Entscheidungsstichwort (Thema)

Rentenanpassung. Dynamische Verweisung im Arbeitsvertrag auf Versorgungstarifverträge. Zulässige Reduzierung der jährlichen Rentenanpassung. Betriebliche Altersversorgung. Zulässige Reduzierung der Rentenanpassung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Bei der Übernahme von Regelwerken außerhalb des Anstellungsvertrages handelt es sich im Zweifel um dynamische Verweisungen.

2. Die Regelungsbefugnis der Tarifvertragsparteien erstreckt sich auch auf Betriebsrentner.

3. Aus der Dynamik der Verweisung kann sich die Berechtigung zur reduzierenden Anpassung einer Betriebsrente ergeben.

 

Normenkette

BetrAVG § 16 Abs. 3 Nr. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Offenburg (Entscheidung vom 16.05.2012; Aktenzeichen 5 Ca 410/11)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.06.2014; Aktenzeichen 3 AZR 386/13)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Offenbach vom 16.05.2012 - 5 Ca 410/11 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, in welcher Höhe die laufende betriebliche Altersversorgung des Klägers zu erhöhen ist.

Der Kläger, geboren am 31. März 1946, war bei der A (A), der Rechtsvorgängerin der Beklagten, in deren Außenstelle "B" (B) vom 1. Juni 1974 an als unkündbarer Angestellter im öffentlichen Dienst beschäftigt. Ab dem 1. Dezember 1994 wurde der Kläger mit Arbeitsvertrag vom 29. August 1994, 20. November 1994 (Bl. 6, 7 d.A.) ebenfalls unkündbar weiterbeschäftigt. Im Arbeitsvertrag ist unter anderem bestimmt:

§ 1 Vertragsgegenstand

...

1. Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach dem Manteltarifvertrag für die bei der A beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vom 07.07.1993 und den diesen ergänzenden, ändernden oder an seine Stelle tretenden Tarifverträgen in der jeweils gültigen Fassung.

2. ...

§ 2 Beschäftigungszeit

...

§ 3 Vergütung

1. Herr C ist in Vergütungsgruppe 10 Stufe 3 des Eingruppierungstarifvertrages vom 20.08.1993 eingruppiert.

...

§ 4 Probezeit

...

§ 5 Versorgung

Es gilt der Versorgungstarifvertrag vom 07.07.1993.

Im Übernahmeangebot mit Schreiben von August 1994 (Bl. 8, 9 d.A.) heißt es entsprechend der Rahmenvereinbarung mit der Bundesrepublik Deutschland vom 23. Dezember 1992:

...

Der Versorgungstarifvertrag garantiert Ihnen eine Altersversorgung mindestens in Höhe Ihrer letzten erreichten Versorgungsansprüche (VBL und BeamtVG). Sie stellen sich bei Übertritt zur A also nicht schlechter, als wenn Sie im öffentlichen Dienst verbleiben würden.

...

Mit Wirkung zum 30. Oktober 1995 wurde die Außenstelle "B" geschlossen. Aus Anlass der Betriebsstellenschließung wurde ein Interessenausgleich und Sozialplan zwischen der Beklagten und dem Betriebsrat der Außenstelle am 18. Oktober 1994 geschlossen (Bl. 14 - 22 d.A.). Für die von der Personalreduzierung betroffenen Beschäftigten war unter anderem eine Versetzung in den Vorruhestand nach Maßgabe der Tarifverträge vorgesehen. Der Sozialplan bestimmt hierzu:

§ 6 Vorruhestand

(1) Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen trotz intensiver Prüfung aller Dispositionsmöglichkeiten kein Arbeitsplatz angeboten werden kann, sind verpflichtet, sich in den Ruhestand versetzen zu lassen, wenn sie die tatsächlichen tariflichen Voraussetzungen dazu erfüllen.

(2) ...

(3) ...

(4) Der Vorruhestand kann einvernehmlich zwischen der Mitarbeiterin oder dem Mitarbeiter und der A auch mit weniger als 54 Lebensjahren beginnen. Das Vorruhestandsgeld wird dann je Monat früheren Eintritts in den Vorruhestand um 0,3% gekürzt. Das Vorruhestandsgeld beträgt jedoch mindestens 65% vom Bruttoarbeitsentgelt i.S.d. § 3 Abs. 2 des Vorruhestandsgesetzes.

...

§ 12 Schlußbestimmungen

Soweit ein Tarifvertrag oder eine Betriebsvereinbarung den gleichen Gegenstand wie dieser Sozialplan unterschiedlich regeln, ist die für den Beschäftigten günstigere Bestimmung maßgebend. Dies gilt insbesondere im Verhältnis zum Struktur-TV vom 10. Mai 1994. ...

...

Die Parteien schlossen einvernehmlich auf der Grundlage von § 6 Ziffer 4 des Sozialplanes einen Vertrag über Vorruhestand (Bl. 23 - 25 d.A.). Dieser lautet auszugsweise:

§ 1 Beginn des Vorruhestandes

1. Herr C tritt mit Wirkung vom 01.04.1996 in den Vorruhestand ein. Dieser bestimmt sich nach dem Tarifvertrag über Strukturmaßnahmen und Vorruhestand für die bei der A beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter (Struktur-TV) vom 10.05.1994.

...

§ 5 Betriebliche Altersversorgung

1. Der Vorruhestand endet zu dem Zeitpunkt, in dem frühestens eine gesetzliche Altersrente oder vergleichbare Versorgungsleistungen beansprucht werden können (§ 7 Struktur-TV).

2. Mit dem Ende des Vorruhestandes werden die Leistungen nach dem Versorgungstarifvertrag (VersTV) fällig. ...

...

Der Struktur-TV (Bl. 28 - 37 d.A.) bestimmt zur betrieblichen Altersversorgung in § 8:

(1) Zeiten, in denen Vorruhestandsgeld bezogen wird, gelten als anrechenbare Beschäftigungszeiten i.S.d. Versorgungstarifvertrages der A.

(2) Als ruhegeldfähiges Jahreseinkommen wird das vor Eintritt in den Vorruhestand bezogene ruhegeldfähige Jahreseinkommen unterl...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge