Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung. Außerordentliche Kündigung wegen außerdienstlichen Straftaten, insbesondere wegen über Jahre fortgesetzten sexuellen Missbrauch von Kindern. Sexualdelikt. Gemeinschaftsbetrieb. Beteiligung einer juristischen Person des Privatrechts und einer Körperschaft des öffentlichen Rechts
Leitsatz (amtlich)
1. Sind an einem Gemeinschaftsbetrieb eine juristische Person des Privatrechts und eine Körperschaft des öffentlichen Rechts beteiligt, findet das BetrVG Anwendung, wenn sich die Betriebsführung auf Grundlage einer privatrechtlichen Vereinbarung vollzieht. Damit steht zugleich fest, dass die dort beschäftigten Arbeitnehmer des öffentlichen Arbeitgebers Arbeitnehmer des Betriebs und nicht Beschäftigte der Dienststelle sind.
2. Ist eine Betriebsratswahl nicht nichtig, ist der Betriebsrat mit allen betriebsverfassungsrechtlichen Befugnissen bis zum rechtskräftigen Abschluss eines (erfolgreichen) Wahlanfechtungsverfahrens im Amt. Das gilt auch für den für einen Gemeinschaftsbetrieb einer juristischen Person des Privatrechts und einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gewählten Betriebsrat. Vor personellen Einzelmaßnahmen hat der Arbeitgeber bis zum Abschluss des Wahlanfechtungsverfahrens nur den Betriebsrat zu beteiligen.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1; BetrVG §§ 102, 130, 19
Verfahrensgang
ArbG Frankfurt am Main (Urteil vom 06.03.2008; Aktenzeichen 19 Ca 5772/07) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Frankfurt am Main vom 06. März 2008 – 19 Ca 5772/07 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung.
Der Kläger ist am 13. Juni 1961 geboren. Er war bei der beklagten Stadt seit dem 01. September 1989 als Orchestermusiker (zweiter Hornist) in den Städtischen Bühnen zu einem Bruttomonatsentgelt von zuletzt EUR 4.580,79 beschäftigt. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrags der Parteien bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach den tarifvertraglichen Vorschriften für die Musiker in Kulturorchestern (TVK) in der jeweils gültigen Fassung. In den tariflichen Bestimmungen des TVK ist festgelegt, dass Arbeitnehmer, die das 40. Lebensjahr vollendet und eine Beschäftigungszeit von mehr als 15 Jahren zurückgelegt haben, ordentlich unkündbar sind.
Als Mitarbeiter der Städtischen Bühnen war der Kläger zunächst dem Amt 46 zugeordnet, bei dem ein Personalrat gebildet war. Mit Wirkung zum 01. September 2004 ging der Betrieb der Städtischen Bühnen auf die Städtische Bühnen A GmbH über. Nachdem der Kläger dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen hatte, blieb er, wie auch die anderen Mitarbeiter, die dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse widersprochen hatten, der Organisationseinheit 46 – nunmehr „Restamt 46 (Städtische Bühnen)” zugeordnet. Aufgrund des Personalgestellungsvertrags, den die Beklagte mit der Städtische Bühnen A GmbH geschlossen hatte, wies sie ab 01. September 2004 die dem „Restamt 46” zugeordneten Mitarbeiter der Städtische Bühnen A GmbH zur Dienstausübung zu. Im Februar 2005 fand eine Betriebsratswahl statt, die auf der Annahme beruhte, es gebe einen gemeinsamen Betrieb Städtische Bühnen, der von der Beklagten und der Städtische Bühnen A GmbH gemeinsam geführt werde; nach dem Wahlausschreiben stand den von der Beklagten gestellten Arbeitnehmer das aktive und passive Wahlrecht zu, sie wurden auch bei der Anzahl der zu wählenden Betriebsratsmitglieder berücksichtigt. Im Wahlanfechtungsverfahren hat das Arbeitsgericht Frankfurt am Main durch Beschluss vom 20. Oktober 2005 – 20 BV 538/05 – den Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit der Wahl zurückgewiesen. Durch Beschluss des Hessischen Landesarbeitsgericht vom 24. August 2006 – 9 TaBV 215/05 – wurde die Beschwerde der Städtische Bühnen A zurückgewiesen und hinsichtlich des Anfechtungsantrags die Rechtsbeschwerde zugelassen. Durch Beschluss vom 16. April 2008 – 7 ABR 4/07 – hat das Bundesarbeitsgericht die Entscheidung des Hessischen Landesarbeitsgericht aufgehoben und die Sache zur neuen Anhörung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen. Mit Beschluss vom 19. Februar 2009 – 9 TaBV 202/08 – hat das Hessische Landesarbeitsgericht den Beschluss des Arbeitsgerichts teilweise abgeändert und die Betriebsratswahl für ungültig erklärt; die Entscheidung ist damit begründet, dass kein gemeinsamer Betrieb bestehe. Gegen diese Entscheidung ist Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.
Der Kläger war mit dem ebenfalls bei der Beklagten beschäftigten Orchestermusiker B befreundet. Herr B hat zwei Töchter, und zwar die am 04. Mai 1990 geborene C und die am 06. Oktober 1994 geborene D. Während der Besuche des Klägers im Haus der Familie E/F in den Jahren 1995 bzw. 1996 fasste der Kläger der damals 5 bzw. 6 Jahre alten C in deren Zimmer mit der Hand an Scheide und Po, wobei er si...