Entscheidungsstichwort (Thema)
Auskunftsanspruch im Sozialkassenverfahren des Baugewerbes
Leitsatz (amtlich)
Zu den baulichen Leistungen nach § 1 Abs. 2 Abschnitt II VTV gehören auch Hilfstätigkeiten, die den baulichen Zweck unterstützen und begleiten. Zu diesen zählen auf jeden Fall Tätigkeiten im Bereich des Fahr- und Transportdienstes, der Materialtransporte, des Vertrages von Materialien auf Baustellen, Aufräumen und Reinigen der Baustellen, Hilfsleistungen bei den Bauarbeiten selbst, sowie der Einrichtung von Baustellen für Subunternehmer des eigenen Arbeitgebers (Hess LAG 14.07.2008 – 16 Sa 211/08).
Normenkette
VTV-Bau § 21 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Urteil vom 20.08.2009; Aktenzeichen 5 Ca 3821/08) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 20.08.2009 – 5 Ca 3821/08 – abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen,
- wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten in den Monaten Juni 2006 bis April 2009, in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden und welche Bruttolohnsumme und welche Sozialkassenbeiträge insgesamt für diese Arbeitnehmer in den jeweils genannten Monaten angefallen sind.
- wie viele Angestellte, die eine nach den Vorschriften des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI versicherungspflichtige Tätigkeit ausübten in den Monaten Januar 2007 bis April 2009, in dem Betrieb der Beklagten beschäftigt wurden und welche Zusatzversorgungsbeiträge in den jeweils genannten Monaten angefallen sind.
Für den Fall, dass diese Verpflichtung zur Auskunftserteilung nicht innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Urteilszustellung erfüllt wird, an sie folgende Entschädigung zu zahlen:
zu Ziffer 1 |
137.310,00 Euro |
zu Ziffer 2 |
2.875,00 Euro |
Gesamt |
140.185,00 Euro |
Die Kosten des Rechtsstreits hat gemäß §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 91 ZPO die Beklagte als unterlegene Partei zu tragen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung der Beklagten zur Erteilung von Auskünften im Rahmen des Sozialkassenverfahrens des Baugewerbes.
Die Klägerin ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes und nach dem allgemeinverbindlichen Tarifvertrag über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (VTV) zum Einzug der Beiträge zu den Sozialkassen im Baugewerbe verpflichtet. Die Beklagte unterhält einen Betrieb, der im Handelsregister A mit den nachfolgenden Tätigkeiten eingetragen ist: Betrieb und Errichtung von Hotels und sämtlichen damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten, Immobilienverwaltung und Immobilienhandel, Bauträgertätigkeit, Im- und Export von Waren, Betrieb einer Boutique, Handel mit Baustoffen sowie Erbringung von Dienstleistungen in den vorgenannten Bereichen.
Die Klägerin nimmt die Beklagte, die nicht Mitglied eines der tarifvertragschließenden Verbände des Baugewerbes ist, zur Vorbereitung von Beitragszahlungen auf Erteilung von Auskünften über die Anzahl der bei ihr beschäftigten Arbeitnehmer sowie die Höhe der Bruttolohnsummen in Anspruch, und zwar hinsichtlich der gewerblichen Arbeitnehmer für den Zeitraum Juni 2006 bis April 2009 und hinsichtlich der Angestellten für den Zeitraum Januar 2007 bis April 2009 in Anspruch.
Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass der Betrieb der Beklagten dem Geltungsbereich des allgemeinverbindlichen Verfahrenstarifvertrags unterfalle. Sie hat behauptet, die gewerblichen Arbeitnehmer der Beklagten hätten in den Kalenderjahren 2006 bis 2009 zu mehr als 50 % ihrer jeweiligen Arbeitszeit, die zusammengerechnet auch mehr als 50 % der Gesamtarbeitszeit des Betriebes ausmache, Bauhilfsarbeiten wie das Transportieren von Baumaterial, Anrühren des Mörtels, Verteilen von Steinen, Entsorgen von Bauschutt sowie das Aufräumen und Reinigen von Baustellen verrichtet. Diese Bauhilfstätigkeiten seien sämtlich auf eigenen Baustellen der Beklagten angefallen. Die baulichen Tätigkeiten seien dabei bis Juli 2007 von verschiedenen Subunternehmern, ab August 2007 von der B ausgeführt worden. Die Feststellungen zur betrieblichen Tätigkeit habe die Klägerin auf der Grundlage eines Betriebsbesuchs einer ihrer Betriebsberaterinnen am 13.08.2008 sowie einer Baustellenüberprüfung des Hauptzollamts C am 16.04.2007 und 11.06.2007 treffen können. Die Beklagte kaufe Grundstücke, bebaue sie und verkaufe sie anschließend wieder. Sie beschäftige 11 gewerbliche Arbeitnehmer und drei Angestellte.
Die Klägerin hat beantragt,
- die Beklagte zu verurteilen, ihr auf dem zur Verfügung gestellten Formular Auskunft darüber zu erteilen, wie viele gewerbliche Arbeitnehmer, die eine nach den Vorschriften des sechsten Buches Sozialgesetzbuch – gesetzliche Rentenversicherung – versicherungspflichtig...