Entscheidungsstichwort (Thema)
Annahmeverzug. rechtsmißbräuchliche Geltendmachung von Ansprüchen. Aufklärungspflicht der Arbeitnehmerin über vorzeitige Beendigung ihrer Schwangerschaft
Normenkette
BGB §§ 615, 242; MuSchG § 9
Verfahrensgang
ArbG Hanau (Urteil vom 16.07.1998; Aktenzeichen 2 Ca 614/97) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts vom 16.07.1998 – 2 Ca 614/97 – teilweise, unter Zurückweisung der Berufung im übrigen, abgeändert und wie folgt gefaßt:
Das Versäumnisurteil des Arbeitsgerichts vom 02.12.1997 wird teilweise, soweit die Beklagte zur Zahlung eines über 1.280,33 DM (i.W. eintausendzweihundertachtzig 33/100 Deutsche Mark) netto nebst 4 % Zinsen ab 09.07.1997 hinausgehenden Betrages verurteilt worden ist, aufgehoben und insoweit wird die Klage abgewiesen.
Im übrigen wird das Versäumnisurteil aufrechterhalten.
Die Klägerin hat 3/5, die Beklagte 2/5 der Kosten des Rechtsstreits zu tragen – mit Ausnahme der Kosten die durch die Säumnis der Beklagten am 02.12.1997 entstanden sind, die Kosten hat die Beklagte zu tragen.
Für die Klägerin wird die Revision zum Bundesarbeitsgericht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die von der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzugs verlangte Vergütungszahlung für die Zeit ab 25.02.1997 bis 31.07.1997.
Die Klägerin war seit 03.02.1997 bei der Beklagten in Teilzeit beschäftigt mit einer monatlichen Vergütung von DM 610,00 und bis 25.02.1997 tätig. Mit Schreiben vom 07.03.1997 an die Beklagte, bei dieser am 10.03.1997 eingegangen, ließ die Klägerin durch ihren Prozessbevollmächtigten mitteilen, dass bei der Klägerin gem. Mutterschaftspass kürzlich eine Schwangerschaft festgestellt und der voraussichtliche Entbindungstermin auf den 15.10.1997 ärztlicherseits berechnet worden sei.
Darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien mit dem 25.02.1997 durch fristlose Kündigung der Beklagten vom 24. oder 25.02.1997, durch Aufhebungsvertrag oder Ablauf einer vereinbarten Befristung sein Ende gefunden hat, kam es aufgrund der mit Schriftsatz vom 10.03.1997, beim Arbeitsgericht am 17.03.1997 erhobenen Klage der Klägerin zum Rechtsstreit (1 Ca 98/97 Arbeitsgericht Hanau/4 Sa 1438/97 Hess. LAG). In der Klageschrift beruft sich die Klägerin (u. a.) auf ihre der Beklagten auch mitgeteilte Schwangerschaft. Durch Urteil vom 18.06.1997, bestätigt durch Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 28.04.1998, hat das Arbeitsgericht (u. a.) festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung nicht aufgelöst worden ist, sondern unbefristet fortbesteht. Das Arbeitsgericht wie auch des Landesarbeitsgericht haben die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung bereits an § 9 Abs. 1 MuSchG wegen der Schwangerschaft der Klägerin scheitern lassen.
Mit Schreiben vom 04.07.1997 ließ die Klägerin der Beklagten mitteilen, sie befinde sich nicht mehr im Schwangerschaftsschutz seit dem 19.03.1997, da sie unglücklicherweise zu diesem Zeitpunkt ihr Kind verloren habe. Da die Beklagte mit Schreiben vom 20.06.1997 zum nächst zulässigen Termin, was der 31.07.1997 sei, gekündigt habe, schulde die Beklagte der Klägerin unter dem Gesichtspunkt des Annahmeverzuges Vergütung für 3 Tage im Februar 1997 und für weitere 5 Monate.
Wegen des Vorbringens der Parteien und ihrer Anträge in erster Instanz wird im übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
Durch Versäumnisurteil vom 02.12.1997 hat das Arbeitsgericht die Beklagte antragsgemäß verurteilt, an die Klägerin DM 3.115,33 netto nebst 4% Zinsen ab 09.07.1997 zu zahlen. Gegen dieses Versäumnisurteil hat die Beklagte rechtzeitig Einspruch eingelegt.
Durch Urteil vom 16.07.1997 hat das Arbeitsgericht das Versäumnisurteil vom 02.12.1997 aufrechterhalten.
Gegen das Urteil vom 16.07.1997, auf dessen Inhalt zur weiteren Sachdarstellung verwiesen wird, richtet sich die Berufung der Beklagten, mit der sie ihren Antrag auf Klageabweisung weiterverfolgt. Wegen der für die Zulässigkeit der Berufung erheblichen Daten wird auf die Feststellungen zur Sitzungsniederschrift des Landesarbeitsgerichts vom 08.06.1999 verwiesen.
Die Beklagte bringt vor, die Klägerin könne für die Zeit vom 25.02. bis 31.07.1997 keine Vergütung verlangen, da dies rechtsmissbräuchlich sei. Weil die Klägerin sich auf den besonderen Kündigungsschutz für Schwangere berufen habe, treffe sie die vertragliche Nebenpflicht, auch den Wegfall der Schwangerschaft wegen der Fehlgeburt am 19.03.1997 mitzuteilen. Wer die besondere Rechtsstellung einer schwangeren Arbeitnehmerin für sich in Anspruch nimmt, sei redlicherweise auch verpflichtet anzuzeigen, wenn die die besondere Rechtsstellung begründenden Umstände nicht mehr vorliegen. Ihr, der Beklagten, als Arbeitgeber sei es auch nicht zumutbar, monatlich vorsorglich zu kündigen um möglicherweise auf diesem Wege zu erfahren, ob die Schwangerschaft weiter fortbesteht. Bewusst und treuwidrig habe ...