Entscheidungsstichwort (Thema)
illegale Arbeitnehmerüberlassung. keine Haftung des Verleihers nach § 1 Abs. 2a AEntG aF. Keine gesamtschuldnerische Haftung des Verleihers
Leitsatz (redaktionell)
1. Der Verleiher haftet nicht nach § 1 Abs. 2a AEntG a.F. bei einer illegalen gewerbsmäßigen Arbeitnehmer-Überlassung.
2. Der Verleiher haftet für die Urlaubskassenbeiträge/Sozialkassen-beiträge auch nicht nach § 10 Abs. 3 AÜG gesamtschuldnerisch mit dem Entleiher, da die Beiträge keine an Dritte zu entrichtende Teile des Arbeitsentgelts sind.
Normenkette
AEntG § 1 Abs. 2a; AÜG § 10 Abs. 3; AEntG § 8 Abs. 3
Verfahrensgang
ArbG Wiesbaden (Entscheidung vom 23.02.2011; Aktenzeichen 7 Ca 3569/09) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Wiesbaden vom 23. Februar 2011 - 7 Ca 3569/09 - wird auf dessen Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Verpflichtung des Beklagten zur Beitragszahlung. Der Kläger macht geltend, der Beklagte habe polnische Arbeitnehmer ohne Erlaubnis nach Deutschland für Bauarbeiten entliehen.
Der Kläger ist eine gemeinsame Einrichtung der Tarifvertragsparteien des Baugewerbes in der Rechtsform eines Vereins mit eigener Rechtspersönlichkeit kraft staatlicher Verleihung. Er hat u.a. die Aufgabe die Auszahlung der tarifvertraglich vorgesehenen Urlaubsvergütung zu sichern.
Der Beklagte, der polnischer Staatsangehöriger ist und seinen Wohnsitz in Polen hat, ist unter dem Namen A tätig. Er beschäftigte im Jahr 2005 in der Bundesrepublik Deutschland aus Polen entsandte gewerbliche Arbeitnehmer. Im Gesamtbetrieb des Beklagten wurden im Kalenderjahr 2005 arbeitszeitlich überwiegend Elektroinstallationsarbeiten ausgeführt. Der Beklagte nahm nach § 1 Abs. 2 Abschnitt VII Nr. 12 des Tarifvertrages über das Sozialkassenverfahren im Baugewerbe (folgend: VTV) nicht an diesem Verfahren teil.
Der Kläger hat mit seiner am 22. Dezember 2009 bei dem Arbeitsgericht Wiesbaden eingereichten Klage die Auffassung vertreten, der Beklagte schulde dennoch Urlaubskassenbeiträge für diejenigen seiner Arbeitnehmer, die von April 2005 bis Dezember 2005 auf Baustellen der Firma B Rohbau- und andere Arbeiten ausgeführt hätten. Er hat zuletzt behauptet, die Arbeitnehmer seien an die B entliehen worden. Sie seien fachlich und organisatorisch in den Betriebsablauf der B integriert gewesen, wie deren eigene Arbeitnehmer eingesetzt worden und hätten ihre Weisungen über die auszuführenden Arbeiten vom Polier der B erhalten. Die B sei ein Baubetrieb im Sinne des VTV und habe in den Zeitraum vom 06. August 2001 bis 31. März 2008 ein Betriebskonto für gewerbliche Arbeitnehmer unterhalten.
Der Beklagte verfügte 2005 - unstreitig - nicht über eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung. Der Kläger hat geltend gemacht, der Beklagte sei daher wegen illegaler gewerbsmäßiger Arbeitnehmerüberlassung gemäß § 1 Abs. 2a AEntG in der 01. Januar 2004 bis 23. April 2009 geltenden Fassung (folgend: AEntG aF.) in Verbindung mit § 18 Abs. 1 S. 2 VTV verpflichtet, Urlaubskassenbeiträge für diese Arbeitnehmer zu entrichten. Diese hat der Kläger auf der Grundlage von Stundenaufzeichnungen des Beklagten und des Mindestlohns nach Korrekturen schließlich mit 14.123,39 € berechnet (vgl. Anlage K 3 zum Schriftsatz des Klägers vom 23. September 2010, Bl. 77 - 79 d.A.).
Der Kläger hat zuletzt beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, an ihn 14.123,39 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 16. Januar 2006 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hat gemeint, der Vortrag des Klägers zu den Anspruchsvoraussetzungen sei nicht ausreichend substantiiert. Er hat insbesondere bestritten, dass ein Teil seiner Arbeitnehmer im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung an die B entliehen wurden.
Das Arbeitsgericht Wiesbaden hat die Klage durch Urteil vom 22. Februar 2011 abgewiesen. Der Vortrag des Klägers zu den Voraussetzungen einer Arbeitnehmerüberlassung sei nicht ausreichend. Selbst wenn eine illegale Arbeitnehmerüberlassung unterstellt werde, bestehe keine Beitragspflicht. § 1 Abs. 2a AEntG aF. erfasse nicht die unrechtmäßige Arbeitnehmerüberlassung. Der Kläger könne nach § 10 AÜG den Entleiher in Anspruch nehmen.
Wegen des vollständigen Inhalts der Entscheidung und dem weiteren Vortrag der Parteien in erster Instanz wird auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe verwiesen (Bl. 102 - 109 d.A.).
Das Urteil ist dem Kläger am 31. Mai 2011 zugestellt worden. Er hat gegen das Urteil mit einem am 28. Juni 2011 bei dem Hessischen Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt. Der Kläger hat diese dann mit am 15. Juni 2011 bei dem Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Mit der Berufung wiederholt und vertieft der Kläger seine Argumente aus dem ersten Rechtzug. Er behauptet, die B habe 2005 ...