der Kläger hat die Ansicht vertreten, der Betrieb des Beklagten sei ein baugewerblicher im tariflichen Sinne gewesen und vorgetragen, im Zeitraum von 1987 bis 1989 seien zu jedenfalls 57 % der betrieblichen Gesamtarbeitszeit auf selbst erstellten Estrich Oberböden verlegt worden. Entsprechend schulde der Beklagte für den Zeitraum Dezember 1987 bis einschließlich 1989 zum einen Beiträge für die nicht in die gemeldete Bruttolohnsumme einbezogenen Arbeitnehmer (31.017,01 DM), zum anderen Beiträge für die beschäftigte Angestellte (2.385,66 DM), ferner für den Zeitraum vom 16.07.1988 bis 30.06.1992 (8.226,27 DM) Verzinsung der Nachforderungen. Hinsichtlich der Berechnung der Klageforderung wird ergänzend auf Bl. 5/6 d. A. und die vorgelegte Zinsrechnung (Bl. 25/26 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 39.243,28 DM zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat unter Bezugnahme auf ein vorgerichtliches Schreiben an den Kläger vom 28.11.1990 und eine Aufstellung über geleistete Stunden (Bl. 14/15 d. A.) vorgetragen, im Kalenderjahr 1988 seien zu 71,5 % Parkettarbeiten und zu 28,5 % Estricharbeiten ausgeführt worden. Im Jahre 1989 habe man 4.705,5 Stunden für Parkettarbeiten und 1.656 Stunden für Estrichverlegearbeiten verbraucht. Damit ergebe sich eine ungefähre prozentuale Verteilung von 74 % auf Parkettverlegung und zu 26 % auf Estrichverlegung. Es sei Estrich aufgebracht worden, ohne daß hierauf Oberböden verlegt worden seien. Man habe auch Oberböden verlegt, ohne den dazugehörigen Estrich zu erstellen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage mit Urteil vom 26.05.1993 im wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die Einlassung des Beklagten lasse nicht zwingend den Schluß zu, daß das Verlegen von Bodenbelägen nicht in Verbindung mit Estrichverlegung geschehen sei. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 38–43 d. A.) Bezug genommen.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte innerhalb der zur Niederschrift über die Berufungsverhandlung am 29.11.1993 festgestellten und dort ersichtlichen Fristen Berufung eingelegt.
Er ist der Ansicht, das erstinstanzliche Urteil sei unrichtig. Tatsächlich habe es sich bei den Estricharbeiten einerseits und den Verlegearbeiten von Oberböden andererseits fast imme...